Historical Exclusiv 45
durch die Anwesenheit der aufdringlichen Näherinnen und des beharrlich düster dreinblickenden Gaston bis aufs Äußerste strapaziert. Obwohl die Zuversicht des Knappen in Yves rührend war, hatte es sich doch gezeigt, dass sie unbegründet war, denn die Tage waren verstrichen, ohne dass der Ritter kam.
Gabrielle machte es dem Knaben nicht zum Vorwurf, dass er sich mit der Wahrheit nicht abfinden wollte, denn sie war überraschenderweise selbst enttäuscht. Wie gerne hätte sie geglaubt, er käme wirklich. Oh, nein, es lag kein Sinn darin, dies zu erhoffen.
Die Aussicht indes, Philippe zu ehelichen, war höchst unerfreulich und ihre Sorge um Thomas groß.
Keiner dieser Gründe schien jedoch eine wirkliche Erklärung für die Heftigkeit ihrer Enttäuschung zu sein. Sie sollte es jedoch wirklich besser wissen, als sich zu fragen, ob ein Mann sich um etwas anderes kümmern könnte als um seine eigenen Belange. Sollte sie etwas für den wohlgestalten Ritter empfinden, der sich ihrer Sache angenommen hatte?
Plötzlich bemerkte sie, dass Philippe sie scharf ansah. Hatte er ihre Gedanken erraten? Ihr Herzschlag setzte für einen Augenblick aus, und sie murmelte die erstbesten Worte, die ihr in den Sinn kamen.
„Ihr scheint an diesem Morgen in guter Stimmung zu sein.“
„Warum sollte ich nicht?“ Philippe stolzierte durch die Kammer und entließ die Näherinnen mit einer herablassenden Handbewegung. Sie gebärdeten sich wie aufgescheuchte Hühner. „Am heutigen Tage werde ich mich mit der Dame meines Herzens, die mich schon so lange gefangen hält, vermählen“, fuhr er fort. Doch seine Stimme barg einen spöttischen Unterton.
„Die Angelegenheit macht keine leeren Schmeicheleien erforderlich“, erwiderte Gabrielle, und ihr Tonfall klang schärfer als beabsichtigt.
Trevaine kniff die Augen zusammen, und sein Lächeln schwand. „Wie Ihr wünscht“, sagte er oberflächlich. „Ich bin guter Laune, denn ich vermähle mich in Kürze mit der Dame, die meine Ansprüche auf Perricault sicherstellen wird.“ Er zog eine Augenbraue hoch. „Ist das besser?“
Sie zuckte mit den Achseln. „Es ist zumindest ehrlich.“
„Oh, das ist es“, sagte Philippe nachdenklich. Er betrachtete seine Fingernägel, und Gabrielle fragte sich, was noch im Gange war.
„Habe ich recht gehört, dass heute Morgen jemand ankam?“, wagte sie zu fragen.
Philippe begann erneut zu lächeln. „Das habt Ihr, meine Liebe, das habt Ihr.“ Ein Funkeln in seinen Augen machte Gabrielle noch misstrauischer. „Quinn de Sayerne ist klugerweise erschienen, um mit mir Frieden zu schließen.“
Sie hatte den Herrn über Annossy und Sayerne nur zwei Mal getroffen, doch schien er ein Mann unbeugsamer Grundsätze zu sein, ähnlich Yves de Saint-Roux.
„Das würde Quinn de Sayerne nicht tun!“
Trevaine warf ihr einen strengen Blick zu. „In der Tat, er hat es getan“, beharrte er mit solcher Überzeugung, dass sie seine Worte nicht anzweifeln konnte. „Er tat, was ich von ihm erwartete.“
„Ich verstehe das nicht.“
Philippe lachte laut über ihre Verwirrung. „Und Ihr könntet es auch nicht, meine reizende Braut, denn ich habe Euch nicht die ganze Geschichte erzählt.“ Nun war er es, der die Arme über der Brust verschränkte. Er lehnte sich gelassen an die Wand. Selbstherrlich behauptete er: „In der Tat ist es das beste Zeichen für meinen bisherigen Erfolg.“
„Dass Quinn de Sayerne kommt, um Frieden zu schließen?“
„Ja!“ Seine Augen blitzten. „Weil ich Seymour de Crecy fortgeschickt habe, um genau diesen Frieden zu erreichen …“
„Seymour de Crecy!“ Gabrielle rang nach Atem. „Er war Euer Mann?“
„Seymour de Crecy ist mein Mann“, berichtigte Philippe kalt.
„Er war es doch, der Yves von Eurer Abreise erzählte!“
„Eine Lüge, aber eine, die kunstvoll geplant war, meint Ihr nicht?“, fragte Philippe gnädig.
Gabrielle war über diese Neuigkeiten erzürnt. „Er beugte das Knie vor Yves de Saint-Roux! Er gelobte unserer Sache die Treue!“
„Er hat gelogen“, stellte Trevaine ungerührt fest. Dann schüttelte er gedankenverloren den Kopf. „Meine Gabrielle, in der Tat, Ihr habt reizende Ansichten, wie viel das Wort eines Mannes wert ist.“
Zu spät wurde ihr nun alles klar. Seymour war der Grund dafür, dass Philippe von dem bevorstehenden Angriff wusste, und Seymour war der Verräter, von dem Yves nichts ahnte. Sie war verärgert, dass sie Yves nicht von ihrer gefühlsmäßigen
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