HISTORICAL Band 0272
Bohnen kommen lassen.“ Vielleicht konnte James so erst einmal die Lage sondieren, bevor er irgendetwas von Wert riskierte.
„Nein, mach dir keine Mühe“, bat James sie. „Es ist ja nicht so, dass wir arme Leute wären. Wir werden richtig spielen oder gar nicht.“ Seine Blicke sagten Susanna, dass es besser wäre, nicht weiter zu protestieren. „Wollen wir uns nach drüben begeben?“
Fowler sprang auf. „Gerne! Ich habe die Karten oben im Koffer. Ich bin gleich wieder da.“ Er eilte davon.
„Und ich“, meinte Miranda heiter, „werde uns beiden ein Gläschen Sherry einschenken.“
„Es ist doch keiner mehr da“, erinnerte Susanna sie. „Wir haben die Flasche gestern zusammen geleert.“
„Aber nicht doch! Gestern Nachmittag habe ich mich ein wenig bei euch umgesehen. Rate mal, was ich entdeckt habe: Wenn man durch die Küche geht, kommt man in einen Kühlraum. Und von dem führt eine Tür direkt in einen wunderbaren alten Weinkeller. Er ist natürlich nicht überfüllt, aber er ist auch nicht leer. Und du Arme hattest die ganze Zeit keine Ahnung davon, was in deinen Kellern für Schätze liegen … Gleich morgen machen wir eine Erkundungsreise zusammen.“ Sie schüttelte nachsichtig den Kopf, als ob sie nicht glauben könnte, wie unbedarft ihre Gastgeberin war. Mit einer lässigen Handbewegung schritt sie ihnen voraus in das Aufenthaltszimmer.
„Und ich Arme hatte die ganze Zeit keine Ahnung“, äffte Susanna sie leise nach und verdrehte die Augen. „Ich hätte mir denken können, dass sie die Alkoholika riechen würde.“ Susanna hatte sich große Mühe gegeben, den Keller vor Miranda geheim zu halten. Frustiert sah sie zu James hoch.
Er beugte sich zu ihr hinunter. Susanna dachte einen Moment lang, er wolle sie küssen, doch James flüsterte ihr ins Ohr: „Wenn ich dir zublinzle, musst du sofort alles tun, um Miss Durston abzulenken – und am besten auch Mr. Fowler, wenn du kannst, ja?“
Susanna nickte erstaunt, erwiderte aber nichts. Was hatte James wohl vor? Sie folgte ihm ins Nebenzimmer.
Dort rückte James den hübschen dreibeinigen Kartentisch, der sonst mit zusammengeklappter Platte an der Wand stand, in die Mitte des Aufenthaltsraums. Susanna zog vier Stühle heran und blieb unschlüssig vor dem Tisch stehen. Miranda, die vier Gläser mit Sherry füllte, lächelte ihr zu.
Bald stieß Mr. Fowler zu ihnen. Triumphierend schwenkte er ein Kartenspiel durch die Luft und warf es auf den Tisch. Dann zog er ein kleines Heft und einen Bleistift zum Notieren des Spielstands aus seiner Westentasche und legte beides neben die Karten. Die Karten sahen sehr teuer und elegant aus. Sie hatten vergoldete Ränder und waren auf der Rückseite mit einem eleganten Paisley-Muster verziert. Andächtig strich James über die oberste Karte.
„Sehr schöne Karten haben Sie da, Mr. Fowler. Ich darf sie doch abzählen?“, fragte er höflich und sah seinen Gast fragend an. „Es wäre schade, wenn gleich das erste Spiel nicht aufgeht, nur weil ein oder zwei Karten fehlen.“
Der junge Mann nahm die Karten lässig auf, ließ sie mehrmals durch die Hände gleiten und händigte sie James aus. „Wie Sie wollen – aber ich bin mir sicher, dass keine Karte fehlt.“
Susanna hätte jede Wette abgeschlossen, dass das stimmte. Zumindest jetzt, nachdem Mr. Fowler die Karten noch einmal gemischt hatte. Es wirkte fast, als hätte er ein oder zwei Karten im Ärmel versteckt gehabt … Sie war beunruhigt.
Verlegen sah James seinen Gast an. „Trinken Sie doch ein Glas, während ich zähle“, meinte er unsicher. „Ich mache das nicht zum ersten Mal, wissen Sie.“
Seine Worte erweckten genau den gegenteiligen Eindruck. James wirkte in diesem Moment wie der sprichwörtliche Junge vom Land. Tölpelhaft sortierte er die Karten nach ihrem Wert und ihrer Farbe und legte sie in kleinen Stapeln vor sich auf dem Spieltisch ab. Mr. Fowler sah ihm ungeduldig dabei zu und nippte hektisch an seinem Sherry. Das alles ging ihm offensichtlich viel zu langsam.
„Kann ich Ihnen nachschenken?“, fragte Susanna ihren Besucher und füllte sein Glas. „Sie sind wohl ein sehr erfahrener Spieler?“, erkundigte sie sich beiläufig. Sie wollte sich nicht eingestehen, dass sie selbst immer nervöser wurde, als sie sah, wie ungeschickt James mit den Karten hantierte. Hoffentlich, hoffentlich kann er seine Fähigkeiten richtig einschätzen, dachte sie besorgt.
„Ob ich ein erfahrener Spieler bin? Nun ja, ich spiele hin und
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