HISTORICAL Band 0272
nicht …“ Besänftigend legte sie ihm eine Hand auf den Arm, die er unwirsch abschüttelte.
„James … ich wollte dir doch nur behilflich sein!“
„Mein Gott! Selbst wenn – es ist kein angenehmes Gefühl für einen Mann, von der Geldbörse seiner Frau abhängig zu sein! Aber das wirst du wohl kaum verstehen!“
Susanna konnte sich eine harsche Replik nicht verkneifen: „Du weißt doch ganz genau, dass das Geld, das ich für die Sachen zahlen musste, nicht mir, sondern meinem Vater gehört! Eine Frau hat kein eigenes Geld, sie kann darüber einfach nicht selbst verfügen! Selbst wenn ich irgendeine bezahlte Stellung als Gouvernante oder Gesellschafterin annehmen würde – das Einzige, was eine Dame von Stand tun kann –, so wäre es wieder ein Mann, von dessen Geldbeutel ich abhänge. Ich wäre immer noch auf die Gnade meines Arbeitgebers angewiesen, der mir den Lohn zahlt. Und ich wäre vielleicht gezwungen, irgendetwas wirklich Sündhaftes zu tun, nur damit mir der Lohn für meine ehrliche Arbeit auch ausgezahlt wird … Egal – ob du es nun glaubst oder nicht, James, ich weiß durchaus, dass es nicht angenehm ist, finanziell von anderen abhängig zu sein. Dir gefällt es also genauso wenig wie mir, auf die Großzügigkeit anderer angewiesen zu sein. Gut. Aber schließlich zehren wir beide von unserem Erbe. Du hast dir Galioch ja auch nicht verdient!“
Verständnislos starrte James Susanna an. Sie meinte offenbar ernst, was sie da sagte. Aber was hatte ihre Rolle als Frau mit der Situation zu tun, in der er sich befand? Nichts! Gar nichts! Und wieso kam sie auf sein Erbe zu sprechen? Und doch …
„Ich denke später darüber nach“, meinte er immer noch wütend. „Lass mich jetzt besser ein paar Minuten in Ruhe, ja?“
Ärgerlich sah er aus dem Fenster. Aus den Augenwinkeln heraus konnte er sehen, dass sie sich ein Lächeln verkniff. Sie hatte ihren Willen durchgesetzt und war offenbar sehr mit sich zufrieden.
„Mal abgesehen von meinem Stolz“, erklärte er mit neu entfachtem Zorn, „ich hätte bestimmt die Preise herunterhandeln können. Darin hab ich Erfahrung, ganz im Gegensatz zu dir. Ich weiß, was bestimmte Dinge wert sind.“
„Beim nächsten Mal zeigst du mir eben, wie man feilscht. Wir werden sicher noch mehr brauchen als das, was ich bestellt habe.“
„Vielen Dank, Euer Wohlgeboren, dass Sie mir freie Hand lassen!“
„Gern geschehen“, entgegnete sie, während sie ihn zaghaft anlächelte. „Aber nun sag mir endlich, wer der Mann ist, der uns entgegenläuft. Er sieht aus, als würde er jeden Moment vor Erschöpfung zusammenbrechen.“
„Der da draußen? Das ist Orvie.“
„Ist er verrückt, so zu rasen?“
„Manche behaupten, dass er verrückt ist“, gab James zu.
„Er ist ein Irrer?“, hakte sie nach. Ihre Besorgnis verwandelte sich in Furcht.
„Orvie ist ein großes Kind. Er ist nicht gefährlich.“ Er nahm seinen Spazierstock, klopfte an die Decke der Kutsche und setzte sich neben Susanna. Als die Kutsche abrupt anhielt, wandte er sich an seine Frau. „Er wird mitfahren wollen. Ich hoffe, es macht dir nichts aus.“
Bevor sie antworten konnte, erschien Orvies Gesicht im Fenster. „James! Wo bist du gewesen?“
„In der Stadt, Orvie. In Edinburgh.“ James öffnete die Tür. „Nun komm schon rein. Ich helfe dir.“ Er griff nach der großen Hand, die ihm entgegengestreckt wurde, und zog Orvie in den Wagen. Die Kutsche schwankte bedenklich, als sich der junge Mann auf der gegenüberliegenden Kutschbank niederließ.
James klopfte erneut mit dem Spazierstock an die Decke, und die Kutsche machte wieder Fahrt. „Orvie, das ist meine Frau, Lady Susanna.“
„Haben Sie Kinder?“, fragte er und warf ihr einen kurzen Blick zu.
Susanna holte tief Luft. Was sollte sie auf eine solche Frage antworten? „Nein“, entgegnete sie knapp.
„James mag Kinder“, erklärte Orvie bestimmt. „Wir haben jetzt zwei Dutzend in Galioch. Das sind dann insgesamt, hmm, sechsundzwanzig. Das stimmt doch, James?“ Er starrte auf seine Finger.
„Vierundzwanzig“, korrigierte ihn James.
„Aber Margie hat Zwillinge!“, argumentierte Orvie.
„Dann sind es doch sechsundzwanzig. Sehr gut, Orvie!“
Orvie war ein Riese von einem Mann, fast so groß wie James selbst. Sein merkwürdiger Gang und die vielen schlecht sitzenden Schichten von Kleidung, die er übereinander trug, ließen ihn wie einen fetten alten Mann wirken, obwohl er lediglich stämmig war. Obwohl er
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