HISTORICAL Band 0272
du wärst eine Douglas – siehst aus wie eine von denen mit deinem roten Haar.“ Sie warf James einen skeptischen Blick zu.
James schüttelte den Kopf, darum bemüht, die Situation zu entspannen. „Nein Hilda. Sie … sie ist die Tochter des Earl of Eastonby.“
„Was – wie? Eine Sassenach ?“ Theatralisch fasst sich Hilda mit der Rechten ans Herz und stampfte dann empört mit dem Fuß auf. „Nein, nein, alles – nur keine Engländerin! Sag, dass das nicht wahr ist!“
„Doch. Aber sie …“
In diesem Augenblick geschah es. Nachher konnte James nicht mehr sagen, was für eine Reaktion er von Susanna erwartet hatte. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sie sich aus seinem Arm lösen und vor seiner Amme aufbauen würde.
Ohne die Spur eines Lächelns befahl sie Hilda mit fast schon bedrohlich leiser Stimme, während sie jedes Wort klar artikulierte: „Verlassen Sie augenblicklich dieses Haus, Madam! In meinem Heim will ich weder unchristliche bösartige Reden hören, die gegen jedes Gebot der Nächstenliebe und der Gastfreundschaft verstoßen, noch will ich in meinen eigenen vier Wänden angefeindet werden. Ich bin Engländerin, das stimmt. Aber ich habe keinen Krieg gegen Schottland geführt. Ich habe Ihnen persönlich kein Leid zugefügt. Und ich werde mich nicht für Dinge verantwortlich machen lassen, die passiert sind, noch ehe mein Urgroßvater geboren war. Haben Sie mich verstanden? Dies ist mein Haus! Mäßigen Sie also Ihre Stimme.“
Sprachlos starrte die greise Schottin Susanna an und machte unwillkürlich einen Schritt zurück. Soweit James sich erinnern konnte, war Hilda noch vor niemandem zurückgeschreckt.
„Und was den Tonfall angeht, in dem Sie mit Lord Garrow, Ihrem Herrn, reden, so ist das schon mehr als bloße Unverschämtheit! Ihm verdanken Sie Ihr täglich Brot, ihm verdanken Sie jeden Faden, den Sie auf dem Leib tragen. Entschuldigen Sie sich bei ihm für Ihre Frechheiten und gehen Sie – und kommen Sie erst zurück, wenn Sie Ihr loses Mundwerk im Zaum halten können! Sie können sich glücklich schätzen, dass ich Sie nicht auf der Stelle entlasse.“
Hilda wurde ohnmächtig. James bekam sie gerade noch zu packen, bevor sie auf den Fußboden sackte. Mit Mühe trug er sie zum Bett seiner Mutter, nicht, weil ihn seine Beinverletzung behinderte, sondern weil sie so schwer war.
Susanna war entsetzt. „Sie ist doch nicht tot, oder?“ Ihre Stimme klang mit einem Mal unsicher wie die eines kleinen Mädchens, das weiß, dass es etwas Schlimmes angestellt hat.
„Nicht doch“, beruhigte James sie, der Daumen und Finger auf Hildas Handgelenk presste. „Ihr Puls ist deutlich zu spüren. Aber wenn du Wasser holen könntest … das würde sie wiederbeleben.“
„Ich habe hier etwas Besseres“, erklärte Susanna, griff in das Retikül, das immer von ihrem Handgelenk baumelte, und kramte einen kleinen Flakon heraus. „Hier – Riechsalz.“ Sie öffnete den Flakon und hielt ihn Hilda unter die Nase.
Mit einem Ruck schoss die alte Frau kerzengerade in die Höhe. Deftige Flüche in einem wunderlichen Kauderwelsch strömten über ihre Lippen. Sogar James war über ihre Wortwahl schockiert, obwohl er ein Jahr auf See verbracht hatte und dementsprechend einiges gewohnt war. Er packte Susanna beim Arm und zog sie außer Reichweite. Hilda hüpfte indessen vom Bett wie ein junges Mädchen und schritt aus dem Zimmer, mit den Armen wedelnd und Bibelsprüche rezitierend. Die Art, wie sie Gälisch und Englisch mit dem ortsüblichen Dialekt vermischte, ließ ihre Worte wie Morddrohungen klingen.
James wusste, dass sich eine neuerliche Katastrophe anbahnte. Bald würde Hilda zurück sein, gerüstet mit Bibelsprüchen und mit Verstärkung.
Fassungslos standen Susanna und er da, während die Tritte von Hildas harten hölzernen Schuhsohlen langsam in der Ferne verklangen. Mit einem lauten Knall wurde unten die Eingangstür ins Schloss geworfen.
Susanna erholte sich zuerst von dem Schreck, den ihnen die alte Frau eingejagt hatte, blinzelte und meinte dann verblüfft: „Sind alle deine Dienstboten so temperamentvoll?“
Sie kann die Tragweite der Situation nicht einschätzen, dachte James bedrückt. Sonst würde sie nicht so gelassen bleiben. Sie hatte Hilda in die Schranken gewiesen – ausgerechnet sie! Wie er die alte Frau kannte, würde sie dafür sorgen, dass in kürzester Zeit auch all diejenigen von seiner Heirat erfuhren, bei denen Orvie noch nicht die Runde gemacht hatte. Hilda
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