Historical Exclusiv 45
einer einzigen Linie zusammengewachsen, sodass sie von einer Schläfe zur anderen reichten. Der schwergewichtige Rohling besaß zwar keinerlei Verstand, doch er stand in dem Ruf, einem Ochsen das Genick brechen zu können.
Trevaine lächelte mit jenem falschen Charme, den sie nur zu gut kannte. „Es scheint, als hättet Ihr einen Verehrer, Madame“, sagte er nachdenklich und wandte sich um, um dem Knappen erneut mit seinem nobel beschuhten Fuß einen Stoß zu versetzen.
Gabrielle wollte sich gerne selbst von Gastons Zustand überzeugen, wagte es jedoch nicht, näher heranzutreten. Thomas, der sich noch immer an sie klammerte, schien mit ihr einer Meinung zu sein.
Ein boshaftes Lächeln, an das sie sich nur zu gut erinnerte, umspielte Philippes Lippen, als er sie abschätzend betrachtete. „Es ist still im Hof geworden“, wunderte er sich. „Offensichtlich war der Angriff Eures Helden auf Perricault ein Fehlschlag.“
Er reckte seinen Hals, um durch das Fenster den Stand des Mondes zu prüfen. Dann schnalzte er scheltend mit der Zunge. „Und noch dazu früher als erwartet, muss ich sagen. Was für einen Kämpfer habt Ihr angeworben, meine teure Gabrielle?“
Dass dieser Mann Yves’ Fähigkeiten infrage stellte, das war zu viel! „Einen, der Eure Lügen nicht voraussah!“, entgegnete sie. „Verrat war im Spiel!“
Philippe lächelte mit kalter Anmut. „Aber gewiss doch! Lügen sind ein wesentlicher Bestandteil der Kampfesweise eines erfolgreichen Mannes.“ Er kam näher heran, sein Gebaren wirkte vertraulich, und Gabrielle zog sich an die Mauer zurück. „Falls Euer Ritter diese Nacht überleben sollte, wäre es gut für ihn, diese Lektion zu lernen.“
Nein! Yves konnte bei dem Angriff nicht getötet worden sein!
„Er hatte den Rückzug angetreten!“, schrie Gabrielle, ohne sich dabei dessen sicher zu sein.
Philippe lächelte weiterhin kalt. „Das könnte man sagen, teure Gabrielle, doch die traurige Wahrheit ist, dass er Euch hier zurückließ.“ Er hob seine Augenbrauen in spöttischer Verachtung. „Welch ein Held!“
„Er ist entkommen.“ Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, obwohl dieser Trost nur von kurzer Dauer war.
„Nun, wenigstens für kurze Zeit.“ Trevaine betrachtete seine Fingernägel mit sichtlichem Interesse, während Gabrielle den Atem anhielt. „Ihr müsst wissen, dass bereits Vorkehrungen getroffen wurden.“
Ihr Herz klopfte heftig, denn es war klar, dass Philippe nichts Gutes meinte. „Was meint Ihr?“
Er lächelte und sah sie an. „Wie begierig Ihr nach Einzelheiten seid, meine Liebe! Hegt Ihr Mitleid in Eurem Herzen für diesen Narrenritter?“
„Er ist kein Narr!“
Er warf ihr einen scharfen Blick zu. „Kein Narr? Obwohl man ihn zwei Mal in einer Nacht narrte?“
Zwei Mal? Übelkeit stieg in Gabrielle auf. „Was habt Ihr getan?“
Philippes Lächeln war kalt. „Alles zu seiner Zeit, meine Liebe, alles zu seiner Zeit.“
Ehe sie eine Erklärung verlangen konnte, fuhr er fort: „Für den Augenblick habt Ihr andere Sorgen.“ Er betrachtete Gabrielles Gestalt abschätzend und so unverschämt, dass sie sich unter seinem Blick ganz nackt fühlte. Zum ersten Mal war sie sich bewusst, wie viel diese Männerkleidung offenbarte. „Solch unweibliches Gewand, wie verlockend es auch aussehen mag, ziemt sich schwerlich für eine Braut.“
Gabrielles Mund wurde trocken. „Eine Braut?“
Philippe de Trevaine zog eine Augenbraue nach oben. „Natürlich. Perricault war nicht Michels einziger Besitz, den ich schon lange begehrte.“
Wollte er sich mit ihr vermählen? Nach allem, was er getan hatte? Abscheu ließ ihren Körper beben. „Ich werde Euch nicht ehelichen!“
Philippes Lippen verzogen sich in Ungeduld. „Ihr werdet Euch bestimmt mit mir vermählen, denn dies ist der beste Weg, meine Herrschaft über Perricault zu sichern.“ Er kam näher, berührte ihren Zopf, und seine Augen loderten begehrlich. „Wann wollen wir uns vermählen, meine Gabrielle?“, flüsterte er.
„Niemals!“, schleuderte sie ihm entgegen.
Philippe verbarg seinen Verdruss so schnell, dass sie ihn kaum wahrnahm. Er griff nach Thomas, der sich an seine Mutter drückte. Gabrielle wollte zurückweichen, doch die Mauer der Kammer hinderte sie daran.
„Was habt Ihr mit meinem Sohn vor?“, wollte sie erregt wissen.
Trevaine heuchelte Überraschung. „Ich? Nichts, Gabrielle, überhaupt nichts. Er beugte sich näher, und sie konnte das arglistige Glitzern in
Weitere Kostenlose Bücher