Historical Collection Band 5
antwortete der Mann und kam dem Befehl augenblicklich nach.
„Du gehst auch mit“, sagte Eustache leise zu Giselle.
„Nein“, protestierte sie und schüttelte den Kopf. „Ich bleibe bei Euch.“
„Du wirst mit den anderen gehen“, befahl Eustache in unbeugsamen Ton. „Ich will nicht, dass du siehst, was ich gleich tun werde.“
In seinen Augen und in seiner Stimme lag eine Härte, die Giselle noch nie zuvor dort wahrgenommen hatte, und sie erzitterte vor dieser anderen Seite an ihm. Die Berührung seiner Hand war sanft, doch sein Blick war unnachgiebig. Sie nahm seine Hand und drückte sie an die Brust.
„Danke“, sagte sie noch einmal, der Blick ihrer blaugrauen Augen suchte den seinen. „Ich werde mit den anderen auf Euch warten.“
Mit diesen Worten wandte sie sich um und folgte den anderen Mädchen. Sie rannte los, um sie einzuholen, dann warf sie einen letzten Blick zurück. Eustache hatte sich den Räubern zugewandt. Ein lautes Sirren durchschnitt die Luft, als er sein Schwert zog. Schnell drehte Giselle sich weg und heftete den Blick fest auf den Rücken ihres Führers.
In einer Reihe folgten die jungen Frauen dem Vasall, wobei sie nur im Flüsterton miteinander zu sprechen wagten. Die Mädchen konnten es nicht fassen, dass sie gerettet worden waren. Welcher Seigneur würde schon sein Leben riskieren, nur für ein paar Frauen? Oft huschten ihre Blicke zu Giselle, und sie fragten sich offensichtlich, was es mit ihrer Beziehung zu dem Seigneur auf sich hatte.
Giselle achtete jedoch nicht darauf, und als sie das friedliche Wäldchen erreichten, setzte sie sich abseits von allen anderen. Ein seichter Fluss bildete eine Schneise zwischen den Bäumen, und das Plätschern klang hell und klar durch den Wald. Die Stimmung wurde fröhlicher, als die Mädchen in den Fluss planschten und sich Schlamm und Staub von der Haut wuschen. Bald erfüllte fröhliches Geplapper die Luft. Giselle hielt sich zurück und lehnte sich mit dem Rücken an den Stamm eines alten Baumes, ohne den Pfad aus den Augen zu lassen. Sie wartete auf ihren Seigneur.
Kurz darauf hörten sie Hufgetrappel und das Klirren von Rüstungen. Die Mädchen stiegen aus dem Fluss und warteten, während die kleine Gruppe Kämpfer auf die Lichtung ritt, die Pferde der Räuber im Schlepptau. Vom Pferderücken aus erteilte Eustache seine Anweisungen.
„Meine Vasallen werden euch zurück zum Landgut bringen, wo alle sofort damit beginnen werden, das Dorf wieder aufzubauen“, rief er mit klarer Stimme.
Die Mädchen verneigten sich und murmelten ihren Dank. Eustache nickte und sah dann Giselle an.
„Nur du“, fuhr er in unverändertem Ton fort, „bleibst hier.“ Er wandte sich an einen seiner Männer. „Sieh zu, dass meine Anweisungen strikt befolgt werden“, befahl er. „Ich komme gleich nach.“
„Jawohl, mon seigneur “, antwortete der Mann und nickte.
Kurz darauf war die Gruppe der Mädchen und Kämpfer verschwunden. Eustache sah noch immer von seinem Pferd aus auf Giselle hinab. Ruhig erwiderte sie seinen Blick. Er wirkte erschöpft, schien aber vollkommen unverletzt zu sein. Frisches Blut war auf seine Rüstung gespritzt und gerann zwischen den Metallgliedern seines Kettenhemds. Geschmeidig ließ er sich aus dem Sattel gleiten, führte Bayard zu einem Baum und Band die Zügel an einen Ast. Dann sah er ihr direkt in die Augen.
„Giselle.“ Seine Stimme klang rau und befehlend. „Komm her.“
Bereitwillig folgte sie seinem Wunsch. Als sie vor ihm stand, ließ er sich auf ein Knie sinken.
„Hilf mir mit dem Kettenhemd“, wies er sie an und hob die Arme über den Kopf.
Vorsichtig hob sie es an und streifte es ihm ab. Es war so schwer, dass es sie beinahe zu Boden gezogen hätte. Sie ließ es fallen, und mit einem Rasseln landete es im Gras. Doch als sie sich bücken wollte, um es wieder aufzuheben, zog Eustache sie an sich und drückte das Gesicht an ihren Bauch.
„Lass es“, murmelte er und schloss die Arme um ihre Taille.
„Mon seigneur“ , hauchte Giselle und zog ihm behutsam den Helm vom Kopf.
Nachdem auch dieser im Gras lag, fuhr sie mit den Händen durch sein Haar.
„Ihr habt mich gerettet“, flüsterte sie. „Schon wieder.“
Abrupt stand er auf und hob sie hoch. Dann trug er sie zum Flussufer und setzte sie behutsam wieder ab.
„Bist du verletzt?“
Sie schüttelte den Kopf und schenkte ihm ein mattes Lächeln.
„Lass mich da ganz sichergehen“, raunte er heiser. „Zieh dich für mich aus,
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