HISTORICAL Band 0264
Schadensbegrenzung betrieben und war trotzdem mit Bertie weggelaufen. Ohne Zweifel hofften die beiden, dass die Familie mit der Zeit die Ehe akzeptieren würde.
Jack kam zu ihr und nahm ihr das Blatt Papier aus der Hand. „Nicht etwa schon wieder eine erfundene Geschichte von Ihrer Schwester, Miss Bowes?“, fragte er. Stirnrunzelnd überflog er die Zeilen. „In Bertie verliebt? Was für ein grenzenloser, sentimentaler Unsinn! Das muss man Ihnen und Ihrer Schwester lassen – Sie sind sehr erfinderisch! Ich brauche wohl kaum zu fragen, ob Sie hier die Finger mit im Spiel haben?“
„Nein, das habe ich natürlich nicht.“ Sally drehte sich langsam auf dem Hocker um und starrte ihn aufgebracht an. „Können Sie nicht lesen, Mr. Kestrel? Connie entschuldigt sich dafür, mich hintergangen zu haben. Oder sind Sie von Haus aus so misstrauisch, dass Sie glauben, wir beide steckten unter einer Decke und hätten den Brief nur hier hingelegt, um Sie in die Irre zu führen?“
Jacks Augen wurden schmal, als er die Nachricht ein zweites Mal las. „Es spielt ohnehin keine große Rolle, nehme ich an“, meinte er wegwerfend, „da Sie sich beide in Sachen Geldgier nicht viel nehmen.“ Er lachte kurz auf. „Also hat Ihre Schwester gedacht, sie könnte meinen Onkel dazu bringen, zu zahlen und damit gleichzeitig die Flucht mit meinem Cousin zu finanzieren? Ein wirklich raffinierter Plan!“
Sally erhob sich langsam. „Es ist eine einzige Katastrophe.“
Jack starrte sie an. „Aber Sie müssen doch eigentlich hocherfreut sein, Miss Bowes“, sagte er höhnisch. „Ihrer Schwester ist es dieses Mal gelungen, sich den Erben eines Lords zu angeln, nicht so einfache Herren wie Geoffrey Chavenage oder John Pettifer. Und auch wenn mein Onkel Bertie jetzt keinen Penny mehr zahlt, so kann er ihm dennoch nicht das Erblehen verweigern. Natürlich ist mein Onkel schwer krank und könnte jeden Moment sterben …“ Wieder litt Sally unter der eisigen Verachtung in seinem Blick. „Ein netter kleiner Gaunerstreich, das muss man Ihnen lassen.“
„Es ist nichts dergleichen“, widersprach Sally. „Es ist Wahnsinn. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man nur heiraten sollte, wenn man sich wirklich liebt …“ Sie verstummte, als sie seine gelangweilte, zynische Miene bemerkte.
„Sie sind wirklich ein Phänomen, Miss Bowes. So viel Sentimentalität und so viel Raffgier!“
„Weder Mr. Basset noch meine Schwester sollten an eine Ehe denken, ganz gleich mit wem!“, begehrte Sally auf. „ Er ist schwach, unreif und leicht zu beeinflussen, und sie liebt ihn nicht, was immer sie auch behaupten mag! Ihr Onkel wird sich wahrscheinlich erholen und hundert Jahre alt werden, und bis dahin werden sie kein Geld haben, streiten wie Hund und Katze, die ganze Ehe wird zum Fiasko und endet innerhalb eines halben Jahres mit Scheidung!“ Sie sah ihn an. „Ich schlage vor, Sie begeben sich schleunigst nach Gretna Green, Mr. Kestrel, und versuchen, diese Hochzeit zu verhindern. Wir können nur hoffen, dass es nicht schon zu spät ist. Sie haben sicher ein paar Stunden Vorsprung.“
Jack bewegte sich nicht, stattdessen stand er ganz reglos da und beobachtete sie mit einem skeptischen Gesichtsausdruck, der sie beunruhigte. „Es ist eine ausgezeichnete Idee von Ihnen, die Hochzeit zu verhindern“, murmelte er nach einer Weile, „und ich habe fest vor, das glückliche Paar zu verfolgen. Da ist nur ein kleiner Aspekt, den ich gern ändern würde, Miss Bowes.
„Nun?“, fragte Sally ungeduldig. „Und welchen?“
„Sie. Sie werden mich begleiten.“
„Nein, das werde ich nicht tun!“ Sally war so entsetzt, dass sie hastig einen Schritt zurückwich und beinahe über ihren Rocksaum gestolpert wäre. Sofort streckte Jack die Hand aus, um sie festzuhalten, aber Sally entwand sich ihm.
„Sie sind nicht gerade in der Lage zu streiten, Miss Bowes“, behauptete Jack sanft. „Sie haben soeben zweihundert Pfund von mir bekommen. Ich denke, das gibt mir das Recht, von Ihnen zu verlangen, was ich will.“
Sally schüttelte den Kopf. „Nein, das stimmt nicht. Ich hatte nicht vor …“
„Was denn, sich an mich zu verkaufen?“ Jack zog eine Braue hoch. „Verzeihen Sie, ich dachte, genau das hätten Sie vorgehabt.“ Er legte ihr eine Hand in den Nacken und zog sie zu sich. „Haben Sie geglaubt, ich gäbe mich mit ein paar Nächten zufrieden?“ Seine Lippen waren jetzt so dicht vor ihren, dass sie seinen Atem spüren konnte. „O nein,
Weitere Kostenlose Bücher