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HISTORICAL Band 0272

HISTORICAL Band 0272

Titel: HISTORICAL Band 0272 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LYN STONE LOUISE ALLEN
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Sorgenfalten gelegt. „Ihre Königliche Hoheit, Madame! Ich habe Sie zu so später Stunde nicht erwartet – ist etwas nicht in Ordnung?“
    „Nein, nein Georges. Dieser Herr kommt aus Grasse. Er will morgen sehr zeitig weiterreisen, deshalb zeige ich ihm unsere Manufaktur noch heute.“
    „Soll ich Sie mit der Laterne auf dem Rundgang begleiten, Madame?“
    „Nein, das ist nicht nötig. Geben Sie dem Monsieur nur die Laterne. Wir melden uns ab, wenn wir wieder gehen.“
    Sie entriegelte die Tür zum Kontor und entließ den alten Mann mit einem Nicken. Jack folgte ihr. „Das war beinahe zu einfach“, stellte er fest.
    „Was wollen Sie damit sagen?“ Eva schlug ein schweres Buch auf, in dem die täglichen Ein- und Ausgänge eingetragen wurden, und überflog ein paar Seiten. „Nachts hat nur der alte Georges Dienst. Also, hier befinden wir uns in den Räumen, in denen die Kontorangestellten arbeiten. Die Registratur wird uns wohl kaum nähere Auskünfte geben.“
    „Wenn es hier ein geheimes Laboratorium gäbe, würde es kaum von einem einzigen alten Mann bewacht werden. Er schien nicht erstaunt zu sein, uns zu sehen, also ist er nicht in ungewöhnliche Machenschaften eingeweiht.“ Jack ließ den Blick durch den Raum schweifen, zog ein paar Schrankfächer auf und begab sich danach in das nächste Kontor. „Die aller Wahrscheinlichkeit nach getarnten Formeln müssen an einem sicheren Ort versteckt sein.“
    „Ich weiß, was Sie meinen.“ Eva raffte die Röcke und folgte ihm. „Die Laboratorien liegen ganz am Ende des Geländes, kommen Sie.“
    Sie öffnete eine Tür nach der anderen, bis sie an der letzten angelangt war. „Dieser Raum wird nicht mehr benutzt. Ach, interessant, das Schloss wurde ausgetauscht.“ Plötzlich erschien ihr der vertraute Ort, den sie so oft auch nachts ohne Bedenken durchwandert hatte, irgendwie fremd, beinahe feindselig. Unwillkürlich rückte sie näher an Jacks Seite und biss sich gereizt auf die Lippen. Es besteht nicht der geringste Grund, Angst zu haben, redete sie sich ein. „Dieser Schlüssel passt jedenfalls nicht.“ Sie hielt ihm den Türöffner unter die Nase, als wolle sie ihm damit erklären, warum sie näher an ihn herangetreten war.
    „Tja, dann muss ich das Schloss aufbrechen.“ Jack angelte mit den Fingern aus seinem Stiefelschaft ein langes dünnes Metallstück hervor. Anschließend kauerte er sich vor die Tür und steckte den Dietrich ins Schlüsselloch. Eva hielt die Laterne hoch. „Danke, ich brauche kein Licht. Ich muss es fühlen und auf die Geräusche hören.“
    Seine Konzentration faszinierte sie. Und wieder stieg das Bild eines Schwertkämpfers in ihr auf, während sie sein Profil beobachtete. Seine Augen waren geschlossen, seine Gesichtszüge völlig entspannt, als lausche er versunken einer Melodie. Eva entdeckte eine kleine sichelförmige Narbe unter dem Auge, auf seinen hageren Wangen begannen dunkle Bartstoppeln zu sprießen. Unter seinen engen Reithosen zeichneten sich die Muskeln seiner Schenkel ab. Eva spürte die Wärme, die von seinem athletisch gebauten Körper ausging.
    Sie war den Umgang mit eleganten Höflingen gewöhnt, mit in Samt und Seide gekleidete Politiker und Staatsbeamte. Selbst die Offiziere trugen prächtige Uniformen, die besser in einen Ballsaal passten als auf ein Schlachtfeld. Dieser Mann jedoch übte eine bedrohliche Wirkung auf sie aus. Eva zwang sich, den Blick von ihm zu wenden. Die größte Gefahr bestand nämlich darin, dass sie die Nähe dieses draufgängerischen, dreisten und selbstherrlichen Mannes erregend fand.
    In den zwei Jahren ihrer Witwenschaft war sie sorgsam darauf bedacht gewesen, attraktive Männer zu meiden. Sie wollte nicht in Versuchung geraten, ein unbesonnenes Abenteuer einzugehen, nur um sich ihr kaltes, einsames Bett von einem Mann wärmen zu lassen. Bei Hofe tuschelte man ständig über einsame Witwen, die sich einen Liebhaber nahmen und sich ihren Ruf in der Gesellschaft ruinierten. Solche Affären kamen meist an die Öffentlichkeit, und es war unvermeidlich, dass immer die Frau die Zielscheibe hämischen Spotts und moralischer Entrüstung war, in den seltensten Fällen der Mann.
    Dieses befremdliche Gefühl, diese heftige Erregung und Abenteuerlust, war lediglich dem Schock von Jack Ryders plötzlichem Eindringen in ihr bislang beschauliches und langweiliges Dasein zuzuschreiben – und nicht zuletzt den beunruhigenden Zwischenfällen der letzten Wochen. Kein Wunder, dass sie auf diese

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