Historical Exclusiv 45
heftig auf den Tisch, dass er überschwappte.
Besänftigend legte Rorik seine Hand auf die ihre. „Kein Grund zur Unruhe, mein Schatz“, raunte er ihr zu, da er ihre Ungeschicklichkeit falsch deutete. „Ich werde dir nicht wehtun.“
Yvaine versuchte, sich gegen den dunklen, samtweichen Ton seiner Stimme zu verschließen. Seit Egil, Thorolf und ein anderer Jarl, der eilig aus der Nachbarschaft herbeigeholt worden war, das Paar für vermählt erklärt hatten, behandelte Rorik sie sehr zuvorkommend und sanft. Vermutlich glaubte er, sein Ziel erreicht zu haben.
„Dieser Zuspruch ist unangebracht“, entgegnete sie spitz. „Ich habe nicht die Absicht zuzulassen, dass Ihr mir wehtut.“
„Vergisst du nicht etwas?“, brummte er. „Wir sind verheiratet.“
„Ein paar heidnische Worte mit einem Humpen Bier besiegelt, macht mich noch lange nicht zu Eurer Ehefrau.“
„Hm.“ Er gab ihre Hand frei und erhob sich. „Wir setzen dieses Gespräch woanders fort.“
Yvaine sprang auf. „Ich kenne Eure Sitten nicht“, sagte sie, während sie sich um einen sachlichen Tonfall bemühte. „Aber ich möchte eine Weile allein sein.“
Er deutete eine höfliche Verneigung an. „Das ist unser Brauch, Lady. Ein paar Frauen führen dich ins Brautgemach und bereiten dich für die Hochzeitsnacht vor.“
Er wies zur Frauenbank, zögerte einen Moment, bevor er ihre Hand leicht berührte. „Zu meinem Bedauern ist Gunhild eine von ihnen. Aber es wäre eine schwere Beleidigung, sie auszuschließen.“
„Ich verstehe“, antwortete Yvaine ebenso höflich, weigerte sich aber, seinem Blick zu begegnen.
Sie spürte Roriks durchdringenden Blick im Rücken, als Gunhild und zwei andere Frauen sie aus der Halle führten. Wie ein Habicht, der sich seiner Beute sicher ist, dachte sie.
Ein Schauer durchrieselte sie, als sie eine dämmrige Kammer, die vom dunklen Flur abführte, betrat und feststellen musste, dass der winzige Raum keine Fluchtmöglichkeit bot. Die winzige Fensteröffnung war zu schmal, um sich hindurchzuzwängen.
Ihr Blick fiel auf das breite Bett, das nur einen schmalen Durchgang zu beiden Seiten freiließ. In einer Ecke neben einer Holztruhe flackerte eine Öllampe.
„Wahrscheinlich hast du erwartet, meine Schlafkammer zu bekommen und die Schlüssel des Hauses dazu“, sagte Gunhild boshaft, sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, und gab einer runzeligen Alten, die ebenfalls eingetreten war, einen Wink, Yvaine zu entkleiden. Die dritte Frau befand sich offenbar draußen im Flur. „Aber darauf kannst du lange warten.“
„Ich habe nicht den Wunsch, Euch etwas wegzunehmen“, sagte Yvaine wahrheitsgemäß und zuckte erschrocken zurück, als krumme, klauengleiche Finger an ihrer Spange nestelten. „Und ich ziehe es vor, mich alleine zu entkleiden. Wenn aber diese Zeremonie nötig ist, soll Anna mir helfen.“
„Das könnte dir so passen“, entgegnete Gunhild schroff. „Es wäre unangemessen, wenn eine Fremde Roriks Braut für die Hochzeitsnacht vorbereitet. Die Zeugin muss vertrauenswürdig sein, stimmt’s, Ingerd? Wir brauchen den Beweis, dass du jungfräulich bist. Kein Mann außer Rorik darf diese Kammer betreten. Und wir wollen hoffen, dass er seine Entscheidung nicht schon morgen bereut.“
Die Greisin, offenbar Gunhilds Vertraute, kicherte krächzend, zog aber duckmäuserisch die Schultern hoch, als Gunhild sie mit einem strafenden Blick bedachte.
„Wenn Ihr darauf besteht, bewacht mich, aber ich entkleide mich selbst.“
„Wie du wünschst.“ Verächtlich zuckte Gunhild die Schultern. „Ich habe nicht den Wunsch, die Dienerin für Eure Ladyschaft zu spielen.“ Als Yvaine ihre Kleider ablegte, schnalzte sie verächtlich mit der Zunge. „Sieh dir das an, Ingerd. Ich habe es immer gesagt, diese angelsächsischen Weiber sind nur Haut und Knochen. Die sieht mir nicht aus, als könne sie Rorik Söhne gebären, selbst wenn er lange genug bleibt, um sie zu schwängern.“
„Erwartet Ihr, dass er bald wieder zur See fährt?“, fragte Yvaine, die sich innerlich vor Scham wand, sich vor den feindseligen Blicken dieser boshaften Frau nackt ausziehen zu müssen, und kroch hastig unter das Bärenfell, das Ingerd ihr aufhielt. Die Matratze fühlte sich erstaunlich weich an, doch im Augenblick konnte sie sich nicht an dem unerwarteten Luxus erfreuen.
„Natürlich.“ Gunhild warf ihr einen spöttischen Blick zu, bevor sie die Tür öffnete. „Denkst du etwa, Rorik hat acht Jahre
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