Historical Collection Band 03
ihren Drohungen nicht sehr viel Glauben. Sie war sehr jung und unerfahren, und ihre Erklärung, sich ihm noch nicht hingeben zu wollen, war ganz offensichtlich nur ein Bluff. Jedenfalls war sie nur allzu willig gewesen, als er sie gestern in den Armen gehalten hatte, und genauso erregt und erhitzt wie er selbst.
Während er sie jetzt bewundernd betrachtete – das hübsch errötete Gesicht, die zarte Rundung ihrer Brüste unter ihrem hellen Kleid –, konnte er es kaum noch erwarten, später am Abend sehr viel mehr zu tun, als sie nur in die Arme zu nehmen und zu küssen.
„Oh, was für ein hübsches Dorf“, rief Alice, um sich von der unverhohlenen Musterung ihres Gatten abzulenken. Doch das Wissen, dass er den Blick über ihren Körper gleiten ließ, entfachte eine nie gekannte Hitze tief in ihr.
„Wycliffe“, teilte Daniel ihr trocken mit.
Alice beugte sich vor, um sich mit noch größerem Interesse umzusehen. „Oh, sehen Sie doch, Mylord! Die Dorfbewohner sind aus ihren Häusern gekommen, um Sie willkommen zu heißen!“
Auch der Earl beugte sich vor, wobei sein Haar sie leicht an der Wange streifte. Alice stockte der Atem, und hastig wich sie zurück. Als wäre ihm nichts aufgefallen, sah er sie nur mit einem spöttischen Lächeln an. „Ich versichere Ihnen, sie wollen nicht mich willkommen heißen, meine liebe Alice, sondern die neue Countess of Stanford.“
Alice musste schlucken. Sie war tatsächlich die neue Countess of Stanford. Ohne seinen Blick zu erwidern, beugte sie sich aus dem Fenster und winkte der Menge zu. Diese Menschen gehörten nun zu ihr. Der Gedanke rührte sie. Pächter und Arbeiter auf dem Gut des Earls waren gekommen, um die neue Herrin auf Wycliffe Hall zu begrüßen.
Unter halb gesenkten Lidern besah Daniel sich die offensichtliche Freude seiner jungen Frau an dem begeisterten Winken der Kinder und den Beifallsrufen ihrer Eltern. Ein solcher Empfang wurde ihm nicht mehr bereitet, auch vor sechs Monaten nicht, als er als der siebte Earl of Stanford heimgekehrt war. Als Kind war er recht beliebt gewesen, aber in den letzten zehn Jahren hatten die empörten Dorfbewohner zu oft reißerische Geschichten über sein liederliches Leben in London gehört.
Nein, er würde wohl nie wie der verlorene Sohn empfangen werden. Aber Alice mit ihrer offensichtlichen Jugend und Warmherzigkeit würde es leicht haben, das Herz der Menschen, die hier lebten, zu gewinnen.
„Setz dich ordentlich hin, Alice, und erinnere dich daran, dass du kein Kind mehr bist, sondern eine Countess“, schalt er sie und bereute die Worte, kaum dass er sie ausgesprochen hatte, denn ihr frohes Lächeln erlosch sofort.
„Verzeihen Sie, Mylord.“ Sie saß kerzengerade, die Hände auf dem Schoß fest zusammengepresst.
Ich benehme mich wie ein Unmensch, gestand Daniel sich insgeheim ein. Schlimmer noch, sein Benehmen von eben erinnerte viel zu sehr an die verächtliche Art, mit der sein Vater stets seine Mutter behandelt hatte.
„Nein, ich bin es, der sich entschuldigen muss, Alice“, sagte er mit einem leisen Seufzer. „Weil ich so gehässig sein konnte, dir deine Begeisterung für dein neues Leben übel zu nehmen.“
„Vielleicht wären Sie … zufriedener gewesen, Mylord, wenn Sie eine Dame reiferen Alters geheiratet hätten. Zum Beispiel eine Dame wie Lady Benbow?“
So, so. Seine kleine Frau konnte also Krallen zeigen, wenn es nötig war. Daniel unterdrückte ein Grinsen. Offenbar wusste sie, dass Lady Teresa Benbow bis vor Kurzem seine Geliebte gewesen war. Dass sie es missbilligte, war ihr deutlich an dem spöttischen Lächeln um die schönen Lippen anzumerken. Seine Belustigung wuchs – etwas, das er in seiner Ehe nicht zu finden erhofft hatte. „Lady Benbow ist keine Frau, die ein Mann zur Gattin nimmt, Alice.“
„Ach?“, entgegnete sie spitz.
„Ganz gewiss nicht“, betonte er. „Hingegen bin ich mir überhaupt nicht sicher, dass es … sich schickt, wenn wir beide uns auf diese Weise über sie unterhalten“, fügte er hinzu.
„Warum denn, Mylord, wenn doch Lady Benbow ein Teil unseres Lebens sein wird?“ Alice blickte ihn betont unschuldig an.
Nachdenklich sah er sie an. Zugegeben, seine junge Frau erwies sich als sehr viel unterhaltsamer, als er je für möglich gehalten hätte, aber das gab ihr nicht das Recht, ihn über ein so intimes Thema auszufragen. „Es ist mir schleierhaft, worauf du dich da beziehst, Alice.“
Eine weniger starke Frau hätte sich zweifellos von der
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