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HISTORICAL Band 0272

HISTORICAL Band 0272

Titel: HISTORICAL Band 0272 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LYN STONE LOUISE ALLEN
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verlassen, war ihm ebenso vertraut wie die Jagd. Mit dem Unterschied, dass er weder Jagd auf sie gemacht noch sie verführt hatte, was ihm mühelos gelungen wäre.
    „Wie spreche ich dich an, jetzt da wir in England sind?“, fragte sie nun. „Als Mr. Ryder oder Lord Sebastian?“
    „Ich bin Jack Ryder. Wie ich schon sagte, mein Alter Ego wirst du nie kennenlernen.“
    „Wirst du denn nicht von den höchsten Kreisen eingeladen?“
    „Der Sohn eines Dukes verkehrt selbstverständlich in der besten Gesellschaft, wobei fürsorgliche Mütter ihre Söhne davor warnen, sich nicht mit mir an den Kartentisch zu setzen, und ihre Töchter, mir keine schönen Augen zu machen. Ich ziehe es lediglich vor, diese Einladungen nicht wahrzunehmen, so einfach ist das.“ Er blickte wieder aus dem Wagenfenster. „Und schon sind wir in Greenwich. In etwa einer Stunde fahren wir an deinem Londoner Haus vor.“
    Eva seufzte. Selbst wenn sie ihn jetzt noch umstimmen könnte, wäre es zu spät, um weiter nach Eton zu reisen – sie müssten dazu quer durch London fahren, um die Straße nach Windsor zu erreichen.
    „Seufze nicht, es ist ein sehr hübsches Haus.“
    „Woher willst du das wissen?“ Eva setzte sich wieder aufrecht hin und angelte nach ihren Schuhen. Es war an der Zeit, sich wieder zu benehmen wie die Repräsentantin eines Herzogtums, die in einem fremden Land zu Gast war, nicht wie eine besorgte Mutter oder eine liebende Frau mit wundem Herzen.
    „Ich habe es ausgesucht.“
    „Wirklich? Du scheinst vor deiner Abreise an alles gedacht zu haben.“
    „Nun ja, ich habe es vor einiger Zeit gekauft. Meine Wohnung bei Albany fand ich in letzter Zeit etwas beengt. Aber ich habe es nicht eilig, dort einzuziehen. Auf die Dienstboten ist Verlass, jeder einzelne wurde vom Außenministerium für solche Eventualitäten auf Herz und Nieren geprüft.“
    „Dann hast du noch nie in diesem Haus gewohnt?“
    „Nein.“
    Das wenigstens war ein Segen. Der Gedanke daran, in Jacks vertrauter Umgebung zu wohnen und an seinem Alltagsleben teilzunehmen, wäre ihr unangenehm gewesen. Sie begann nun über Banalitäten und den Londoner Gesellschaftsklatsch zu plaudern, und die letzte Stunde der Reise verlief einigermaßen angenehm. Sie hatte das eigenartige Gefühl, als liefe sie mit Jack unbeschwert Schlittschuh auf einem zugefrorenen See, während sich unter der Eisfläche die Schatten von Haifischen zeigten.
    „Da wären wir.“ Jack öffnete den Wagenschlag, sprang auf den Gehsteig, klappte das Treppchen herunter, ehe die Kutscher von ihrem Gefährt gestiegen waren. Sie legte ihre Hand in Jacks Armbeuge und schritt an seiner Seite die Stufen hinauf zur Haustür, die in der Nachmittagssonne dunkelgrün glänzte. Er war im Begriff, den Messingklopfer zu bedienen, als die Tür bereits aufschwang.
    „Herzlich Willkommen, Ihre Königliche Hoheit.“ Ein hünenhafter Butler mit eingeschlagener Nase wie ein Preisboxer, wie sie erschrocken feststellte, trat höflich beiseite und bat das Paar hinein.
    Auf den schwarz-weißen Marmorfliesen der Eingangshalle stand ein kleiner Junge, langbeinig und mit dunklem Lockenkopf. Erwartungsvoll blickte er ihr mit großen braunen Augen entgegen. Einen Moment blieb sie in ihrer Fassungslosigkeit wie gelähmt stehen. Und dann stürmte Eva los, sank auf die Knie und schlang die Arme um ihren Sohn. „Oh mein Gott, Freddie, du bist hier!“

19. KAPITEL
    „Mama!“ Freddie umarmte sie stürmisch und erdrückte sie beinahe. Er war nicht mehr der kleine Junge von damals, sondern schon etwas schlaksig und aufgeschossen. Man ahnte bereits, dass er zu einem stattlichen jungen Mann heranwachsen würde. Eva schwor sich in diesem Moment, dass sie sich nie wieder unter Zwang von ihm trennen würde. Nie wieder! Widerstrebend löste sie die Umarmung und strahlte ihren Sohn, auf den Fersen kauernd, überglücklich an.
    „Du bist groß geworden“, brachte sie mit belegter Stimme hervor. „Beinahe erwachsen.“
    „Nun, an dem lausigen Essen kann es wohl nicht liegen“, gestand er und verblüffte seine Mutter mit seinem lupenreinen Englisch. „Aber ich versorge mich mit Leckereien aus der High Street – Onkel Petz ist sehr großzügig mit Taschengeld, aber das weißt du ja.“ Er betrachtete sie aus ernsten Augen. „Du siehst genauso aus, wie ich dich in Erinnerung habe, Mama.“
    „Das freut mich, mein Engel“, sagte Eva und kämpfte mit den Tränen. „Und ich habe mich wahnsinnig über deine ausführlichen

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