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Historical Collection Band 01

Historical Collection Band 01

Titel: Historical Collection Band 01
Autoren: MARGUERITE KAYE BRONWYN SCOTT MICHELLE WILLINGHAM ELIZABETH ROLLS
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des Abgrunds, der sie voneinander trennte. Auf der einen Seite stand er, der reiche Aristokrat, auf der anderen sie, die Tochter eines Schulmeisters und die Schwester eines Malers.
    „Da du immer noch seine Pinsel reinigst, nehme ich an, dass Lionel heute schon hier war“, sagte Everett.
    Sie zog die Hand zurück. Der Abgrund war unüberbrückbar. „Wenn man Pinsel nicht reinigt, werden sie unbrauchbar, Mylord.“
    Er runzelte die Stirn. „Er bringt Ihnen die benutzten Pinsel und geht dann wieder fort? Warum? Wollte er eine Begegnung mit mir vermeiden?“
    „Er … Er hatte andere Verpflichtungen.“ Die Lüge trieb ihr das Blut in die Wangen. Bisher hatte sie zwar manches verschwiegen, aber es war ihr immerhin gelungen, im Großen und Ganzen bei der Wahrheit zu bleiben. Diesmal hatte sie keine Wahl gehabt: Sie hatte lügen müssen.
    „Früher hat er Tee für Sie beide gekocht, während Sie sich um seine Pinsel kümmerten. Er hat mit Ihnen über seine Arbeit, die Ereignisse der letzten Stunden und die Pläne für den nächsten Tag geredet.“
    Sie wandte sich ab, damit er ihre Qual und ihre Trauer nicht sah. Wie oft hatte Everett ihnen Gesellschaft geleistet, wenn Lionel den Abend mit ihr daheim verbrachte? Manchmal hatte er ihr sogar beim Reinigen der Pinsel geholfen. Für ihn, den Sohn eines Viscounts, war eine solche Arbeit etwas völlig Neues und Ungewohntes.
    „Loveday?“
    Seine Stimme klang sanft. Doch gerade dieser sanfte Ton schmerzte.
    „Habe ich Ihre gute Beziehung, Ihre Freundschaft zu Lionel zerstört?“
    „Nein!“ Sie fuhr herum. „Er war verärgert, natürlich. Besorgt und aufgeregt. Aber was Sie …“ Sie unterbrach sich, weil sie nicht ungerecht sein wollte. Everett trug nicht die alleinige Schuld an dem, was geschehen war. Sie hatte genau gewusst, worauf sie sich einließ. Mit einem Wort, einer Geste hätte sie ihn zur Vernunft bringen können. Sie hatte geschwiegen, weil sie nicht wollte, dass er sich von ihr zurückzog. Sie hatte sich so sehr gewünscht, dass er all diese wundervollen Dinge mit ihr tat.
    Sie wünschte es sich noch immer. Sie wünschte es sich sogar noch mehr als damals. Sechs Jahre lang hatte sie sich vor Sehnsucht nach ihm verzehrt.
    „Was wir getan haben“, begann sie erneut, „hat nicht zu einem Bruch zwischen Lionel und mir geführt.“ Sie holte tief Luft. „Für uns einfache Leute hat es nicht die gleiche Bedeutung wie für die Mitglieder des Adels. Ich habe schließlich keinen alten Namen entehrt und auch nicht …“
    „Verflucht, Loveday“, fiel er ihr ins Wort, „so dürfen Sie nicht reden! Sie tun gerade so, als sei Ihre Unschuld nichts wert gewesen. Lionel hatte jedes Recht, zornig auf mich zu sein, schließlich ist er Ihr Bruder. Und selbst, wenn Sie niemanden gehabt hätten, der sich auf Ihre Seite stellt, hätte ich Sie nicht verführen dürfen.“ In seiner Aufregung war er auf Loveday zugetreten und hatte die Hände um ihre Oberarme geschlossen. „Es wäre mir unerträglich, wenn ich annehmen müsste, dass Lionel Ihnen wegen meiner Fehler zürnt.“
    Sie legte eine Hand auf seine und sagte: „Er zürnt mir nicht.“
    „Gut.“ Er nickte und ließ sie los. „Ich denke, ich sollte auf ihn warten.“
    Entsetzt beobachtete sie, wie er zu einem Stuhl ging und sich setzte. Ihr Mund war trocken, und sie musste schlucken, ehe sie überhaupt sprechen konnte. „Sie wollen warten?“
    „Ihnen sollte klar sein, dass ich Sie hier nicht allein lassen kann. Es ist bereits dunkel, und die Gegend ist gefährlich. Ich bleibe, bis Lionel kommt. Wenn er nicht mit mir reden will, werde ich das akzeptieren und sogleich aufbrechen.“
    Ihr war, als müsse sie ersticken. „Sie können nicht bleiben!“
    „Unsinn!“
    Panik überkam sie. Sie kämpfte dagegen an, sah sich im Zimmer um. Es musste doch eine Möglichkeit geben, ihn loszuwerden! „Sie müssen etwas zu Abend essen“, stieß sie hervor. „Ich kann Ihnen nichts anbieten. Tatsächlich habe ich mir selbst noch nichts zu essen besorgt.“
    Ungläubig starrte er sie an. „Sie wollen um diese Zeit die Wohnung noch einmal verlassen, um Lebensmittel einzukaufen? Allein?“ Er erhob sich.
    „Sie wollen gehen?“ Sie bemühte sich, sich ihre Erleichterung nicht zu deutlich anmerken zu lassen.
    „Nun“, gab er zurück, „ich werde Sie begleiten. Wir können zusammen zu Abend essen.“
    „Aber … Nein!“
    „Doch. Und wenn Lionel bei unserer Rückkehr noch immer nicht daheim ist, werde ich bleiben, bis
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