HISTORICAL Band 0264
ebenso leise zurück. „Ich bitte um Entschuldigung. Seit ihrer Hochzeit ist sie noch viel schlimmer geworden. Wahrscheinlich ist ihr der neue Rang zu Kopf gestiegen.“
Charley schnaubte verächtlich. „So eine gute Partie ist Bertie nun auch wieder nicht! Lange nicht so wie Jack. Und Sie müssen sich wirklich nicht für sie entschuldigen, Sally, Sie können nichts dafür! Außerdem …“ Sie warf Sally einen verschmitzten Blick zu. „Ich glaube, Tante Otto wird sie noch ganz klein kriegen. Ich kenne meine Tante und lasse mich nicht von ihrer Ruhe täuschen. Sie heckt irgendetwas aus!“
Sally hatte nicht die Kraft, sich auch noch um Connie und ihre Unhöflichkeit Gedanken zu machen. Ihre ganze Sorge galt Jack. Die Freude, die sie am vergangenen Tag miteinander empfunden hatten, war fort. In der Kalesche hatte Jack ihr mürrisch und verschlossen gegenübergesessen, und wieder hatte Sally diese Hilflosigkeit empfunden, weil sie ihn nicht erreichen konnte und ihn im Grunde kaum kannte. Charley war die schlechte Laune ihres Bruders ebenfalls aufgefallen, und sie hatte versucht, Sally zu trösten.
„So sind eben die Männer, wissen Sie. Wenn Stephen ein Problem hat, spricht er fast gar nicht mit mir, bis sich die Sache erledigt hat. Ein solches Schweigen ist mir völlig unverständlich, und zu Beginn meiner Ehe beunruhigte mich das ganz schrecklich, aber inzwischen weiß ich, das ist eben so seine Art. Jack ist genauso.“
Sally lächelte, war aber nicht überzeugt. Sie kannte das Problem, mit dem sich Jack herumschlug. Es war das Gleiche, das sie so schlecht hatte schlafen lassen. Ihre Verlobung war jetzt mit Sicherheit aus und vorbei. Sally hatte sie am vergangenen Abend beendet, als sie ihm gesagt hatte, er solle erst dann heiraten, wenn er wieder lieben konnte. Wenn sie am kommenden Tag zurück nach London fuhren, würden sich ihre Wege trennen.
„Ein Glück, dass Greg Holt nicht mehr da ist“, fuhr Charley unbeirrt fort, als der Gottesdienst begann. „Seine ständigen Komplimente an Sie hätten Jack wahrscheinlich unausstehlich werden lassen!“
Es half Sally nicht gerade, dass der Vikar über den Segen einer glücklichen Ehe sprach und dass Connie strahlend zuhörte und stolz ihren Ehering zur Schau stellte. Lady Ottoline nickte zustimmend bei einigen Passagen der Predigt, und als der Vikar zitierte, der Wert einer guten Frau sei höher als der von Rubinen, da warf sie Connie einen besonders strengen Blick zu.
Gleich nach dem Mittagessen entschuldigte Jack sich, und er und Stephen gingen fort, um irgendwelche neu angepflanzten Hecken zu begutachten. Connie und Bertie wollten sich in den benachbarten Dörfern nach zum Verkauf stehenden Anwesen umsehen. Bei der Aussicht, Connie vielleicht zur Nachbarin zu bekommen, war Charley blass geworden und hatte geschworen, jeden möglichen Anbieter zu bestechen, damit er ja nicht an die beiden verkaufte.
Sie, Sally und Lady Ottoline nahmen ihre Sonnenschirme und begaben sich zum Nachmittagstee auf die dem Teich zugewandte Terrasse.
„Es ist so entzückend zu beobachten, wie wohl Kinder sich hier in Dauntsey fühlen“, stellte Lady Ottoline fest und beobachtete Lucy, die unten am Teich spielte. „Wenn Sie und Jack verheiratet sind, müssen Sie Ihre Schwester überreden, Ihre Kinder herzubringen. Jack kann sehr gut mit Kindern umgehen.“
„Das ist mir auch schon aufgefallen.“ Tiefe Traurigkeit beschlich Sally.
„Vielleicht haben Sie ja schon miteinander darüber geredet, bald selbst ein Kinderzimmer einzurichten?“, fuhr Lady Ottoline fort.
„Tante Otto!“, protestierte Charley lachend. „Sally und Jack sind doch erst seit Kurzem verlobt!“
„Ich frage ja nur“, erwiderte Lady Ottoline milde. Sie richtete ihren wachen Blick auf Charley. „Wenn Sally in guter Hoffnung wäre, würde das vielleicht sogar dich ermutigen, eure Kinderzahl zu vergrößern, Charlotte!“
Wieder lachte Charley. „Stephen und ich sind erst vier Jahren verheiratet und haben bereits Lucy zustande gebracht, Tante Otto. Lass uns etwas Zeit.“
„Ihr hättet mittlerweile mindestens drei Kinder haben können“, bemerkte Lady Ottoline. „Ich weiß wirklich nicht, warum ihr so zögerlich seid.“
„Vielleicht …“, meinte Charley und kaute dabei genüsslich ihr Rosinentörtchen, „… weil wir es einfach genießen, zusammen zu sein.“
Lady Ottoline rümpfte die Nase. „Wenn ihr es wirklich so sehr genießen würdet, zusammen zu sein, dann hättet ihr jetzt
Weitere Kostenlose Bücher