Historical Exclusiv 45
alle Feigen aufessen!“, protestierte Quinn, obwohl seine Augen fröhlich zwinkerten. Die Frau lachte triumphierend und aß die zweite Feige, die sie auf dem Spielfeld übersprungen hatte.
„Nur, wenn Ihr darauf besteht, weiter so schlecht zu spielen, dass Ihr verliert“, entgegnete sie, dann wischte sie sich die Finger ab und lächelte Yves zu.
„Willkommen, Chevalier. Ich bin Melissande d’Annossy. Ich bitte um Verzeihung für den zwanglosen Empfang heute Abend.“ Sie warf ihrem Gemahl einen vielsagenden Blick zu. „Ich kenne jemand , der alle Feigen allein essen würde, wenn man nicht darauf achtet, und ich muss gestehen, dass ich selbst eine große Vorliebe dafür habe.“
„Eine Vorliebe?“ Sayerne schnaubte herablassend, und Yves begriff, dass dies ein altes Spiel zwischen den beiden war. „Dieser Jemand, der alle Feigen isst, kann schwerlich ich sein.“
Quinns Gemahlin lachte auf höchst erfreuliche Art. „Wenigstens esse ich sie bei Tisch“, scherzte sie mit leuchtenden Augen.
Für den Ritter war es unschwer zu erraten, wo die anderen Früchte verspeist wurden, denn das Paar wechselte einen Blick, der so glühend war, dass er sich augenblicklich in ihrer Gegenwart verlegen vorkam.
Das also war sein Bruder, den er all die Jahre gemieden hatte?
Yves entschied, sein Urteil über seines Bruders Charakter zurückzustellen, bis er ihm die Geschichte erzählt hatte – und Quinns Antwort klar war.
Melissande lächelte und bot Saint-Roux Platz an. „Bitte, leistet uns Gesellschaft.“ Sie wandte sich zur Tür, doch ehe sie rufen konnte, trat ein Diener ein. Er brachte einen neuen Krug mit Wein sowie Brot, Käse und Oliven.
„Ich habe mir die Freiheit genommen, Herr, für die Begleiter unseres Gastes ein Mahl in der Halle zu servieren, und bat sie, es sich dort bequem zu machen.“
„Höchst vortrefflich, Rustengo“, erklärte Quinn freundlich und nahm selbst wieder Platz. „Was würden wir ohne dich tun?“
Rustengo errötete leicht, doch war er über das Lob sichtlich erfreut. „Kann ich Euch noch zu Diensten sein, Sieur?“
Herr und Herrin blickten fragend zu Yves, der nichts an deren Gastfreundlichkeit auszusetzen hatte. In der Tat begann sein Magen zu knurren, als er den Duft des Brotes roch. Er nickte dem Diener zu und legte die Handschuhe ab. „Ich danke dir.“
Melissande stibitzte eine Feige vom Damebrett und steckte sie in den Mund. Das verschwörerische Zwinkern, das sie Yves zuwarf, und wie sie schelmisch den Mund verzog, als sie zu Quinn hinsah, verriet ihm, dass sie diese Frucht noch nicht gewonnen hatte.
Das war nicht das Benehmen einer Frau, die von ihrem Gemahl misshandelt wurde.
Kaum war Rustengo verschwunden, beugte sich Quinn vor und stützte die Arme auf den Tisch. „Nun erzählt uns, wenn Ihr wollt, welche Angelegenheit Euch nach Sayernes führte?“ Sein bernsteinfarbener Blick war so fest, dass Yves sich erneut fragte, wie viel Quinn wusste.
„Gemahl, lasst den Mann essen“, tadelte Melissande.
Doch auch Saint-Roux beugte sich vor, die Mission war wichtiger, als sich den Bauch vollzuschlagen. „Was wisst Ihr von Philippe de Trevaine?“
Quinn verzog das Gesicht. „Wenig Gutes. Michel de Perricault fiel durch seine Hand, wie ich vernahm.“
„Und sowohl Michels Witwe wie auch sein Sohn sind Philippes Gefangene“, ergänzte Yves grimmig.
„Nein!“, rief Melissande dazwischen. „Ich dachte, Gabrielle entkam.“
Yves senkte den Kopf. Erneut fühlte er die schwere Last seines Versagens auf sich ruhen. „Sie tat es“, gestand er ein. „Und sie fand meine Unterstützung für ihre Sache, um ihren Sohn aus den Händen Philippes zu befreien.“
Quinns Blick wurde neugierig. Sowohl er als auch seine Gemahlin beugten sich näher, begierig die Neuigkeiten zu hören.
„Im Schutze der Nacht griffen wir Perricault an, nachdem ich beobachtet hatte, dass Philippe und seine Leute, ohne Thomas mitzunehmen, abgezogen waren.“ Er legte das Brot beiseite. „Man hatte uns gründlich getäuscht, und die Männer, die jetzt mit mir sind, sind die Einzigen, die dem Gemetzel entkamen.“
„Falscher Hund“, zischte Sayerne. „Er muss in die Burg zurückgekehrt sein.“
„Das tat er.“
„Hatte er einen Spion in Euren Reihen?“, fragte er verhalten.
Yves’ Blick traf den seines gleich gesinnten Bruders. „Nicht mehr.“
Quinn nickte. „Gut.“
Für eine Weile herrschte Stille zwischen ihnen, dann beugte sich Melissande vor, um Yves Wein
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