HISTORICAL Band 0272
Kuchen und Kekse auf dem gedeckten Teetisch mit begehrlichen Augen betrachtete. Bei Evas Eintreten erhob er sich wohlerzogen vom Sofa.
„Wenn Sie uns nun den Tee bringen wollen, Grimstone, dann wäre ich Ihnen dankbar.“ Der Butler zog sich mit einer Verneigung zurück. „Wo ist Mr. Ryder?“ Eva setzte sich Freddie gegenüber auf einen Stuhl.
„Er ist gegangen. Darf ich mir einen Keks nehmen, Mama?“ Sie nickte zerstreut und griff nach der Serviette, während der Diener Tee und Sahne auf einen kleinen Tisch neben sie stellte.
„Wohin denn? Danke, Grimstone, das wäre alles.“ Sie wollte nicht im Beisein der Dienstboten über Jack reden.
„Das weiß ich nicht. Ach ja. Er bat mich, ihn bei dir zu entschuldigen und …“ Freddie zog die Stirn kraus und überlegte. „Er sagte noch, ich dürfe nicht vergessen, dir mitzuteilen, dass es besser sei, wenn er jetzt gehen würde, denn sein Auftrag sei erledigt, zudem würde er Schwierigkeiten vermeiden wollen. Und dann meinte er noch, dass du an ihn denken sollst, wenn du mal wieder einen bösen Traum hast.“ Freddie steckte sich den Keks in den Mund und verspeiste ihn genussvoll. „Mama, glaubst du, dass er damit zum Ausdruck bringen wollte, er würde nicht mehr wiederkommen? Vorhin habe ich mir nichts dabei gedacht, aber jetzt …“
„Sprich bitte nicht mit vollem Mund“, sagte Eva geistesabwesend. „Ja, ich denke, dass Mr. Ryder nicht ein weiteres Mal dieses Haus betritt.“ Er war einfach gegangen, ohne ein Wort des Abschieds, ohne einen letzten Kuss. Ihr blieb nur die Erinnerung an seinen Händedruck, als sie zu dritt in der Halle gestanden hatten, und das Wissen, dass sie ihn für den Rest ihres Lebens lieben und sich nach ihm sehnen würde.
„Das ist aber schade.“ Freddie nahm sich ein Stück Kuchen und legte es auf seinen Teller. Als er den Blick hob und Eva ansah, glänzten seine Augen feucht. „Ich mag ihn. Er wird mir fehlen.“
„Du kennst ihn doch kaum“, sagte Eva gefasst. Wieso war Freddie darüber so traurig?
„Das stimmt nicht. Ich kenne ihn gut. Er hat mich dreimal in Eton besucht, und wir haben lange miteinander geredet. Er wollte alles über die Burg wissen und über meine Onkel und über dich. Ich sagte ihm, dass ich mich nicht mehr gut an Maubourg erinnere, aber er meinte, ich sei klug, und wenn ich mich bemühe, würde mir vieles wieder einfallen – und so war es auch. Das war richtig spannend. Er gab mir zu verstehen, dass ich ihn richtig gut auf seine Aufgabe vorbereitet hätte, und er versprach, mir verschlüsselte Nachrichten zu schicken. Das hat er dann auch getan.“
„Das hat er gemacht? Wie denn?“ Wieso hatte Jack ihr das verschwiegen? Sie hätte Freddie doch auch schreiben können.
„Die Nachrichten kamen über seine Agenten beim Außenministerium an. Und als der erste Brief eintraf, schickten sie Grimstone zu mir nach Eton, mit dem Auftrag, bei mir zu bleiben. Es heißt zwar, er ist ein Butler, aber ich glaube, er ist in Wahrheit ein Leibwächter, meinst du nicht auch, Mama? In der ersten Nachricht schrieb Mr. Ryder, ich sei in Gefahr und soll gut auf mich aufpassen. Grimstone begleitete mich dann auf Schritt und Tritt. Anfangs hänselten meine Schulkameraden mich ein bisschen, aber als Grimstone ihnen Boxunterricht gab, hörten sie damit auf.“
„Wieso hat er dich so beunruhigt?“ Eva stellte die Kanne mit Tee so heftig ab, dass ihr Inhalt aus der Tülle schwappte. „Wenn ich gewusst hätte, dass er dir schreibt, hätte ich dir auch ein paar Zeilen hinzugefügt.“
„Mr. Ryder sagte, die Nachrichten dürften nur sehr knapp sein, und du würdest nicht wollen, dass ich über alles Bescheid wüsste, das würde dich nur unnötig aufregen. Aber Mr. Ryder war der Meinung, ich sei alt genug, um das zu verstehen, und es würde Zeit, dass ich selbst auf mich aufpasse. Bist du böse, Mama?“
„Ja, das bin ich.“
„Aber er hat doch recht, nicht wahr? Es war alles ziemlich gefährlich. Ich glaube nicht daran, dass Onkel Petz nur krank war. Ich glaube, jemand hat versucht, ihn zu vergiften – so wie man mich mit dem Pilzgericht töten wollte.“
„Freddie!“
„Dahinter steckt mit Sicherheit Onkel Ratte, stimmt’s? Er ist ein Anhänger Bonapartes.“ Freddie sah sie ernsthaft an, während er sein zweites Stück Kuchen verspeiste.
„Ja, Freddie. Ich wollte dir das sagen, aber nicht alles auf einmal. Ich fürchte, dein Onkel Antoine war sehr unvorsichtig. Er ist vielleicht verletzt worden.“
„Mr.
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