Historical Collection Band 5
er und nahm Constances Hand. „Bitte! Ich möchte es wirklich verstehen.“
Sie ließ das Taschentuch auf den Tisch fallen. Seine Hand war warm und so groß, dass sie die ihre völlig bedeckte. Ihr Körper erkannte das Gefühl wieder. Die Härchen auf ihrem Unterarm stellten sich auf. „Ich weiß nicht, ob ich das kann“, sagte sie und wurde rot. Sie schlug die Augen nieder.
Ihre Hand war kalt. Ihre Finger zitterten. Er sah plötzlich ganz deutlich, dass es ihr – ebenso wie ihm – etwas bedeutet hatte. Es hatte nichts mit dem Geld zu tun. Gott sei Dank! „Constance“, sagte Troy zärtlich. „Bitte! Sag es mir.“
Er streckte die Hand aus und strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. Die Berührung seines Daumens sandte einen Feuerstoß durch ihren Körper. Sie fühlte sich kribbeliger denn je. In der häuslichen Atmosphäre der Küche und in ihren eigenen Kleidern konnte sie sich nicht hinter einer Maskerade verstecken. Sie spürte seine Anziehungskraft. Und er spürte ihre ebenso. Sie sah es an den weiten Pupillen und daran, dass sein Atem schneller ging. Was auch immer es war, was da zwischen ihnen vorging, und egal, ob es irgendwo hin führte oder nicht; sie musste die Wahrheit sagen.
„Wie ich bereits sagte: Ich habe meine Schwester nicht gekannt“, erklärte Constance. „Ich bin auf dem Lande groß geworden und habe ein sehr behütetes Leben geführt. Neunzehn Jahre lang war ich eine pflichtbewusste Tochter. Fünf Jahre lang war ich eine pflichtbewusste Ehefrau. Im vergangenen Jahr war ich eine keusche Witwe.“
„Haben Sie Ihren Ehemann geliebt?“, fragte Troy knapp.
Constance senkte den Kopf. „Nein, aber ich war … Ich habe mich bemüht, freundlich zu sein. Alle haben gedacht, es sei eine passende Heirat für mich. Er war fast dreißig Jahre älter als ich und wünschte sich einen Erben.“ Sie biss sich auf die Lippen. „Wir wurden nicht erhört“, flüsterte sie.
Sie räusperte sich und fuhr errötend fort: „Mein Ehemann war nicht leidenschaftlich. Ich habe nicht gewusst, dass solche Leidenschaft wie wir … wie ich … Ich wusste es einfach nicht. Annalisa hatte etwas angedeutet, und ich habe mich gefragt, wie ihr Leben wohl war. Ich habe mir ihre Dinge angeschaut, ihre Perlen angelegt. Ich gestehe, dass ich die Vorstellung verlockend fand. Und dann sind Sie gekommen, und ich habe mich gefühlt, als ob ich Sie mir erträumt hätte. Lachen Sie nicht.“
„Ich wollte nicht lachen. Ich fühle mich geschmeichelt.“ Nicht nur geschmeichelt.
Es war zwar lächerlich, aber er fühlte sich zufrieden. Erfreut, dass er in gewissem Sinne ihr erster Mann gewesen war. Wie schön, dass sie sich so frei heraus und so charmant zu ihrem Spaß bekannt hatte. Und nicht wenig erregt. Auch wenn das ebenso lächerlich war, denn er hatte nicht vor, irgendetwas damit anzufangen. Nichts.
Troy zwang sich, ihre Hand loszulassen. Er lehnte sich zurück, hörte auf, ihren berauschenden Duft einzuatmen, und rückte seine Knie, die beinahe ihre berührten, etwas zur Seite. „Wie hat Ihre Schwester nach all den Jahren herausgefunden, wo Sie leben?“
„Meine Mutter hat ihr vor ihrem Tod erzählt, dass es mich gibt und dass ich verheiratet bin. Aber ich glaube, unsere Lebensweisen waren so verschieden, dass Annalisa mich nicht in Verlegenheit bringen wollte. Deshalb hat sie wohl nicht früher zu mir Kontakt aufgenommen. Aber nachdem ich verwitwet war und sie erfahren hatte, dass sie sterben würde …. Ich war so froh, dass sie zu mir gekommen ist, Troy! Ich wünschte, sie wäre früher gekommen. Ich habe sie gepflegt. Sie hat mir von unserer Mutter erzählt und das Wenige, das sie über unseren Vater wusste. Sie hat mir nicht besonders viel über ihr Leben in London verraten. Ich glaube, sie hat sich ein bisschen dafür geschämt. Oder vielleicht dachte sie auch, ich würde mich deshalb schämen. Als Sie an der Türe geläutet haben, habe ich mir vorzustellen versucht, wie es wohl sei, so zu leben. Ich weiß nicht, wie das geschehen konnte. Ich wollte nur ein bisschen herumspielen, wollte wissen, wie viel ich … wie viel meine Schwester Ihnen wert ist. Und dann konnte ich nicht mehr damit aufhören.“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. Sie zwang sich, weiterzusprechen, konnte ihm aber nicht in die Augen sehen. „Es hatte nichts damit zu tun, Annalisa sein zu wollen, auch wenn es damit begonnen hat. Es hatte mit Ihnen zu tun. Und mit mir. Etwas, was zwischen uns ist. Und das ist der Teil, den
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