Historical Collection Band 02
Persönlichkeit des Wikingers schien den gesamten Raum einzunehmen. Das einzige Licht in der beginnenden Dämmerung spendete die Feuerstelle. Von draußen drang das leise Prasseln von Hagelkörnern, die auf das Dach aufschlugen, zu ihnen hinein.
Lauf, befahl ihr eine innere Stimme, obwohl ihre Vernunft ihr sagte, dass das zu nichts führen würde.
„Warum bist du zurückgekommen?“, fragte sie unsicher. Immer noch hielt sie den Dolch umfasst, denn sie gab sich nicht der Illusion hin, dass sie hier sicher wäre. Ob sie nun eine Gabe an den König war oder nicht, dieser Mann würde nicht zögern, sie zu benutzen, wenn ihm danach war.
Er beugte sich zu ihr hinunter und legte seine Hand fest über die ihre, sodass der Dolch in ihr Fleisch drückte. „Ich will dich auf das vorbereiten, was vor dir liegt.“
2. KAPITEL
K aum war Tharand ins Haus zurückgekommen, hatte er bemerkt, dass die beiden Dolche fehlten. Die Äxte, Schwerter und Messer an der Wand dienten nicht zur Zierde wie in anderen Häusern. Er kannte jede einzelne Klinge wie seine Familienangehörigen. Jede Schneide war so scharf, dass man sich bei der leisesten Berührung die Haut aufschlitzte.
Die Waffen waren sein Handwerkszeug und dienten zum Schutz derer, die er liebte, deshalb setzte er seinen ganzen Stolz darein, sie zu pflegen.
Aisling hatte zwei Dolche genommen. Was sie damit vorhatte, wusste er nicht, doch schien sie weder zu Wutausbrüchen zu neigen noch ganz unberechenbar zu sein, also mochte sie sie vorerst behalten. Er wollte ihr das Gefühl der Sicherheit lassen und würde die Waffen erst wieder an sich nehmen, wenn sie in ihrer Wachsamkeit nachließ.
„Lass mich los!“, zischte sie.
Um ihr klarzumachen, dass er sehr wohl von den Dolchen wusste, und um sie ein bisschen einzuschüchtern, ließ er seine Hand länger als nötig auf ihrem Schenkel liegen.
Ihr Duft nach süßer Weiblichkeit stieg ihm aufreizend in die Nase. Wie ein sanfter Sommerwind umwehte er ihn verführerisch und weckte jäh sein Begehren. Doch er beherrschte sich. Frauen flohen vor ihm, daran war er gewöhnt. Die meisten wichen ihm aus, wann immer es möglich war, als fürchteten sie, von ihm überhaupt bemerkt zu werden.
In Aislings Augen allerdings las er keine Furcht. Zorn blitzte darin. „Wenn du mich nicht loslässt, wirst du es bereuen.“
Natürlich würde er sie loslassen, trotzdem nahm er seine Hand nicht sofort weg, sondern schob sie höher, zu ihrer Taille, ein stummer Beweis seiner Dominanz. Unter seinem festen Griff fühlte er jeden einzelnen Wirbel. Sie war schrecklich dünn, musste schon lange gehungert haben.
Die Berührung rief eine Gänsehaut auf ihren Armen hervor. Sie wandte den Kopf ab, sodass er ihren Nacken mit der weichen, verlockenden Haut vor Augen hatte. Diese Frau faszinierte ihn, auch wenn sie, wie all die anderen, seinen Anblick verabscheute. Zögernd nur ließ er sie los.
„König Magnus hat ein Auge auf das Land deines Stammes geworfen.“ Das war keine Lüge. König Magnus war fest entschlossen, so viel irisches Land zu erobern, wie er nur konnte.
Tharand schlenderte zur Feuerstelle und reckte seine Hände den Flammen entgegen, als wäre ihm kalt. „Wenn du seine Gunst erlangen kannst, denke ich, würde er deine Familie verschonen.“
Sie kniff ihre dunkelbraunen Augen zusammen. „Ich werde nicht des Königs Hure sein, noch die irgendeines anderen Mannes.“
Die knappen, groben Worte machten klar, dass sie keinen seiner Ratschläge beherzigen würde.
Tharand nahm einen Brocken Torf und warf ihn ins Feuer. Funken blitzten auf, dann loderten die Flammen erneut höher. „Beim ersten Tageslicht brechen wir auf, sofern der Schnee nicht zu hoch liegt.“
„Dann will ich um mehr Schnee beten.“ Sie setzte sich auf den Lehmboden neben der Feuerstelle und zog unter ihrem Gewand die Knie an. Das lange schwarze Haar fiel ihr über die Schultern, ergoss sich wie ein Wasserfall über ihr Gewand. Der Stoff betonte die Rundung ihrer Brust, doch ihre zarte Taille erinnerte ihn daran, dass ihr Stamm unter einem schlimmen Winter gelitten hatte.
Einige seiner Landsleute trugen Schuld an Aislings Not. Bisher hatten ihm die Plünderungen nie etwas ausgemacht; anscheinend musste er erst eine Frau sehen, die Not und Beschwernisse erlebt hatte, um den Schrecken zu begreifen.
Wenn sie so hungrig war, warum hatte sie den Fisch nicht gegessen? War Fisch ihr wirklich derart widerlich?
Obwohl er ihr eigentlich keine Sonderwünsche zugestehen
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