Historical Exclusiv 45
seinen Augen sehen. „Thomas hat sich als besonders guter Lockvogel erwiesen.“ Er warf einen flüchtigen Blick auf den Jungen. „Wenigstens bisher.“
Ihr Herz schlug bis zum Hals, doch sie musste sich Klarheit verschaffen. „Bisher?“, wiederholte sie angstvoll.
Philippe lächelte. „Ich würde ihn hier dulden, einfach um die Launen eines Weibes zu befriedigen“, sagte er in einer Art, die er augenscheinlich als Beweis seiner großen Huld betrachtete.
Gabrielle glaubte ihm nicht. War sein Weg im Leben nicht auf Lügen aufgebaut?
„Ich kann keinen Mann ehelichen, der mich und meinen Sohn so niedrig achtet“, erklärte sie.
Trevaines Augen funkelten. „Meine Achtung , Madame, werdet Ihr auf Eurem Rücken verdienen. Was ich von Euch möchte, sind ein paar einfache Worte vor dem Pfaffen, und dann einen Sohn und einen zweiten in kurzer Zeit danach.“
Gabrielle hob den Kopf. Der Gedanke, dass dieser Mann ihr Bett bestieg oder gar ihren Körper berührte, war unvorstellbar. Und was würde aus Thomas, wenn Philippe einen Erben eigenen Blutes hätte? Sein Gelöbnis, ihr huldvoll eine Laune zu gewähren, würde damit wahrscheinlich seine Gültigkeit verlieren.
„Wenn ich mich weigere?“
„Dann werdet Ihr schwimmen gehen.“ Philippe deutete in Richtung des Flusses. „Es ist von hier ein langer Weg hinab in den Fluss“, schnarrte er. „Denkt Ihr nicht auch?“
Sie warf einen Blick über die Schulter. Sehr genau erinnerte sie sich des steil abfallenden Hangs in die tosenden Strudel und an die Felsen, die das Ufer säumten.
„Seid jedoch versichert, meine liebe Gabrielle, dass Ihr zusehen dürft, wie Euer geliebter Sohn zuerst hinabstürzt.“
„Nein!“, rief sie laut.
Trevaine schnippte mit den Fingern, und Algernon näherte sich Gabrielle. Thomas, der spürte, was geschehen könnte, brüllte aus Leibeskräften. Er umklammerte die Beine seiner Mutter, und sie umschlang ihn mit aller Kraft, aber Algernon entriss ihr den Jungen ohne weitere Anstrengung.
„Nein! Nehmt mir Thomas nicht!“
Der Riese warf sich den Knaben über die Schulter. Der Junge schluchzte, und Gabrielle stürzte hinter ihrem Sohn her.
Philippe versperrte ihr jedoch den Weg. Er war größer als sie, und als er die Hand um ihre Schultern legte, konnte sie nicht mehr an ihm vorbei, sosehr sie es auch versuchte. Ihre Verzweiflung gab ihr erneut Kraft. „Lasst mich los! Bringt Thomas zu mir zurück!“
Er verstärkte seinen Griff um ihre Schultern, sodass sie seine Finger einzeln spürte. „Bringt mich nicht in Versuchung, teure Gabrielle“, riet er ihr mit gesenkter Stimme. „Ihr und Thomas könntet sehr schnell Euren Wert für mich verlieren.“
Gabrielle sah in seine blassen eiskalten Augen und erkannte die Gefahr, die in diesen Worten lag.
Sie durfte nicht so leicht aufgeben!
„Nein!“ Sie sprang Philippe mit aller Kraft an, doch er schlug ihr mit voller Härte ins Gesicht und stieß sie von sich. Sie fiel gegen die Wand, war aber sofort wieder auf den Beinen.
Indes nicht schnell genug. Philippe hatte den Raum bereits verlassen. Grimmig schlug er die Tür hinter sich zu, noch ehe sie die Kammer durchqueren konnte.
Sie stemmte sich gegen die Tür, gerade als der Balken auf der anderen Seite vorgelegt wurde. Verzweifelt trommelte sie gegen das Holz, obwohl sie wusste, dass ihre Mühe vergebens war.
„In sieben Tagen treffen wir uns vor dem Altar, Gabrielle, oder Ihr und Euer Sohn werdet diesen Raum nur durch das Fenster verlassen“, rief Philippe. „Ich gebe Euch Bedenkzeit. Ich hoffe allerdings nicht, dass Ihr Dummheiten macht, wenn die Frauen kommen, um Euch das Hochzeitskleid anzupassen.“
„Was werdet Ihr mit Thomas machen?“, fragte Gabrielle atemlos.
Trevaine lachte. „Der Balg ist sicher in meiner zärtlichen Obhut“, sagte er, dann zögerte er kurz, ehe er fortfuhr: „Für den Augenblick.“
Diese Worte lösten Entsetzen in ihr aus, und sie schlug mit erneuter Kraft gegen die Tür. „Gebt mir meinen Sohn zurück!“
Gemeines Gelächter erklang. „Nach der Vermählung, meine geliebte Gabrielle“, sagte er. „Nachdem Ihr mir Euer Gelübde abgelegt habt. Fürchtet nicht um sein Wohlergehen. Wie ich sagte, der Knabe ist mir immer noch nützlich .“
Damit entfernte er sich, der Widerhall seiner Schritte wurde leiser.
„Nein!“, schrie Gabrielle. Schwach vernahm sie noch das Weinen von Thomas und beklagte, dass sie den Jungen nicht trösten konnte. Tränen traten in ihre Augen, und
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