Historical Exclusiv 45
das war ihr in diesem Augenblick gleichgültig. Und sie musste es tun, ehe sie der Mut dazu verließ. „Vielleicht könnt Ihr später in mein Gemach kommen, auf ein Wort?“, bat sie ihn hastig.
Yves’ Lächeln war so tiefgründig, dass ihr Blut in Wallung geriet. „Es wird nicht lange dauern, Madame“, murmelte er, ehe Thomas ihn endgültig aus der Kammer zerrte.
„Welche Farbe haben die Hunde von Sieur Quinn? Sind sie schon groß?“, wollte der Junge wissen. Seine Flut an Fragen schien nicht mehr enden zu wollen, nachdem sie begonnen hatte. „Werden sie mich mögen? Was fressen sie?“
Als der Ritter und der Knabe auf der Treppe verschwunden waren, umarmte sich Gabrielle voll Freude selbst. Wer hätte gedacht, dass sich alles zum Guten fügen würde? Ihr Herz pochte in Erwartung der Rückkehr ihres Gemahls, und sie kehrte ungeduldig in das Gemach zurück.
Denn dort wollte sie ihm ein eindeutiges Angebot machen.
Yves benötigte so lange, dass Gabrielle fast der Mut verließ. Eine richtige Familie. Ihr Vorschlag würde sie gewiss dazu machen, wenn sie es fertigbrachte, ihn in Worte zu kleiden.
Sobald sie seine Schritte auf dem Korridor vernahm, sprang sie auf und versuchte entspannt zu wirken, als ihr Gemahl eintrat.
Er fuhr sich durch das Haar und lächelte sie reuevoll an. „Nun will er nicht mehr zu sprechen aufhören.“
Gabrielle musste nun auch lächeln. „Ich kann es noch immer nicht glauben“, flüsterte sie, und ihre Augen strahlten, als sie ihn ansah.
„In den Stallungen hat er nur zwei Worte gesagt“, verriet ihr der Ritter, als er das Gemach durchschritt, um an ihre Seite zu gelangen. „Ich habe niemals gedacht, dass er so viel und so schnell sprechen könnte.“
„Er ist nun so, wie er immer war“, stellte Gabrielle zufrieden lächelnd fest. „Wahrscheinlich wird er Euch die Ohren voll reden, wenn er nur die Gelegenheit dazu hat – nun könnt Ihr Euch vorstellen, warum mich seine Schweigsamkeit so überraschte.“
Yves lachte in sich hinein. „Das kann ich.“ Er starrte seine Gemahlin lange Zeit an. Und unter seinen begehrenden Blicken gelang es ihr nicht, ihren Vorschlag über die Lippen zu bringen.
„Ich werde morgen wohl nach Sayerne reiten und Quinn um die Hunde bitten.“ Er wurde ernst. „Betet darum, dass er mir meine Bitte nicht abschlägt, es wäre schade nach alledem.“
„Das wird er nicht“, sagte Gabrielle, und ihre Blicke trafen sich erneut. Sie sollte ihn fragen, ehe er fortging, doch sie fand keine Worte.
Die Stille wuchs zwischen den beiden, obwohl die Glut in Yves’ Augen nicht erlosch. Er räusperte sich plötzlich und runzelte die Stirn. „Macht Euch keine Sorgen um die Sicherheit auf Perricault, während ich fort bin. Die Männer sind wachsam.“
„Ich weiß.“
Er blickte auf seine Stiefel hinab. „Ich vermute, dass ich nicht mehr als ein paar Tage weg bin …“
„Geht nicht“, unterbrach ihn Gabrielle, und Yves sah sie erstaunt an.
„Ihr wollt die Hunde nicht?“
„Nein, das meine ich nicht.“ Eine ungewohnte Unbeholfenheit ergriff sie, ohne es zu wollen, stieß sie die Worte hastig hervor.
Es waren indes nicht die Worte, die sie sagen wollte.
„Wir könnten zusammen reiten“, schlug sie vor. „Dann hätte Thomas die Möglichkeit, sich die Hunde auszusuchen, die er mag, wenn es Eurem Bruder nichts ausmacht.“ Gabrielle plapperte wie eine Närrin, doch sie konnte nicht aufhören. „Es würde mir gut tun auszureiten, und Thomas würde die Welt außerhalb der Burg sehen.“
„Das ist eine gute Idee“, stimmte Yves zu. „Wäre morgen zu früh für Euch?“
Sie schüttelte den Kopf, und der Ritter trat einen Schritt zurück. „Ich werde die Vorbereitungen treffen“, sagte er und wandte sich zum Gehen.
Nicht ehe sie gesagt hatte, was sie sagen musste!
„Nein!“ Gabrielle folgte ihm und fasste ihn am Ärmel. Er sah sie überrascht an, und sie wusste, sie musste sprechen, bevor der Mut sie verließ.
Sie starrte auf den dunkelblauen Stoff, den sie in Händen hielt, denn sie könnte es nicht ertragen, Zurückweisung in seinen Augen zu sehen. „Was Ihr heute und in den vergangenen Wochen getan habt, geht weit über das hinaus, was ich von einem Gemahl, der noch dazu nur dem Namen nach mit mir vermählt ist, erwartet habe.“
Sie schluckte schwer und holte tief Luft. Er sah sie die ganze Zeit schweigend an. „Unsere Verbindung ist sehr unnatürlich, wie Ihr schon damals bemerktet, und ich möchte diesen Zustand
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