Historical Collection Band 5
flüsterte sie, während sich ihre Lider langsam senkten.
Sobald er sicher war, dass sie ruhig schlief, ließ Carlos die brennende Kerze auf dem Tisch stehen und kehrte in der Dunkelheit in sein eigenes Zimmer zurück. Sein Körper war immer noch angespannt von dem Verlangen nach der Contessa, doch die Lust wurde von etwas Kühlerem überlagert: Argwohn.
Die Contessa verbarg Geheimnisse, dessen war er sich sicher. Und er würde bald herausfinden, um welche genau es sich handelte.
4. KAPITEL
M aria starrte in den Spiegel, während eine der Zofen ihr Gewand zuschnürte. Die Worte des Pagen hallten in ihrem Kopf wider.
Señor de Alameda bittet Euch, heute Abend mit ihm zu speisen, wenn Eure Gesundheit es Euch erlaubt, Contessa.
Sie hatte zusagen müssen. Obwohl ihre innere Stimme schrie, dass sie sich vor ihm verstecken musste. Dass sie sich so weit wie möglich von ihm fernhalten musste. Nicht weil er sie ängstigte oder sie abstieß.
Ganz im Gegenteil.
Nach ihrer Unterhaltung letzte Nacht, eingehüllt in die warme Intimität der stillen Dunkelheit, konnte sie nicht aufhören, an ihn zu denken. An seine dunkle sanfte Stimme, seine Berührung, den kurzen Blick auf seine muskulöse Brust im Kerzenlicht.
Dass er so viel zu sehen schien, wenn er sie anblickte. Zu viel.
Es war leicht, sich vor den Dienstboten zu verstellen. Sie war sehr lange eine von ihnen gewesen – sie wusste, wie ihre Welt funktionierte. Sie blieb einfach ruhig und setzte eine entrückte, ausdruckslose Miene auf – was nicht schwierig war, denn sie war immer noch entsetzlich erschöpft. Was die Menschen sahen, war eine hochmütige, adelige Dame, so wie es sich gehörte.
Doch Maria wusste, dass Alameda nicht so leicht getäuscht wurde. Er kannte offensichtlich das Verhalten des Adels, aller Menschen. Deswegen hatte sie vermutet, nein, vermutete sie immer noch, dass er ein Spion war. Wenn Sie dieses Schauspiel aufrechterhalten wollte – und das musste sie, wenn sie nicht wieder Tavernenböden schrubben wollte –, dann musste sie in seiner Gegenwart sehr, sehr vorsichtig sein. Sie musste stark sein, durfte sich ihm nicht zu Füßen werfen und um Gnade bitten. Sie durfte nicht auf seinen Schoß springen und ihn anflehen, sie zu küssen.
Düster betrachtete Maria ihr Spiegelbild. Die meisten Männer, die sie getroffen hatte, waren behaarte, abstoßende Kreaturen, die sie mit schwitzigen Fingern begrapschen wollten. Deren Küsse hatte sie nie gewollt. Doch bei Carlos Alameda hatte sie sich dabei ertappt, wie sie verzückt auf seine weiche goldbraune Haut starrte. Sie sehnte sich danach, diese Haut zu berühren, ihre Wärme unter ihrer Hand zu spüren, ihn zu schmecken. Ihm nah zu sein, ihm immer näher zu kommen.
„Gefällt Euch das Kleid nicht, Contessa?“, fragte die Zofe.
„Wie bitte?“, fragte Maria, die in Gedanken immer noch weit weg war – bei Alameda. Sie zwang sich, wieder die Gegenwart, die Realität wahrzunehmen und sah sich wirklich im Spiegel an.
Einen Moment lang erkannte sie sich nicht. Das Kleid war exquisiter als alles, was sie je getragen hatte, aus dunkelgrünem Samt, mit Silberfäden bestickt, und darunter ein Unterrock aus silbern glänzendem Stoff. Der tiefe rechteckige Ausschnitt war von winzigen grüngrauen Perlen umsäumt, die ein verschlungenes Muster aus Blättern und Blüten bildeten.
Ihr Haar, jetzt wieder glatt und glänzend, nachdem es von Salzwasser matt und verfilzt gewesen war, war zurückgekämmt und wurde von einem perlenbesetzten Band und einem silbernen Schleier bedeckt. Isabellas Smaragdkreuz war ihr um den Hals gelegt worden, eine drastische Erinnerung an ihre gefährliche Täuschung.
Sie berührte die Kette, überrascht von ihrem neuen Ich. Sie wollte herumwirbeln, die Zofe überschwänglich in den Arm nehmen und laut „Ich liebe dieses Kleid!“ rufen. Doch das Kreuz war auch eine Mahnung daran, immer vorsichtig zu sein, daher nickte sie nur.
„Es ist sehr zufriedenstellend“, murmelte sie.
„Es ist nichts verglichen mit der Mode in Spanien, vermute ich“, sagte die Zofe aufgeregt.
In Spanien war Maria zu beschäftigt damit gewesen, ihren Rock vom Schmutzwasser der Straßen fernzuhalten, um sich um Mode zu sorgen. Aber sie erinnerte sich, wie Kutschen auf dem Kopfsteinpflaster an ihr vorbeigefahren waren und wie sie sich den Hals verrenkt hatte, um einen Blick auf die Menschen darin zu erhaschen.
„Der Ausschnitt ist tiefer“, antwortete sie. „Und die Ärmel sind zu eng.
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