Historical Exclusiv 45
die Kälte zuckte er zusammen, doch sie hatte keine Nachsicht und hielt ihn fest.
„Es wird helfen“, befand sie, und der Jüngling stimmte zu.
Tatsächlich fühlte sich die Kühle des Tuches, nachdem der erste Schreck überwunden war, angenehm an. Es schien, als würde das Pochen langsam nachlassen. Gastons Magen knurrte laut.
„Es ist nichts zu essen da, leider“, erklärte Gabrielle grimmig. „Zweifellos beabsichtigt Philippe meine Zustimmung zu erlangen, indem er mich schwächt.“
„Wie lange sind wir schon hier?“
„Erinnerst du dich nicht an den Angriff gestern Abend?“
Also nur eine Nacht. Der Knappe war zufrieden, er hatte die Edelfrau nicht zu lange ohne Schutz gelassen. Er setzte sich auf und sah sich um.
Die Kammer wirkte nicht gerade einladend. Keine Wandteppiche hingen an den steinernen Wänden; kein Kohlebecken verströmte Wärme. Im oberen Bereich der Mauer gegenüber dem Fenster hatten sich sogar einige Steine gelöst. Durch die Öffnung pfiff der Wind.
Plötzlich bemerkte Gaston, dass er mit der Burgherrin allein war.
„Wo ist Euer Sohn?“, fragte er stirnrunzelnd. „Ich erinnere mich, ihn letzte Nacht bei Euch gesehen zu haben.“
Gabrielle presste die Lippen zusammen und wandte sich ab, doch nicht schnell genug, um ihre Verzweiflung verbergen zu können. „Philippe brachte ihn weg“, sagte sie mit zitternder Stimme.
„Er hat ihn aus der Burg gebracht?“
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Philippe hat ihn von meiner Seite gerissen, um meine Zustimmung für seine Pläne zu gewinnen.“
„Dieser Teufel!“ Gaston sprang auf die Beine, hastiger als klug gewesen wäre. Und er bezahlte seinen Eifer mit einem erneuten Hämmern in seinem Kopf, aber er war so wütend, dass er es nicht beachtete. „Welchen gemeinen Plan hat er im Sinn?“
Madame de Perricault verschränkte die Arme über der Brust und sah zu Boden. Ihre Stimme klang betrübt, als sie sprach. „Er will, dass ich mich mit ihm vermähle, um seine Herrschaft über Perricault rechtmäßig zu machen.“
Wie niederträchtig! „Doch eine Edelfrau wie Ihr kann nicht gezwungen werden, solch einen Mann zu ehelichen!“, warf der Junge hitzig ein. „Euer Lehnsherr wird sich widersetzen!“
Gabrielle schüttelte den Kopf. „Tulley kann nichts dagegen tun, wenn die Trauung und die Verbindung vollzogen ist, ehe er davon erfährt.“
„Das ist nicht gerecht!“
Sie verzog das Gesicht und sah Gaston erneut an. „Gerechtigkeit kümmert die Männer wenig, wenn sie Taten vollbringen, die zu ihrem eigenen Vorteil gereichen“, sagte sie sanft.
Während der Knappe versuchte, aus ihrer Erklärung schlau zu werden, zog sich Gabrielle zum Fenster zurück und setzte sich auf die darunter befindliche Steinbank. Einen solch verzweifelten Gesichtsausdruck hatte Gaston bisher noch nie bei ihr gesehen. Sie war aufgrund der Umstände mutlos, aber er wusste, wie er sie ermutigen konnte.
Er durchquerte den Raum, bis er vor ihr stand. „Mein Herr, der Chevalier Yves de Saint-Roux, wird nicht erlauben, dass solch ein Unrecht geschieht“, erklärte er stolz. „Er wird Euch zu Hilfe kommen, ehe Philippe seine gemeine Tat ausführen kann.“
„Nein, Gaston.“ Gabrielle schüttelte den Kopf, und ihre Stimme klang seltsam matt. „Er wird nicht kommen.“
„Natürlich wird er kommen!“
„Nein, Gaston. Der Chevalier hat sein Versprechen erfüllt und wird sich anderen Aufgaben zuwenden.“
„Welches Gelöbnis?“
„Er schwor lediglich, bei der Befreiung meines Sohnes zu helfen.“
„Doch das ist noch nicht vollbracht!“
„Nein“, stimmte sie zu. „Indes, dein Ritter hat sich tapfer geschlagen und entkam dem Angriff auf Perricault nur mit knapper Not. Es wäre verwegen, zurückzukehren und dem sicheren Tod entgegenzutreten, nur um Unrecht zu verhindern.“
„Ihr sagt das nur, weil Ihr die Haltung meines Herrn nicht kennt“, beharrte Gaston hitzig.
Sie betrachtete ihn lange Zeit, und der Knappe war überrascht, solche Mutlosigkeit in ihrem sonst so festen Blick zu sehen. Endlich legte sie eine Hand auf seinen Arm und sprach ruhig und bestimmt:
„Gaston, du bist noch jung und hast noch viel zu lernen. Was du letzte Nacht für mich getan hast, war bereits mehr als Tapferkeit, obwohl du für deinen Mut selbst hättest getötet werden können. Vielleicht würdest du nun, mit der Beule an deinem Kopf, dieselbe Tat nicht nochmals vollbringen.“
„Oh doch, gewiss!“
„Dann hast du wahrlich noch viel zu
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