Historical Band 303
murmelte er und drehte ihr den Rücken zu. Wenn er doch nur seinen Körper besser beherrschen könnte!
Er starrte durch die schmalen Ritzen zwischen den Balken und spürte Nairnas warme Brüste, die sich an seinen Rücken schmiegten. Sie legte den Arm um seine Taille, und er unterdrückte das instinktive Verlangen, sie in die Arme zu nehmen.
Bevor er seine Beherrschung nicht wiederfand, durfte er sie nicht lieben. Er wollte nicht riskieren, sie zu verletzen.
Er würde es sich nie verzeihen, wenn er wieder dem Wahnsinn verfiele.
Das Seil zog sich um seinen Hals zusammen, die Hanffasern schürften die Haut blutig. Bram verschwamm die Sicht, als sie ihn würgten. Und obwohl er sich mit aller Kraft gegen die Soldaten wehrte, versank er am Ende in der Dunkelheit. Er kämpfte gegen den herannahenden Tod, zwang sich, am Leben zu bleiben. Er musste es, um Callums willen. Seit etlichen Wochen sprach sein Bruder nun schon kein Wort mehr und schien in einer eigenen Welt des Wahnsinns versunken zu sein.
Bram trat mit aller Macht zu. Der Soldat taumelte und fiel. Luft drang wieder in seine Lungen, und er wurde fast ohnmächtig, während er um Atem rang.
Ein Kampfstock traf seine Schulter. Bram knirschte mit den Zähnen, als der Schmerz durch seine Muskeln jagte und das Holz sie zerquetschte. Die ganze Zeit hörte Callum nicht auf, ihn anzustarren. Sein Bruder war erst zwanzig Jahre alt und in Gefangenschaft, seit er dreizehn war. Zu jung, um Zeuge von so viel Schmerz und Horror zu sein.
Als die Soldaten aufhörten, auf ihn einzuprügeln, schmeckte Bram Blut. Mühsam kroch er durch den Dreck und kauerte sich zu Füßen seines Bruders. Er versuchte, den Schmerz zu verdrängen und sich nur aufs Atmen zu konzentrieren. Ein Atemzug nach dem anderen. Die feuchte Erde kühlte sein Gesicht, und er fand tatsächlich die Kraft, den Kopf zu heben.
„Ich hole uns hier raus, Bruder. Das schwöre ich beim Leben unseres Vaters.“
Aber Callum antwortete nicht. Die Leere in seinen Augen sagte mehr als alle Worte.
Die Vision verschwand, und Bram starrte mit brennenden Augen in das graue Licht des Morgens. Er wusste nicht, ob er geträumt hatte oder ob Erinnerungen ihn gefangen hielten. Seine Muskeln waren steif und schmerzten.
Nairna neben ihm schlief tief und fest. Ihr langes Haar fiel über ihre Schulter. Bram betrachtete sie lange. Er war froh, sie bei sich zu haben, auch wenn das Leben im Augenblick nicht leicht war.
Langsam rückte er näher an sie heran, bis sie mit den Schultern an seiner Brust lag. Sie bewegte sich im Schlaf, aber dann kuschelte sie sich wieder an ihn. Die Brust wurde ihm eng, als er ihren weichen Körper fühlte. Die Wärme eines anderen Menschen zu spüren, war ein Genuss, den er lange entbehren musste. Aus Angst, sie zu wecken, drückte er sie nur ganz sanft an sich.
Sie fühlte sich nicht von ihm abgestoßen, wie er es eigentlich erwartet hatte. Und sie scheute auch nicht davor zurück, bei ihm zu liegen – stattdessen hatte sie ihn in die Arme genommen. Als könnte er sich so neue Kraft bei ihr holen, atmete er tief den zarten Duft ihrer Haut ein.
Aber eine Stimme in seinem Innern verspottete ihn dafür, dass er glaubte, er könnte eine Frau wie Nairna sein Eigen nennen. Du verdienst kein normales Leben. Und auch keine Frau, keine Familie. Nicht nach dem, was du Callum angetan hast .
Widerstrebend ließ er Nairna los und stand auf. Die Dämmerung war noch nicht angebrochen, aber er wusste, dass er keinen Schlaf mehr finden würde.
Am nächsten Tag bekam Nairna ihn vom Morgen bis zum Nachmittag kaum zu sehen. Sie hörte, wie er mit Alex darüber sprach, wie sie Callum retten konnten. Sie wusste aber nicht, wann sie aufbrechen wollten.
Glaubten die anderen wirklich, Bram könnte jetzt schon wieder gegen die Engländer kämpfen? Er hatte sich doch kaum von seiner Gefangenschaft erholt. Auch wenn seine schmale Gestalt durchaus Muskeln besaß, war er auf keinen Fall stark genug, seinen Feind zu besiegen.
In der Nacht hatte sie schlecht geschlafen, weil sie an ihn gedacht hatte. Er schien Lust gehabt zu haben, bei ihr zu liegen. Aber dann hatte er ohne jede Erklärung plötzlich das Liebesspiel abgebrochen. Ob sie ihn mit ihrem unbeabsichtigten Lachen gekränkt hatte? Vielleicht hatte sie auch etwas anderes falsch gemacht?
Lange Zeit hatte sie wach gelegen und sich nach ihm gesehnt. Sie erinnerte sich daran, wie es sich angefühlt hatte, als er die Hand zwischen ihre Beine schob. Der Gedanke allein
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