Historical Collection 04
beurteilt und ihn für oberflächlich und hohl gehalten, weil er so blendend aussah. Er war ja auch nie hier gewesen, um die Gerüchte aus London zu entkräften. Doch Killian Redbourne war in Wirklichkeit ganz anders.
Heute war er tatsächlich als Earl aufgetreten. Er hatte eine gerechte Lösung im Fall des Scheunenbrands gefunden, sich Zeit genommen und denen zugehört, die ihn brauchten. Stundenlang hatte er bei den Menschen gesessen und sich ihre Sorgen und Nöte angehört. Als er schließlich vom Tisch aufgestanden war, hatte er den Menschen neue Zuversicht gegeben. Die vorher mürrischen Gesichter schauten nun etwas hoffnungsvoller drein. Veränderung lag in der Luft.
Was bedeutete das für sie selbst? Er hatte dies alles allein zuwege gebracht und ihre Empfehlungen nicht gebraucht. Die Menschen akzeptierten ihn so, wie er war. Warum auch nicht? Er hatte in beeindruckender Weise das Kommando übernommen. Wann immer sie konnte, hatte sie ihn beobachtet, und war sehr stolz auf „ihren Mann“. Aber an dieser Stelle musste ihre Fantasie leider enden. Er war nicht ihr Mann . Niemals würde er ihr Mann sein. Auch wenn er früher einmal nur Geschäftsmann gewesen war, so war er nun ein Earl und gehörte der höchsten Gesellschaftsschicht an.
„Ich würde zu gern wissen, was du jetzt denkst“, erkundigte sich Rose vorsichtig. Sie waren fast zu Hause. Ihre eigenen Gedanken waren ihr unangenehm. Wie einfach es war, sich das Haus als ihr gemeinsames Zuhause vorzustellen! Es war nur ihr Zuhause, und das würde es noch sein, wenn er fort war.
„Ich denke an all die Dinge, die getan werden müssen.“
„Wofür?“ Rose fühlte sich, als hätte sie entscheidende Teile einer Unterhaltung nicht mitbekommen, als ob ihr wichtige Informationen fehlten.
„Um das Cider-Kartell aufzubauen, Rose.“ Er erklärte ihr im Detail, wie sie das ganze Jahr über den einheimischen Cider in die Städte bringen würden. „Wir werden wahrscheinlich sogar noch mehr Apfelbäume pflanzen müssen, um den Bedarf zu decken, wenn wir erst einmal im Geschäft sind.“
Die Begeisterung in seiner Stimme war nicht zu überhören, und Rose ließ sich davon anstecken. Sie fuhren in den Innenhof ein, dann sprang Killian vom Wagen und ging zu ihrer Seite herum, um sie herunterzuheben. Sie legte ihm die Arme um den Hals und küsste ihn auf den Mund. „Du bist grandios.“ Wenn Killian das Projekt leitete, würde es mit Sicherheit viel erfolgreicher verlaufen, als wenn die Farmer es allein versuchten.
„Das habe ich dir zu verdanken, denn du hast mich dazu inspiriert.“ Er zwinkerte ihr zu und stellte sie auf die Füße, hielt sie dabei aber immer noch an sich gedrückt, sodass sie seinen warmen Körper beruhigend und fest in der abendlichen Kälte spürte. „Rotes Gold hast du es genannt, und das wird der Name sein. Jetzt haben wir aber oben noch etwas Wichtiges von heute Morgen nachzuholen. Sollen wir?“
In dieser Nacht schwang ein Hauch seiner Begeisterung in ihrem Liebesspiel mit. Den Gedanken an eine trübselige Zukunft ohne Killian schob Rose fürs Erste beiseite und gab sich ganz der Leidenschaft hin. Ein Hoffnungsfunke war in ihr erwacht, dass das Kartell ihm einen Grund geben würde, hierzubleiben. Vielleicht musste sie sich ja doch nicht für immer von ihm verabschieden.
Wenn Rose ihn besser gekannt hätte, wäre ihr wahrscheinlich aufgefallen, dass Killian sie in dieser Nacht besonders eindringlich geliebt hatte. Vielleicht hätte sie begriffen, dass seine Leidenschaft nicht nur von der Begeisterung über seine Pläne kam, sondern weil der Abschied bevorstand.
Jedenfalls erlebte sie am nächsten Morgen eine herbe Enttäuschung.
Das Bett neben ihr war leer, als sie erwachte. Killian war schon mit einer Hose bekleidet und stand mit nacktem Oberkörper vor dem geöffneten Kleiderschrank. Er war damit beschäftigt, sorgfältig die Kleidungsstücke zusammenzufalten, die Dursley ihm gebracht hatte. Rose war noch verschlafen und brauchte einen Moment, bis ihr auffiel, dass dies kein Mann war, der unerwartet fortmusste, denn sonst würde er die Sachen wahllos in eine Tasche stopfen. Dieser Mann bereitete seine Abreise vor.
„Was tust du da?“, brachte sie mühsam hervor. Sie hatte nicht erwartet, so aufzuwachen, sondern hatte eigentlich einen gemütlichen Morgen im Bett verbringen und dort anknüpfen wollen, wo sie gestern Nacht aufgehört hatten, als sie eng umschlungen eingeschlafen waren.
Killian lächelte sie vom Schrank her
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