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Historical Exclusiv 45

Historical Exclusiv 45

Titel: Historical Exclusiv 45 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Byrne , Claire Delacroix
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einer wegwerfenden Geste.
    Plötzlich stieg ein grässlicher Verdacht in Yvaine hoch, grauenhafter als alles bisher Geschehene, aber sie weigerte sich, diesem Gedanken nachzugehen.
    Othar tätschelte ihr den Arm, während er wieder lächelte. „Mein Plan ist sehr gerissen“, prahlte er. „Damit beweise ich Rorik, dass ich alles bekomme. Ich habe ein Schiff und eine Besatzung, und nun habe ich auch dich.“
    „Wohin segeln wir?“, brachte sie mühsam hervor. Sie musste es schaffen, ihn in dieser selbstzufriedenen, siegesgewissen Stimmung zu halten. Seine ungewohnte Friedfertigkeit war ihr unheimlich, aber immerhin besser als seine Gewaltausbrüche.
    „Nach Irland. Dort wird es dir gefallen. Meine Mutter wollte nicht nach Irland. Auch diesen Plan lehnte sie ab. Ich dachte immer, sie sei auf meiner Seite, aber sie hat sich gegen mich gestellt wie alle anderen. Du stellst dich nicht gegen mich, wie? Du verstehst, was mein Vater mir angetan hat.“
    Yvaine nickte, die Gedanken rasten ihr wirr durch den Kopf. Irland! Würde Rorik sich erinnern, dass Othar einmal auf dem Seedrachen von Irland gesprochen hatte? Würde er herausfinden, welchen Weg Othar genommen hatte, oder würde er das Nordmeer direkt nach England überqueren? Gütiger Himmel, es gab so viele Möglichkeiten!
    „Wie lange wird die Fahrt dauern?“, fragte sie leise.
    „Ein paar Tage. Wir halten uns nah an der Küste. Siehst du, wie geschickt ich bin? Ich bin kein so guter Seefahrer wie Rorik, deshalb segeln wir an der Westküste von Norwegen in südlicher Richtung, dann zu den Orkney Inseln und folgen den Inseln bis zur englischen Küste. Ist dieser Plan nicht gut?“
    „Ja, sehr gut.“
    Othar wirkte zufrieden. „Ich wusste, dass du so denkst. Es war auch mein Plan, dich mitzunehmen. Eigentlich wollte ich dich unter einem Vorwand in den Wald locken, um dich von dort über Land aufs Schiff zu bringen. Aber du hast es mir leicht gemacht, als du unvermutet am Grabhügel aufgetaucht bist. Niemand hätte sich etwas dabei gedacht, wenn man mich am Grab meines Vaters gesehen hätte.“
    Yvaine räusperte sich. „Ein Vorwand. Hast du … Ingerd …?“
    „Hat Rorik das noch nicht herausgefunden? Er ist gar nicht so klug, wie ich dachte. Ja, meine Mutter sagte Ingerd, sie soll Hjorr auf einer Lichtung treffen. Und Ingerd glaubte, er würde ihr eine Belohnung aushändigen.“ Othar lachte hämisch. „Sie hat ihre Belohnung bekommen. Und jedem, der sich gegen mich stellt, wird es ebenso ergehen.“ Mit einem wilden Funkeln in den Augen legte er den Kopf in den Nacken. Doch im nächsten Moment beugte er sich wieder vor und warf hastige Blicke über die Schulter. „Du wirst Ausschau nach Rorik halten“, raunte er wieder verschwörerisch. „Keiner kennt unser Ziel. Aber Rorik ist nicht dumm. Er hat mich oft zur Jagd mitgenommen, und ich weiß, wie schlau er ist. Du sagst mir, wenn du etwas entdeckst, nicht wahr? Ich muss mich nämlich um das Schiff kümmern.“
    Yvaine nickte stumm, wunderte sich, dass sie überhaupt dazu fähig war. Als Othar ging, war sie lange zu keiner Regung fähig. Ihr war endgültig klar geworden, dass sie, die Mannschaft und das Schiff einem Wahnsinnigen ausgeliefert waren. Einem Irren, der sich in keiner Weise mit Roriks Kraft, Ausdauer oder Erfahrung messen konnte.
    Aber sie musste jetzt Ruhe bewahren. Über Othars Wahnsinn und seine Unerfahrenheit, ein Schiff zu lenken, in Panik zu geraten, wäre ein verhängnisvoller Fehler. Solange die See ruhig blieb, bestand wenig Gefahr, und die Mannschaft schien zu wissen, was zu tun war.
    Heimlich musterte sie die Männer, sorgfältig darauf bedacht, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Mit ihren zerzausten Bärten und wilden Haaren sahen sie einander erschreckend ähnlich. Keiner kam ihr bekannt vor.
    Sie zog sich hoch und spähte über den Bootsrand. Weit hinten markierte eine graue Linie den Horizont, entweder eine Wolkenbank oder die ferne Küste von Norwegen. Sonst war kein Land in Sicht. Das Schiff hielt Kurs aufs offene Meer in westlicher Richtung.
    Yvaine sank wieder auf die Deckplanken und tastete behutsam die schmerzende Stelle am Hinterkopf ab, das Kopftuch hatte sie irgendwo verloren. Dem Stand der Sonne nach zu urteilen war sie fast den ganzen Tag ohne Bewusstsein gewesen.
    Bei dem Gedanken, Othar und seinen Männern so lange hilflos ausgeliefert gewesen zu sein, krampfte sich ihr Magen vor Ekel zusammen. Hastig verdrängte sie die Vorstellung, griff nach dem Wasserbeutel, der

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