Historical Exclusiv 45
Schultern. „Ich weiß, was ich tue.“
Egil betrachtete ihn einen Moment, dann seufzte er, wirkte plötzlich sehr erschöpft und fiel in ein langes brütendes Schweigen.
Die anwesende Menge wartete geduldig wie die Zuschauer bei einem Mummenschanz, aufmerksam jede Bewegung, jedes Wort verfolgend. Yvaine fragte sich, wie die Zuschauer reagieren würden, wenn sie Egil sagte, er brauche sich keine Sorgen zu machen, dass sein Sohn eine englische Gefangene zur Frau nimmt, dass …
„Das Blut deiner Mutter ruft in dir“, murmelte der Greis plötzlich.
Gunhild auf der Frauenbank schnaubte verächtlich. Dieses Schnauben schien ihn endgültig aus seinem Grübeln zu holen. Er straffte die Schultern, setzte sich mühsam aufrecht und nickte Rorik zu.
„So soll es sein. Ein Mann kann dem Schicksal nicht entgehen, das die Nornen für ihn weben. Da sie schon bereitstehen, um meinen Lebensfaden zu durchtrennen, sollst du sie noch heute heiraten.“ Er legte eine Pause ein, nickte, als lausche er einer Stimme. „Ja, es soll jetzt geschehen, in meiner Anwesenheit. Und Thorolf soll dein Zeuge sein.“
„Ein guter Vorschlag“, bestätigte Rorik. „Du nimmst mir die Worte aus dem Mund.“
„Was?!“ Plötzlich kam Leben in Yvaine. Sich die Ankündigung einer Verlobung anzuhören, war eine Sache. Jetzt aber brach die Wirklichkeit über sie herein. Es war höchste Zeit zu handeln. „Ich denke …“
Als Rorik sich ihr zuwandte, wurde ihr einiges klar. Er wollte ihrer Ehre Genüge tun und sie heiraten, um das zu bekommen, was er sich in den Kopf gesetzt hatte.
„Ich lasse mich nicht zu einer Heirat zwingen“, rief sie entrüstet. „Es kümmert mich nicht, was andere denken. Wir können uns als Verlobte ausgeben, wenn das Euer Wunsch ist, wenn Ihr einen Boten …“
„Erwähne Edwards Namen noch ein einziges Mal“, unterbrach er sie leise, „und ich übernehme keine Verantwortung für die Folgen.“
„Aber …“
„Mein Vater hat seinen Wunsch deutlich ausgesprochen.“
„Der Wunsch Eures Vaters!“ In heller Empörung sprang sie auf. „Haltet Ihr mich für blind und taub? Euer Vater ist gegen diese Heirat, genau wie alle anderen in Eurer Sippe.“
„Sie werden sich daran gewöhnen, genau wie du, Wildkatze.“
Nun platzte Yvaine endgültig der Kragen. Sie vergaß ihr aufmerksames Publikum. „Ach tatsächlich?“, höhnte sie zähneknirschend. „Nun, Ihr solltet Euch auch an etwas gewöhnen, arroganter, aufgeblasener Dickschädel. Ihr könnt mich zu dieser Heirat zwingen, aber ich bleibe nach wie vor Engländerin und betrachte mich nach wie vor als ungebunden. Und eines Tages werdet Ihr Euch wünschen, nie …“
Der Rest ihrer Schimpftirade blieb ihr in der Kehle stecken, da Rorik ihr eine große Hand in den Nacken legte und sie unsanft an sich zog. Die Entschlossenheit in seinem Blick schüchterte sie plötzlich ein, so dass sie erschrocken blinzelte.
„Meinetwegen betrachte dich weiterhin als Engländerin“, begann er mit gedämpfter Stimme, die dennoch bis in den letzten Winkel der Halle drang. „Das ist deine Entscheidung. Aber eins versichere ich dir: Dieser arrogante, aufgeblasene Dickschädel wird dir bis zum Anbruch des morgigen Tages sehr wohl das Gefühl geben, eine verheiratete Frau zu sein.“
Bevor sie Protest einlegen konnte, nahm sein Mund den ihren in Besitz in einem Kuss, der Ausdruck seines männlichen Stolzes und seines Grolls war. Ein Überfall, den sie wütend ertragen musste.
Und als er schließlich den Kopf hob, brachen alle Anwesenden in Jubel aus. Nur Egil und Gunhild behielten ihre starren Mienen bei.
Die fröhliche Stimmung hielt noch lange an, allerdings nur unter dem Hausgesinde, wie Yvaine feststellen musste, als die Reste des Hochzeitsmahls abgeräumt wurden. Egil hatte sich unmittelbar nach der Feier zurückgezogen, auch Thorolf war gegangen, um seine Mutter zu besuchen.
Von ihrem Platz an Roriks Seite an der Hochtafel warf Yvaine einen Blick zu Gunhild hinüber, die mit säuerlicher Miene den Ehrenplatz in der Mitte der Frauenbank einnahm. Sie hatte der jungen Braut zu Beginn des Hochzeitsmahls mit großer Genugtuung eröffnet, dass auch sie morgen dort sitzen würde, da Frauen in Norwegen die Mahlzeiten getrennt von den Männern einnahmen.
Der Gedanke, mit dieser boshaften Frau unter einem Dach leben und neben ihr sitzen zu müssen, trieb ihr die Tränen der Wut in die Augen. Sie spülte ihren Ärger mit einem Schluck Bier hinunter und stellte den Becher so
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