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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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war, er weigerte sich, den Frauen auch nur ein Stück seiner nackten Haut zu zeigen. Hiske schüttelte den Kopf, griff resolut unter sein Hemd, salbte ihn ein und legte dann die heißen Wickel um seine Brust. Anschließend kochte sie die Kräuter auf, ließ sie ziehen, leicht abkühlen und flößte dem Mann den Sud ein. Danach hielt sie ihn an, sein Gesicht über eine Kumme zu beugen, in die sie einen Teil des Gebräus gegeben hatte, und deckte den Kopf mit einem Leinen ab. Das Atmen fiel ihm sichtlich schwer, doch er ließ es widerstandslos über sich ergehen. Hiske tauchte unter Adeles missfallendem Blick ihren Finger in das Honigglas und ließ den Mann ihren Finger abschlecken, was er dann auch wie ein kleines Kind tat. Er wurde sehr müde, sodass die Frauen ihn auf die Küchenbank vor dem Ofen bugsierten. Kaum hatte er sich darauf niedergelassen, da schlief er auch schon ein.
    »Du weißt, was das für ein Mann ist?«, fragte Adele. Ihre Augen waren groß, sie hatte Angst. Gleichzeitig war ein großes Missfallen darin zu erkennen.
    »Ich glaube schon, wobei es eigentlich nicht sein kann«, sagte Hiske vorsichtig.
    »Sprich es aus, Hiske! Es ist, wie du vermutest!«
    »Es kann nicht sein, Adele. Er ist mit einem holländischen Arzt gekommen, der für Krechting eine Botschaft unter dem Hemd versteckt hatte!«
    »Er ist Katholik! Ganz sicher«, flüsterte Adele und sah immer wieder zu Garbrand, der von dem Gespräch jedoch nichts mitbekam, weil er tief und fest schlief. »Wer hat den hergebracht? Ein Arzt aus Holland?«
    Hiske nickte. »Er nennt sich Jan Valkensteyn.«
    »Nicht Rothmann?«
    Hiske schüttelte den Kopf. »Den schien Krechting allerdings erwartet zu haben. Ich war gestern Nacht an der Burg und habe es mitbekommen.«
    Adele nahm dies äußerlich eher teilnahmslos zur Kenntnis, wuselte dafür aber zu unruhig durch die Küche, räumte hier etwas weg und dort, wischte über Flächen, die eigentlich sauber waren. Sie war merklich nervös. »Ist er jung oder alt, dieser Arzt?«
    »Jung, Adele. Der Mann ist jung und gut aussehend.«
    »Dann ist er es sicher nicht. Du hast recht, er ist noch nicht da.« Es war, als sei sie über diese Tatsache sehr erleichtert. Hiske wollte eben nachfragen, warum es nach Adeles Meinung gut war, dass es nicht Rothmann war, als die bereits das Thema wechselte. »Aber was will dieser Mann bei uns?« Erneut putzte sie wie wild in der Küche herum.
    Hiske sah sich Adeles Unruhe eine Weile an, dann zog sie sie auf den nächsten Stuhl. »Was macht dir Angst?«
    »Wenn er kommt, Hiske, wenn der Mann wirklich kommt, gibt es noch mehr Tote, das sage ich dir. Von Ascheburg war nur der Beginn. Hier wird keiner überleben, der uns in dieses gottverlassene Nest gesteckt hat. Keiner. Es wird eine große Katastrophe kommen, nicht das Neue Jerusalem, was sie uns versprochen haben. Der da«, sie deutete auf Garbrand, »ist nur der Vorbote allen Übels. Ein Papist unter uns. Dass Krechting das duldet!« Sie stand auf und machte sich daran, das Haus zu fegen, die Tische mit Sand zu schrubben.
    Hiske aber konnte sich keinen Reim auf all das machen.

Kapitel 12
    Tyde lag auf ihrem Bett und hatte die Hand auf den Bauch gelegt. In immer kürzeren Abständen verhärtete er sich schmerzhaft. Sie überlegte, ob sie Hiske rufen sollte. Eigentlich hatte sie die Hebamme warnen wollen, war sie doch gewahr geworden, wie sich das Lügengeflecht Dudernixens und seiner Frau immer enger um Hiske Aalken schloss. Es war fast, als gäbe es kein Entrinnen mehr für sie, denn immer mehr Menschen im Lager rotteten sich zusammen, suchten nach einem Schuldigen, da sie glaubten, dass dann der Friede wiederhergestellt sei, dass sie danach einfach so weiterleben konnten. Da kam ihnen Hiske gerade recht, weil sie keine von ihnen war und man sich einredete, auch ohne die Hebamme klarzukommen. Schließlich war es mit Anneke auch gegangen. Tyde machte das Gerede wütend. Die Täufer glaubten nicht an den Teufel und sollten dann auch eine Toversche in Ruhe lassen, doch Zauberei war auch für sie etwas anderes. Der Aberglauben schlug immer wieder durch, aber vielleicht war es auch nur die Bequemlichkeit, sich um nichts mehr kümmern zu müssen, wenn endlich irgendwer zur Verantwortung gezogen worden war. Gleichgültig, ob der- oder diejenige schuldig war oder nicht.
    Das Ziehen in Tydes Bauch verstärkte sich. Sie lief Gefahr, ihr Kind viel zu früh auf die Welt zu bringen. Tyde würde es verlieren, denn es war noch unreif wie

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