Historical Collection Band 03
ihre Mutter einen der Eroberer geheiratet, um sich zu retten.
Doch die Erbin blieb verschollen. Einige Leute behaupteten, sie sei ebenso wie ihre Mutter entführt worden, andere glaubten, sie hätte den ungewöhnlich rauen Winter in den Wäldern nicht überlebt. Trotzdem kursierten Gerüchte über eine zarte goldblonde Schönheit, die angeblich in dieser Gegend aufgetaucht war. Und man munkelte, der Geist der Erbin würde am Ort ihres Todes spuken.
Nun, die blauäugige Frau mit dem hellen Haar, die ihre Hand auf seine Brust presste, war gewiss kein Geist, sondern ein sehr lebendiges weibliches Wesen, das ihn maßlos reizte. Beinahe fürchtete er den Verstand zu verlieren. Er hatte sie aus ihrem Versteck gelockt, so wie er die vorsichtigsten, erfahrensten Eber und Hirsche zu ködern pflegte. Aber obwohl er seinen Schwertarm opfern würde, um anzunehmen, was sie ihm bot – das Raubtier in seinem Wesen misstraute einer zu leicht gewonnenen Beute.
Vielleicht drohten ihm Gefahren, die er noch nicht sah.
„Es mag keine Rolle spielen, was uns in diesen Wald verschlug.“ Noch immer umfasste er ihre Hand, fest überzeugt, er hätte die entschwundene Lady of Iness gefunden. „Jedenfalls würde ich gern Euren Namen erfahren. Ich heiße Cormac.“
Würde sie sich an den Namen erinnern? Er hatte dem schottischen König lange genug gedient und Edelleute aus fast allen Herrscherhäusern getroffen, auch den Vater der Lady. Vergeblich wartete er auf ein Zeichen des Erkennens. Gewiss, der Name kam häufig vor und prägte sich wohl nur ein, wenn man ein besonderes charakteristisches Merkmal damit verband.
„Also gut, Cormac.“ Sie warf ihr offenes Haar über eine Schulter. Dass sie keinen Schleier trug, wies auf ihre niedrige Geburt hin. Oder eine Adelige wollte ihren Status verbergen. „Ich bin Isolda.“
Die Bestätigung ihrer Identität erschien ihm bittersüß. Ja, er hatte gehofft, die rechtmäßige Erbin der Iness-Ländereien aufzuspüren. Aber jetzt stand sie vor ihm, und natürlich durfte er keinesfalls ihre Röcke heben und mit ihr ins Moos sinken, wie es mit einer bereitwilligen Wäscherin möglich gewesen wäre.
Und doch – ihr Obergewand war nicht das steife, mit Juwelen geschmückte Gewand einer Edelfrau. Während all der Monate in der Wildnis war der Stoff wahrscheinlich weich geworden, und Isolda hatte allen Zierrat abgetrennt. Oder sie war am Tag des normannischen Überfalls in der Kleidung einer Zofe aus der Festung geflüchtet. Wie auch immer, das helle, von der Sonne gebleichte Material schmiegte sich an wohlgeformte weibliche Rundungen. Von Dornenbüschen und dem Zahn der Zeit angegriffen, war der Saum fransig geworden, die untere Hälfte des Kleids dunkel von Schlammspritzern, obwohl es frisch gewaschen wirkte.
Damit sie sich ungehindert im Wald bewegen konnte, steckte ein Teil des Saums in ihrem Gürtel – eine Methode, die Feldarbeiterinnen anwandten. Der geraffte Rock enthüllte ein noch helleres Unterhemd und die Ahnung eines weißen Unterschenkels.
Höflich beugte Cormac sich über ihre Hand, und seine Lippen streiften ihre Fingerknöchel.
„Welch eine Freude, Euch kennenzulernen, Isolda.“ Nur widerstrebend löste er den Mund von ihrer süß duftenden Haut und wich zurück. Einen intensiveren Geschmack durfte er sich nicht erlauben, das wusste er.
Zu lange hatte er sie gesucht, um nun irgendetwas zu überstürzen. Aber warum wollte sie einen Fremden so tollkühn verführen? Weil sie sich nach einigen Jahreszeiten ohne menschliche Gesellschaft einsam fühlte?
„Wie ich sehe, habt Ihr beschlossen, Euch edelmütig zu verhalten.“ Die Stirn gerunzelt, starrte sie ihn an, entriss ihm ihre Hand und verzog die Lippen zu einem reizvollen Schmollmund. „Liebt Ihr eine andere?“
Offenbar hatte er sie beleidigt. Bei allen Heiligen, was für eine dreiste junge Frau, die ihr Verlangen nach ihm so unverblümt bekundete … Was sah sie in einem Mann, der seiner schlichten Kleidung zufolge ein Händler oder Handwerksmann sein konnte?
Durch den Baldachin der belaubten Zweige schienen Sonnenstrahlen herab und tauchten Isolda in gefleckte Schatten.
„Keine Frau besitzt mein Herz“, versicherte er ihr. Schon jetzt vermisste er ihre Berührung. „Und da Ihr mich wohl kaum gut genug kennt, um Euch nach meiner Liebe zu sehnen, frage ich mich – was zieht Euch zu mir hin?“
„Gibt es in der Gegend, aus der Ihr stammt, keine einsamen Frauen, Sir?“ Die Arme vor der Brust verschränkt,
Weitere Kostenlose Bücher