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HISTORICAL Band 0264

HISTORICAL Band 0264

Titel: HISTORICAL Band 0264 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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denn das Wasser war fast kalt.
    Jack betrachtete sie, wie sie mit geschlossenen Augen und am ganzen Leib zitternd in der Wanne saß. Jetzt stieß er einen Fluch aus, hob sie aus dem Wasser und wickelte sie in ein großes Handtuch. Er trug sie fest an sich gedrückt ins Schlafzimmer und legte sie auf das Bett. Einen Augenblick später war er wieder an ihrer Seite und hielt ihr ein Glas Brandy an die Lippen.
    „Du stehst unter Schock“, sagte er ernst. „Ich hätte es merken müssen.“
    Sally schüttelte den Kopf. „Nein, ich …“
    „Trink das erst, dann werden wir reden.“
    Der Alkohol brannte in ihrer Kehle und half ihr, Ordnung in ihre verstörenden Gedanken zu bringen. Sie stellte das Glas ab, wickelte sich fester in das Handtuch und zog sich die Daunendecke hoch bis zum Kinn.
    „Es tut mir leid“, sagte sie. „Ich bin wohl doch aufgewühlter, als ich dachte. Dieser Unfall hat mich an meinen Vater erinnert. Er ist ertrunken.“
    Jack fluchte erneut. „Das wusste ich nicht. Entschuldige.“
    „Ich spreche nicht gern darüber.“ Sally kuschelte sich in die Decke und merkte, dass ihr ganz langsam wärmer wurde. „Es ist schon lange her. Wir machten eine Kahnfahrt auf dem Fluss; er verlor das Gleichgewicht und stürzte ins Wasser. Ich dachte, er würde ans Ufer schwimmen, und versuchte, nach seiner Hand zu greifen, aber er verschwand. Ich wartete und wartete – und merkte erst viel zu spät, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.“
    „Was geschah dann?“ Jack setzte sich zu ihr auf die Bettkante, fand ihre Hand unter der Bettdecke und drückte sie tröstend.
    „Als mir klar wurde, dass er gar nicht wieder aufgetaucht war, fing ich an, laut zu schreien. Ein paar andere Flussschiffer kamen herbei und halfen mir bei der Suche, doch es war zu spät. Am Abend barg die Polizei seine Leiche aus dem Fluss. Er war mit dem Kopf auf die Reling des Kahns geprallt und untergegangen wie ein Stein.“ Wieder erschauerte sie. „Seitdem habe ich panische Angst vor dem Wasser.“
    „Und doch bist du, ohne zu zögern, in den Teich gesprungen, um Lucy zu retten.“ Der Druck seiner Hand verstärkte sich.
    „Ich konnte nicht zulassen, dass es wieder geschah“, erklärte Sally. „Es war meine Schuld, dass Papa starb. Nach dem Unglück damals habe ich schwimmen gelernt, für den Fall, dass ich das jemals brauchen würde.“
    Jack war plötzlich ganz still. „Wie meinst du das, du wärst schuld am Tod deines Vaters?“
    Sally entzog ihm die Hand und spielte mit der Kante der Daunendecke herum. Dabei wich sie seinem Blick aus. „Ich hätte ihn retten können.“
    „Und dann hätten Nell und Connie nicht für sich selbst sorgen müssen?“, forschte er nach. „Ich hatte mich schon gewundert über deine Entschlossenheit, dich um sie zu kümmern.“
    Sally erschrak über sein Beobachtungsvermögen. Sie hatte gar nicht vorgehabt, so viel zu sagen. Sie hatte ihre geheimsten Ängste und Schuldgefühle nicht offenbaren wollen. „Ich bin nun einmal die Älteste“, erfand sie rasch als Ausrede.
    „Das ist aber nicht der Grund, warum du solche Mühen auf dich nimmst, sie zu verteidigen“, wandte Jack ein. Sally sah, dass seine Miene sich irgendwie veränderte. „Du empfindest Schuldgefühle wegen etwas, für das du gar nichts kannst.“ Er stand abrupt auf und ging zum Fenster, ehe er sich wieder zu ihr umdrehte. „Weißt du noch, was du mir gestern Abend gesagt hast? Ich sollte mir keine Vorwürfe wegen etwas machen, an dem ich keine Schuld trage“, erinnerte er sie.
    „Das war etwas ganz anderes.“
    Jack lächelte. „Wirklich? Seltsam, dass es immer leichter ist, die Fehler beim anderen zu entdecken. Denk einmal darüber nach.“ Sein Lächeln vertiefte sich. „Wenigstens brauchst du dich jetzt nicht mehr um Connie zu kümmern. Für sie ist jetzt Bertie zuständig.“
    Er kam zu ihr zurück und bückte sich, um sie zu küssen. Sein Kuss war voller Zärtlichkeit, frei von der stürmischen Leidenschaft, die ihre Beziehung bisher geprägt hatte.
    „Ach Sally Bowes“, murmelte er, „lass dich nicht mehr von der Vergangenheit quälen. Du bist viel zu gut und großmütig dafür.“
    Sein liebevoller Kuss machte Sally völlig wehrlos. Plötzlich durchströmte sie ein gewaltiges und überraschendes Gefühl der Erleichterung, weil ihre Angst verflogen war und sie sich bei Jack sicher fühlte. Sie zog ihn an sich und strich mit den Händen über seine Schultern. Erst jetzt merkte sie, dass sein Hemd noch nass

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