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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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ein zu früh geernteter Apfel. So sehr sie anfangs gehofft hatte, dass genau das eintraf, so verzweifelt hoffte sie nun, das kleine Wesen behalten zu können. Es half nichts, sie musste nach der Hebamme rufen lassen, nur so konnte sie das Kind vielleicht halten. Tyde zog an der Glocke und teilte dem Dienstmädchen, das kurz darauf seinen Kopf ins Zimmer steckte, mit, dass es unverzüglich nach der Hebamme, die bei Adele Stausand wohnte, schicken lassen solle.
    Während sie auf Hiske wartete, ließ sie ihre Gedanken schweifen. Sie hatte gestern Nacht am Fenster gestanden und auf den Burghof gestarrt. Die Neuankömmlinge hatten ähnlich elend ausgesehen wie alle anderen, die sich nach und nach in der Herrlichkeit einfanden. Später waren ein gut aussehender Mann und ein kleiner Dicker hinzugekommen. Der Kleine war dem Tode geweiht, das sah selbst eine Frau wie sie, die damit noch nie so nah konfrontiert worden war wie so viele andere hier. Es war merkwürdig. Seit ihr Mann ermordet worden war, schien der Tod um so vieles nähergekommen zu sein. Er war so präsent wie die Spinnen an der Wand. Erst in der letzten Nacht war ihr wieder so gewesen, als würde sie von ihm verfolgt. Und nun stand er neben ihr, war wie ein Schatten, der sich um ihr Leben gelegt hatte und der nur darauf wartete, endlich auch sie oder das Leben in ihr in sein dunkles Reich zu holen. Sie hatte keine Möglichkeit zu entkommen.
    Ihr Bauch zog sich wieder zusammen, wurde hart und schmerzte. Die Hebamme musste das Kind aufhalten. Unbedingt! Sie war ihre letzte Hoffnung, dem Schicksal doch noch ein Schnippchen schlagen zu können. Hätte sie sich in der besagten Nacht doch bloß gegen Cornelius gewehrt, seinem Drängen nicht nachgegeben. Noch während er es gezeugt hatte, war ihr der Geruch einer anderen Frau in die Nase gekrochen. Erst nur unterschwellig, doch je stärker Cornelius sich bewegt hatte, desto deutlicher wurde, dass er noch vor nicht allzu langer Zeit die Haut eines anderen Weibes berührt hatte. Tyde hatte ihren Mann weggedrückt, sich gewehrt, wollte ihn nicht mehr in sich spüren, doch das hatte ihn nur noch mehr angeheizt, bis er nicht mehr aufzuhalten war. Sie war gleich aufgestanden, hatte gegähnt, mehrmals durch die Nase geschnaubt und mit lauter Stimme gerufen, dass es nicht hierhergehörte. So hatte sie es von den anderen Weibern gehört. So sollte es eine Frau machen, wenn der Samen aus dem Uterus getrieben werden sollte. Doch es war vergebens gewesen.
    Als ihr ein paar Wochen später nach dem Aufstehen ständig übel wurde, war klar, was geschehen war. Sie trug seine Frucht unter dem Herzen. Sie hatte eine Weile gebraucht, ehe sie es ihm gesagt hatte. Seine Reaktion war zwar freudig, aber auch viel zu selbstverständlich gewesen. Sie war sein Weib, also war es ihre Aufgabe, auch Kinder zu bekommen. Es hatte ihn weiter nicht davon abgehalten, zu der Marketenderin zu gehen, es hatte ihn auch nicht abgehalten, anderen Röcken wie Magda Dudernixen nachzustellen. Tyde hatte sich immer gewundert, dass Krechting seinem Treiben keinen Einhalt geboten hatte. Doch der hatte Cornelius gewähren, ihn einfach machen lassen, was er wollte. Mit keinem Wort hatte er ihn zurechtgewiesen, ihn darauf aufmerksam gemacht, wie schändlich sein Verhalten war. Vielleicht hatte er auch wirklich nichts davon gewusst, doch das konnte Tyde sich nicht vorstellen. Immer wenn sie auf den Burghof gekommen war, verstummten die Gespräche einen Augenblick zu lange. Es war mehr als deutlich, dass man über sie sprach, und da Tyde selbst eine unauffällige, gottesfürchtige Frau war, war klar, dass nicht sie, sondern ihr Mann Grund für das Gerede war. Anfangs hatte sie noch versucht, mit erhobenem Kopf und einem Lächeln durch die Wagenburg zu schreiten, doch schon bald war ihr das nicht mehr gelungen, und sie war oft genug sofort wieder umgedreht und zu ihrem Hof zurückgeeilt. Ohne den Käse zu holen, den Cornelius ihr zu besorgen aufgetragen hatte, ohne das Tuch zu erstehen, das sie dringend brauchte, um ihr Kind zu kleiden, wenn es erst auf der Welt war. Nicht selten war ihrem Mann die Hand ausgerutscht, und er hatte diese über ihre nackte Haut tanzen lassen.
    Tyde schob das Kleid ein Stück hoch und betrachtete den letzten Fleck am Bein, dessen Farbe nunmehr ins Gelbliche glitt. Er war kaum noch zu sehen. Wenn er ganz verschwunden war, wollte sie auch ihren Mann auf ewig vergessen.
    Erneut wurde ihr Bauch hart. Es war, als melde sich sein Kind immer

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