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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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ihren Teil hatte alles getan, damit die Hebamme immer wieder in Schemerings Visier rückte.
    Wenn Hiske und der Junge verschwunden waren, würde wieder Ruhe einkehren, sie glaubte nicht, dass Melchior ein weiteres Mal zuschlagen würde. Wenn er wirklich der Mörder war, aber Magda zweifelte nicht daran. Er hatte sein Ziel mit von Ascheburgs Tod erreicht, und Krechting zu töten würde er nicht wagen. Ihm hatte es gereicht, ihn vor einiger Zeit niederzuschlagen, als eine Art Ablenkung, um die Schuld erst recht Hiske und dem Jungen in die Schuhe schieben zu können. Er war so stolz darauf gewesen, dass er es ihr im Suff erzählt hatte.
    Gerade als sie sich ans Tagwerk machen wollte, huschte Anneke um die Ecke. Ihr Haar hing strähnig herunter, man sah ihr die durchwachte Nacht an. »Tyde ist ermordet worden, und auf Krechting ist ein Anschlag verübt worden. Er ringt mit dem Tode.«
    »Wann?«
    »In der Nacht. Sie sagen, es war der Irre, den sie kurze Zeit später gefasst haben.«
    Magda nickte, drehte sich dann wortlos um und kletterte auf ihren Wagen. Sie zog die Plane vor, setzte sich auf die Bank. Die Geräusche des Lagers drangen nur noch gedämpft zu ihr, sie fühlte sich wie in einem Kokon. Das hätte sie Melchior nicht zugetraut. Seltsamerweise stieg er durch diese Taten in ihrer Achtung. Er hatte ein Ziel, für das er sich einsetzte. Mit allen Mitteln. Tydes Tod war eine Beigabe, um eine falsche Spur zu legen und von sich abzulenken. Dieses Denken passte zu ihren Mann. Sie war fast stolz, wie sehr sie sich in die Gedankenwelt ihres Gatten einfinden konnte. Dass er es tatsächlich gewagt hatte, Krechting noch einmal anzugreifen, bewies, wie tollkühn er war. Konnte man nur hoffen, dass Krechting nicht überlebte und so nichts bezeugen konnte.
    Je länger Magda Dudernixen die Situation überdachte, desto sicherer war sie sich, dass sie wirklich Nacht für Nacht neben einem Mörder schlief. Die Taten trugen seine Handschrift.
    Schemering war den Wachen gefolgt, er wollte dabei sein, wenn sie den Knaben aus dem Kerker holten.
    »Guckt euch den Verrückten an, dem steht der Wahn wirklich ins Gesicht geschrieben.« Die Männer schüttelten sich, als der Junge mit vor Schreck geweiteten Augen vor ihnen stand. »Besser, so einer läuft nicht frei herum«, sagte der Dickere der beiden. »Hoffentlich lässt die Häuptlingsfrau ihn aufknüpfen, so einer hätte längst an den Galgen gehört.«
    Der andere schüttelte den Kopf. »Das dürfen die nicht. Sie werden ihn nach Emden schicken.«
    »Dann müssen wir dafür sorgen, dass er das hier nicht überlebt«, zischte der Dicke. »Da gibt es Möglichkeiten.«
    Ihm antwortete ein Lachen. »Der Pöbel will ihn leiden sehen. Und das soll er haben.« Er kitzelte den Wortsammler mit seinem Messer, ritzte ihm oberflächlich die Haut auf, sodass der Junge erschrocken zurückwich, als das warme Blut an seiner Wange herunterlief. Der Wächter lachte, stieß ihn dann vor sich her und trat nach dem Kind wie nach einem räudigen Hund, der ohnehin nichts mehr vom Leben zu erwarten hatte. Der Wortsammler stieß keinen Laut aus, war wie gelähmt, zitterte.
    »Der kann nicht mal was sagen«, grunzte der dicke Wächter. »Warum gibt es solche wie diese Missgeburt auf der Welt?«
    Schemering lief unbeteiligt hinterher, griff nicht ein, auch nicht, als die Wachen den Jungen immer brutaler stießen und traten, auch nicht, als der Junge mit dem Kopf gegen die Wand schlug und sich nur mühsam wieder aufrichten konnte. Danach war der Wortsammler kaum noch in der Lage, auch nur einen Schritt allein zu gehen. Wegen seiner kräftigen Statur war es auch für die stämmigen Wachleute nicht einfach, ihn durch die engen Kerkergänge zu zerren. Er ließ sich mitschleifen und gab sich keinerlei Mühe, die Männer in ihren Bemühungen zu unterstützen.
    Das Sonnenlicht blendete den Jungen, als er aus dem Keller gezerrt und über den Burghof gestoßen wurde. Die Menschen hatten ihn längst abgestempelt und blickten ihn mit bösen Augen an. Ein Stein traf ihn an der Schläfe, ein anderer am Rücken. Die Wachen zerrten ihn in einen Raum, in dem Dudernixen wartete. Der Junge begann zu zittern. Die Zähne klapperten aufeinander, seine Hände vibrierten in den Fesseln.
    »Du hast Cornelius und Tyde von Ascheburg getötet. Und Hinrich Krechting lebensgefährlich verletzt. Warum?«
    Wolters Stimme klang scharf, aber der Junge verstand augenscheinlich nicht, was er sagte. Kein Wort kam über seine Lippen. Die Angst

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