Historical Band 303
genügte, um ihr rastloses Verlangen nach ihm noch mehr zu steigern.
Mitten in der Nacht war sie dann erwacht. Bram hatte neben ihr gelegen und mit offenen Augen zur Decke gestarrt.
Wie konnte jemand ein Leben mit so wenig Schlaf aushalten? Kein Wunder, dass sein Geist immer noch in Gefangenschaft verharrte.
Sie war eine Frau, für die es normal war, sich um andere zu kümmern. Auf Ballaloch und Callendon hatte sie dafür gesorgt, dass jedermann genug zu essen bekam und erhielt, was er brauchte. Keiner hungerte, wenn sie es verhindern konnte.
Aber Brams Bedürfnisse gingen darüber hinaus. Er war nicht der Mann, den sich mit einem guten Essen und einer weichen Matratze zufriedengab.
Aber er braucht dich, meldete sich ihre innere Stimme. Sie wollte den Mann kennen lernen, der sich hinter Brams schroffen Zügen verbarg. Die Narben verrieten, dass er genug Mut besaß, um zu überleben. Hätte sie das Gleiche ertragen müssen, sie hätte schon im ersten Jahr aufgegeben.
Er nicht. Er hatte mehr auf sich genommen, als ein Mensch aushalten sollte. Und wenn sein Gesicht auch von einer tiefen Trostlosigkeit, von jahrelanger Müdigkeit geprägt war, so las sie auch eine eiserne Entschlossenheit darin.
Er liebte seinen Bruder und würde ihn nie im Stich lassen. Sie verstand diese Treue und respektierte sie.
Aber würde er die gleiche Treue in ihrer Ehe aufbringen, wenn er herausfand, dass sie keine Kinder bekam? Schon jetzt machte es ihm zu schaffen, dass sie keine Jungfrau mehr war. Die heimliche Eifersucht in seinen Augen und seine Angespanntheit waren ihr nicht entgangen.
Und Bram war nicht wie Iver. Er wollte sie verführen, wollte sie mit seinen Küssen, die ihr den Verstand raubten, aus der Reserve locken. Selbst gestern Nacht, als sie neben ihm schlief, hatte sie seine Wärme genossen – wie er sie an sich gezogen und sein Gesicht in ihren Haaren vergraben hatte.
Iver hatte sich nicht lange mit irgendwelchen Zärtlichkeiten aufgehalten. Er hatte sie einfach genommen und seine Pflicht erfüllt. Bei Bram, das spürte sie, erwartete sie viel mehr.
Sie versuchte, die Vorfreude beiseite zu schieben. Heute musste sie mehr über den MacKinloch-Clan erfahren und herausfinden, wie sie sich hier am besten nützlich machen konnte.
Sie schlenderte durch Glen Arrin und sah sich alles an. Die Burg trug unübersehbare Zeichen der Vernachlässigung. Warum rührte keiner eine Hand, um den Abfall fortzuräumen oder die verrotteten Balken zu ersetzen? Als würde es keinen kümmern, als würde niemand mehr einen letzten Rest von Stolz sein Eigen nennen. Nicht nur die Burg, auch die Menschen hier strahlten etwas Müdes aus.
Während sie wieder zum Wohnturm zurückging, fühlte sie die Augen der anderen auf sich, die sie anstarrten, als wäre sie eine Kuriosität. Gewiss, alle waren höflich zu ihr. Trotzdem hatte sie ein unangenehmes Gefühl.
Etwas stimmte nicht auf Glen Arrin, aber sie wusste nicht, was. Es war etwas jenseits der Armut. Mit zu Schlitzen verengten Augen suchte sie nach dem Grund ihres Missbehagens.
Während ihr Blick über die verschiedenen Clansleute glitt, die bei ihrer Arbeit waren, ihr Stück Land bestellten oder anderen Pflichten nachgingen, erkannte sie plötzlich glasklar, was das Problem war.
Es gab keine Frauen und Kinder auf der Burg. Nirgendwo.
Nairna versuchte, ruhig zu bleiben, aber sie war vom Schock wie betäubt. Wo konnten sie nur sein? Waren sie irgendwo an einem anderen Ort? Vielleicht nicht weit von hier in einer anderen Burg?
Oder war ihnen etwas zugestoßen?
7. KAPITEL
N achdem er geklärt hatte, wo er und Nairna wohnen würden, setzte Bram sich zu Alex und Ross, die sich bereits überlegten, wie sie Callum aus dem englischen Gefängnis befreien wollten. Die ganze letzte Stunde schon diskutierten sie darüber, wie sie es machen wollten: ob mit List oder mit Gewalt.
Ihm war es egal. Solange sie nur Callum befreiten, spielte alles andere keine Rolle. Ihre Worte wurden nach und nach zur reinen Geräuschkulisse, Strategien verschwammen, bis Bram nicht mehr hörte, was sie sagten.
Stattdessen beobachtete er Nairna. Vom Eingang aus konnte er sie über den Burghof gehen sehen. Ihr Gesicht wirkte betroffen, als könnte sie nicht verstehen, was mit Glen Arrin passiert war.
Mit jedem Schritt, den sie tat, bückte sie sich, um Ordnung zu schaffen. Da hob sie einen umgefallenen Topf auf, dort griff sie nach einem Besen und kehrte den Eingang.
In der nächsten Stunde nahm sie sich den
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