Historical Band 298
aus?
„Vater?“
Duncan glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Beinahe versagte ihm die Stimme. Die Augen des alten Mannes, die immer noch hart blickten, waren bleigrau geworden wie das Moor von Alston.
Beide machten einen Schritt nach vorn.
„Wann wurdest du befreit?“ Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte.
„Vor etwa einem Monat.“
„Aber wie?“ Das Gold wog schwer wie Blei in seiner Tasche.
„Ich verkaufte die Herden“, sagte Michael. „Rinder, Ziegen, alles eben.“
Duncan sah sich in dem leeren Hof um. Keine blökenden Schafe, schwer tragend an den Lämmern, die bald auf die Welt kommen würden. Kein Geruch nach feuchter Schafswolle im Turm.
Sie hatten alles gegeben, was sie besaßen. Und jetzt war er es, der etwas besaß. „Ich bin zurückgekommen, um euch zu retten.“
„Aber du bist ein Master.“ Sein Vater sah ihn fragend an. „Du hast Wichtigeres zu tun.“
„Nichts ist wichtiger als meine Familie.“
„Heißt das, du willst hierbleiben?“ Lag da ein Hauch von Hoffnung in der Stimme seines Vaters?
Duncan sah zu Jane. In ihrem Blick lag Beständigkeit und Mut, aber er würde keine Versprechungen machen, ohne zu wissen, wie es ihr hier ergehen würde.
Oder ihm.
„Bis mein Kind geboren ist.“
Keiner sagte etwas. Die beiden Männer betrachteten Jane genauer und sahen erst jetzt, dass in den Männerkleidern eine Frau steckte. „Das ist meine Ehefrau Jane“, sagte Duncan.
Und wartete.
Ein Wort gegen sie, und er würde jeden mit seiner gesunden Hand niederschlagen. Danach würde er gehen und nie wiederkommen.
Seine Mutter und Michaels Frau traten jetzt aus dem Schutz des Turms und kamen in den Hof.
Der Wind pfiff um die Ecken des Turms und blähte ihren Mantel, als Jane auf Duncans Vater zuging. Groß, blond und schlank stand sie da und streckte ihm die Hand entgegen. „Es ist mir eine Ehre, Euch kennenzulernen.“
Sein Vater neigte verwirrt den Kopf. „Was hast du mir da gebracht, Sohn? Einen Mann oder eine Frau?“
Duncan stellte sich hinter sie und legte ihr die gesunde Hand auf die Schulter. „Sie ist mehr als eine Frau, Vater. Sie will mich nehmen, wie ich jetzt bin.“ Er hob die rechte Hand. Mehr Worte brauchte es nicht. „Und sie war bereit, mit mir zu gehen, als ich mich im Austausch für dich den Schotten als Geisel anbieten wollte. Ich werde stolz sein, wenn sie mein ganzes Leben lang an meiner Seite bleibt.“
Sein Vater blickte auf seine leeren Hände. „Wir können euch nicht viel anbieten.“
Duncan erkannte die Scham in seinem Blick. Er hatte sie selbst empfunden. „Aber wir haben euch etwas anzubieten.“ Er zog den Geldbeutel hervor. „Das sollte dein Lösegeld sein. Stattdessen kannst du dafür jetzt Schafe, Ziegen, Pferde und Korn kaufen. Was immer ihr braucht.“
Sein Vater sah ihn an. Für Fragen und Antworten würde später Zeit sein. Jetzt las Duncan in den Augen seines Vaters den Respekt, auf den er ein Leben lang gewartet hatte.
Und sogar so etwas wie Liebe.
„Mehr als eine Frau, was?“ Der Alte ergriff Janes Hand. Da kamen die Frauen angerannt, mit Kindern, die sich an ihre Röcke klammerten. Sie drückten Duncan heftig an sich und umarmten Jane kichernd.
Duncan und sein Vater sahen sich an. Und endlich umarmten auch sie sich.
„Dann passt sie zu dir, Sohn.“
Es war Zeit, neu anzufangen.
November 1389
Als er Jane schreien hörte, begann er zu laufen.
Er warf den Stab auf die Weide und rannte einfach los. Die Straße entlang, in den Turm und die Treppe hinauf, immer den Schreien nach. Sie kamen pausenlos, als würde sich das Kind mit Zähnen und Klauen den Weg aus Janes Bauch bahnen.
Außer Atem blieb er mit seinem Korb voll Kräuter, Scheren und Garn vor der Tür zur Geburtskammer stehen. Seit Langem hatte er sich hierauf vorbereitet.
Seine Mutter versperrte ihm die Tür. „Gebären ist Frauensache.“
Er runzelte die Stirn. „Meine Frau hat unter Scholaren gelebt und Latein studiert. Und sie hat einen Mann, der sehr gut dabei helfen kann, sein eigenes Kind auf die Welt zu bringen.“
Sie hob die Augenbrauen und trat kopfschüttelnd beiseite. Seine Familie hatte endlich gelernt, nicht mit Duncan und seiner widerspenstigen Frau zu streiten.
Jane lächelt ihm entgegen. Er ergriff ihre Hand, versuchte, sie mit seinen zerschlagenen Fingern zu drücken, die sich immer noch nicht biegen lassen wollten. „Ich bin hier, meine Liebste, ich und meine gute Hand.“
Liebevoll betrachtete er Janes schweißnasses Haar
Weitere Kostenlose Bücher