Historical Collection Band 5
passiert?“
„Zu meiner Volljährigkeit fehlten noch zwei Jahre. Mein Vater war gesund und munter, sodass es sehr unwahrscheinlich war, dass ich bald den Titel erben würde. Deshalb folgte das Unvermeidliche. Meine unvergleichliche Geliebte trennte sich mit einer solchen Geschwindigkeit und einer solchen Kaltschnäuzigkeit von mir, dass ich fassungslos war. Ich werde ihr Lachen nie vergessen, als ich ihr sagte, dass Liebe wichtiger sei als Gold. Nur zwei Tage später zeigte sie sich in der Öffentlichkeit mit einem neuen Gönner. Zwei Monate später habe ich London und diese Frau verlassen, um auf dem Kontinent erwachsen zu werden und meine Karriere im diplomatischen Dienst zu beginnen. Das war der Preis meines klugen Vaters, bevor er meine Schulden bezahlte. Ein guter Preis. Ich habe nie bereut, dass ich ihn gezahlt habe.“
„Ich verstehe“, sagte Constance. Der junge Troy und seine zerstörten Illusionen taten ihr leid. „Es ist kein Wunder, dass Sie nicht gezögert haben, als Ihr Botschafter Sie darum gebeten hat, seinen Sohn vor meiner Schwester zu retten.“
„Es war meine Pflicht und Schuldigkeit, ihn vor dem Fehler zu bewahren, den ich gemacht habe.“
Constance schüttelte den Kopf. „Meine Schwester wollte den Jungen nicht ruinieren. Sie hatte die Schwindsucht. Sie wusste, dass sie sterben würde. Sie wollte ihn wohl nicht enttäuschen.“
„Wenn man sich dieses Haus anschaut, dann scheint sie nicht immer so fürsorglich gewesen zu sein. Dieses Haus hat ein kleines Vermögen gekostet.“
„Ich weiß“, sagte Constance traurig. „Ich billige es nicht. Andererseits hatte Annalisa als Kind kein leichtes Leben. Unsere Mutter hatte keine glückliche Hand, was Männer anbelangt. Annalisa hat mir nicht viel davon erzählt, aber …“ Sie unterbrach sich schaudernd. „Wenn jemand so arm ist wie sie und gleichzeitig so aussieht, können Sie ihr dann wirklich die Schuld geben? Ich kann es nicht. Ich kann nur Gott dafür danken, dass ich nicht so schwere Entscheidungen treffen musste.“
„Sie hat von ihren Entscheidungen sehr gut gelebt.“
„Sie ist tot.“
„Es tut mir leid.“ Troy zog sein Taschentuch hervor und trocknete Constances Tränen. „Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht verletzen. Letztendlich war sie Ihre Schwester, und ich glaube, Zwillinge stehen sich besonders nahe.“
„Bis vor einem halben Jahr wusste ich gar nicht, dass ich eine Zwillingsschwester habe, obwohl ich immer das Gefühl hatte, dass mir etwas fehlt“, sagte Constance wehmütig. „Es war wie eine Erlösung, als Annalisa vor meiner Türe stand.“
„Weshalb wurden sie getrennt?“
„Unsere Mutter wollte uns das Waisenhaus ersparen, nachdem unser Vater sie verlassen hatte. Aber sie konnte es sich nicht leisten, uns beide aufzuziehen. Das Ehepaar, das mich adoptiert hat, hatte es zur Bedingung gemacht, dass der Kontakt zwischen mir und meiner Familie abgebrochen wurde. Sie wollten nicht, dass ich erfahre, wer meine leiblichen Eltern sind. Sie haben es mir nie erzählt. Wahrscheinlich wollten sie mich beschützen. Anders als meine Mutter und meine Schwester habe ich ein sehr bürgerliches Leben geführt.“
Das erklärte viel. Ihre unschuldigen Küsse. Die Überraschung, mit der sie reagiert hatte, als sie bemerkt hatte, wie viel Spaß es ihr machte. Der Mangel an Erfahrung, als sie ihn berührt hatte. Und noch etwas anderes, was er sich nicht hatte gestehen wollen: dass es sich richtig anfühlte, als sie sich vereinigt hatten. So richtig, wie er es bis dahin nicht gekannt hatte. Das erklärte sogar sehr viel, aber nicht alles. „Aber warum? Ich verstehe nicht, warum … Als Sie gemerkt haben, dass ich … Warum zum Teufel haben Sie sich so verhalten?“
Constance faltete das Taschentuch sorgfältig in immer kleinere Quadrate. „Ich weiß nicht. Es ist kompliziert.“
Troy lachte. Es klang sehr männlich. Tief und kehlig. Das Lachen eines Mannes, der vor Erleichterung beinahe platzt. Sie war nicht La Perla. Sie war Constance Millburn, die Witwe eines Landpfarrers, und ebenso durcheinander wie er selbst. Die erste Frau nach fünfzehn Jahren, die ihn … Er wusste nicht genau, was es war. Er wusste nur, es war etwas Wichtiges. Sie war keine Kurtisane. Gott sei Dank!
Philip Montague tat ihm ein bisschen leid, obwohl er ihm nie begegnet war. Die Zeit würde seine Wunden heilen. Vielleicht würde er mit der Zeit sogar verstehen, dass es so besser für ihn war. „Versuchen Sie, es zu erklären“, sagte
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