historical 176 - Meer der Sehnsucht.doc
den Klang ihrer stets ein wenig heiseren, etwas atemlos klingenden Stimme. „Ich weiß."
„Achtung, wir haben Felsen vor uns", rief sie im nächsten Moment, noch bevor die Männer im Ausguck die Gefahr erkannt hatten.
Riordan drehte am Steuerrad, und es dauerte noch einen Augenblick, bis die Warnung auch von oben aus der Takelage erklang. „Gut gemacht, Matrose Lambert!" Er bedachte sie mit einem bewundernden Blick.
Ambrosia lächelte tatsächlich. „Danke, Captain."
Bald hatten sie den manövrierunfähigen Segler erreicht. Aus der Nähe sah das Schiff heruntergekommen und sehr reparaturbedürftig aus.
„Ahoi, Dover", rief Riordan hinüber, als die beiden Schiffe parallel zueinander lagen. „Wir sind hier, um die Mannschaft zu retten und eure Ladung aufzunehmen."
„Ahoi, Undaunted, kommt an Bord."
Riordan übergab das Steuer an Ambrosia und sagte: „Ambrosia, du bleibst am besten mit Newt hier. Ich gehe mit ein paar Matrosen drüben an Bord und sehe nach, wie groß die Ladung ist und wie viele Männer wir brauchen, um sie zu übernehmen."
Ambrosia setzte zu einer hitzigen Entgegnung an, aber Riordan schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. „Ich weiß, dass du wie ein Mann arbeiten kannst, Ambrosia.
Aber ich habe entschieden, dass ich dich hier vorne bei Newton ha ben will."
Im Weggehen hörte er noch, wie Ambrosia sich bei Newton über die ungleiche Behandlung beschwerte. „Nun lass es gut sein, Mädchen", sagte dieser müde. „Der Kapitän gibt für uns alle sein Bestes."
„Ergreifst du etwa Partei für ihn?"
„Nein, mein Mädchen. Es gibt keine Parteinahme hier an Bord. Aber du musst einsehen, dass du ihn zwingst, besonders hart vorzugehen, wenn du gar zu starrköpfig und frech bist.
Und jedes Mal, wenn das passiert, ist es weder für dich noch für ihn von Nutzen."
Ambrosia enthielt sich nur mit Mühe einer hitzigen Antwort. Sie hatte nicht vor zurückzustecken. Sie würde Riordan Spencer immer wieder daran erinnern, dass sie so gut wie jeder Seemann an Bord arbeiten konnte.
Nachdem Riordan den Kapitän des havarierten Schiffes begrüßt hatte, sah er sich prüfend um. „Wo sind Ihre Matrosen, Captain Williams? Und wieso sollte irgendjemand Interesse haben, dieses Schiff noch zu kapern? Es bricht doch sowieso bald auseinander."
„Die Besatzung habe ich an Land bringen lassen", versetzte der Kapitän. Er sah erschöpft und niedergeschlagen aus. „Unsere Ladung haben wir aus dem Frachtraum hierher an Deck bringen lassen, denn dort unten wäre alles davongeschwemmt worden."
Das war auch Riordans Plan gewesen. Die Dover lag bereits gefährlich tief. Sie würde früher oder später zur Seite kippen und untergehen. Er gab Befehl, die schweren Kisten, die Tee und Gewürze enthielten, von einem Schiff auf das andere zu bringen und dort sicher im Frachtraum zu verstauen.
„So, das wär’s." Riordan reichte Captain Williams die Hand zum Abschied. „Alles Gute für Sie und die Dover. Wir werden bei Tagesanbruch in See stechen."
Captain Williams zog Riordan ein Stückchen beiseite, wo sie nicht belauscht werden konnten. „Ich muss Sie eindringlich warnen, Captain Spencer. Es wäre besser, Sie würden im Schutz der Nacht segeln und möglichst viele Meilen zwischen Ihr und mein Schiff legen."
„Wovor genau warnen Sie mich?" Riordan war alarmiert.
„Meine Leute hatten ein Piratenschiff entdeckt, das weder eine Flagge gehisst hatte noch auf unser Rufen reagierte. Deshalb sind wir so nah an die Küste gefahren. Ich glaube, nur die vielen Fischerboote, die unser Schiff umgaben, hielten die Piraten davon ab, uns anzugreifen.
Doch sowie deren Kapitän die Undaunted entdeckt, wird er wissen, warum sie hier segelt und was sie geladen hat."
Riordan war voll gespannter Wachsamkeit. „Was genau befindet sich in den Kisten und Fässern, Captain Williams?" wollte er wissen. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Piratenschiff es auf Tee und Gewürze abgesehen haben sollte." Er bemerkte das Zögern des anderen Mannes und fügte hinzu: „Ich habe das Recht zu wissen, welcher möglichen Gefahr ich mein Schiff und meine Mannschaft aussetze."
„Es handelt sich um Gold, Captain Spencer. Es muss an den persönlichen Gesandten des Königs übergeben werden, der für den Weitertransport nach London sorgt."
„Gold? Aber warum diese große Heimlichkeit?"
„König Charles benötigt große Mengen an Gold. Aber es gibt einige Leute, die es stehlen würden, um seine Position zu schwächen
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