HISTORICAL Band 0272
würde die Leute gegen Susanna aufwiegeln. Alle, alle würden heute noch nach Galioch kommen. Aber nicht, um Hochzeit zu feiern, sondern um gegen Susanna, die hochnäsige Engländerin, in den Krieg zu ziehen.
Verflixt. Ich werde ein Machtwort sprechen müssen. Obwohl es nicht das erste Mal war, dass James nur durch seine Stellung als Führer des Clans die Menschen in der Umgebung zu etwas bewegen konnte, spielte er nur ungern seinen Rang gegen sie aus. Die meisten seiner Pächter kannte er seit seiner Kindheit – genauso lange wie sie ihn. Aber jetzt würde er Partei ergreifen müssen. Es war seine Aufgabe, dass die Leute Susanna den nötigen Respekt erwiesen, denn schließ lich war sie seine Frau. Wenn es Susanna nicht gelang, ihre Stellung als Herrin von Galioch einzunehmen – dann blieb ihnen nur noch Drevers. Aber Neuigkeiten verbreiteten sich in den Highlands wie Distelsamen mit dem Wind. Susanna würde in Drevers vor denselben Schwierigkeiten stehen wie hier, wenn sie sich nicht Respekt verschaffen konnte.
„Nein, nicht alle sind so temperamentvoll. Hilda ist etwas Besonderes. Ruh dich ein wenig aus. Ich muss noch etwas erledigen“, versuchte James Susanna zu beschwichtigen, bevor er das Zimmer seiner Mutter verließ und sie allein zurückließ.
Aber ebenso sehr wie Susannas aggressives Auftreten verunsicherte ihn die Tatsache, dass sie ihn Hilda gegenüber in Schutz genommen hatte. Was sollte er davon halten? Hat sie mich verteidigt oder meinen gesellschaftlichen Status?
Ich habe immer gedacht, ich würde mich mit Frauen auskennen, dachte James wehmütig und seufzte innerlich. Doch meine Ehefrau ist ein Mysterium für mich. Vielleicht sollte er Susanna davor warnen, den Leuten in der Gegend so herablassend gegenüberzutreten. Doch wie sollte er ihr das sagen, ohne sie vor den Kopf zu stoßen?
Langsam stieg er über die Wendeltreppe nach unten. Er hätte voraussehen müssen, dass es Probleme geben würde, wenn er eine Engländerin heiraten würde. Angesichts dessen, wie schnell Hilda marschieren konnte, blieb ihm weniger als eine Stunde Zeit, um sich innerlich für das zu wappnen, was bald auf ihn zukommen würde.
8. KAPITEL
Nervös harrte James in der großen düsteren Eingangshalle der Dinge, die kommen mochten. Susanna, die keine Ahnung von der Aufregung hatte, die ihre Anwesenheit auslöste, war immer noch oben. Er hatte ihr die in Zeitungspapier eingeschlagenen Reste ihrer letzten Mahlzeit gebracht, Käse und Brot, das sie beim letzten Halt gekauft hatten, und dazu ein Glas stark verwässerten sauren Wein gereicht. Obwohl er Susanna empfohlen hatte, sich ein wenig hinzulegen, hatte sie sich geweigert, und nun war sie dabei, ihre Reisekoffer auszupacken.
Ich muss noch Küchenpersonal für sie einstellen, dachte James, während er unruhig durch die stille, düstere Halle schritt. Ja, es würden Veränderungen nötig sein – Susanna sollte sich schließlich hier wohl fühlen. Für die Sauberkeit in Galioch hatten in seiner Abwesenheit bislang die Pächtersfrauen gesorgt. Aber abgesehen von den Betten in seinem und im Zimmer seiner Mutter, ein paar alten Truhen und billigen Schemeln war die Burg fast unmöbliert. Und er hatte weder eine Köchin noch eine Spülmagd. So lange Susanna nicht von seinen Leuten akzeptiert wurde, konnte er sie außerdem schlecht allein zurücklassen, um die Angelegenheiten in Drevers zu regeln.
Es ist zu gefährlich, wenn ich sie mitnehme, dachte er. Mr. Colin, der Verwalter von Drevers, würde mit Sicherheit nicht freiwillig gehen. James kannte ihn nur zu gut, um zu wissen, dass dieser Mann sich nach den langen Jahren, in denen er dort frei schalten und walten konnte, als Besitzer von Drevers wähnte. Eastonby hatte ihn viel zu lange unbeaufsichtigt gelassen. James seufzte, ging durch den Windfang nach draußen und blickte hinaus auf die grandiose Berglandschaft um Galioch. Da – kleine Trupps von Menschen kamen auf den sich durchs Heidegras schlängelnden Wegen auf ihn zu! Trotz der großen Entfernung konnte James ihr Grölen hören. Die Bewohner der Cottages unterhalb der Burg kamen auch gerade aus ihren Häusern über die Heide, sprangen über die Zäune der kleinen Gemüsegärten und trampelten durch Margies kümmerliche Blumenbeete.
Alle kamen, Kinder wie Frauen und Alte. Die Leute wirkten so kraftvoll wie seit Jahren nicht mehr. James war das erste Mal froh, dass die meisten Männer nicht in Galioch arbeiteten, sondern anderswo ihr täglich Brot verdienen
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