Historical Exclusiv 45
und schloss die Tür hinter sich. Seine hünenhafte Gestalt schien die Kammer auszufüllen.
In blinder Flucht sprang sie aufs Bett und kroch zur Mitte des Bärenfells.
Rorik zog die Brauen hoch, sperrte die Tür ab und betrachtete sie. „Findest du diese jungfräuliche Scheu nicht ein wenig übertrieben?“
Sie hob das Kinn. „Ihr erwartet, mich gehorsam im Bett vorzufinden. Ich aber habe nicht die Absicht, wie ein Opferlamm auf einem heidnischen Altar zu liegen.“
„An einem Opferlamm bin ich nicht interessiert“, sagte er und begann seinen Gürtel zu lösen.
Yvaines Blick flog zu seinen Händen. In ihrer Magengrube breitete sich ein flaues Gefühl aus, sie kauerte sich auf die Fersen und beobachtete in angstvoller Faszination, wie er den Gürtel mit dem Dolch abnahm und aufs Bett warf. Dann streifte er Tunika und Unterhemd über den Kopf und warf beides zu Boden. „Allerdings“, fuhr er fort, „würdest du unter dem Fell nicht frieren.“
„Nein, danke“, flüsterte sie, während ihr Blick sich auf seinen Brustkorb heftete. Gütiger Himmel, er war so stark. Ihre Finger krümmten sich, als wollten sie sich in diese breiten Schultern krallen, um das Spiel seiner Muskeln unter der gebräunten Haut zu spüren. Ein Vlies gekräuselter goldener Locken bedeckte seinen Brustkorb, verjüngte sich und zog sich seine flache Bauchdecke nach unten. Ihr Blick folgte dem seidigen Pfad, und sengende Hitze stieg ihr in die Wangen. Er trug immer noch seine eng anliegenden Hosen, die nichts der Fantasie überließen. Er war sehr kraftvoll gebaut.
Und er war stark erregt.
Sie riss den Blick nach oben und versuchte sich an ihren Plan zu erinnern. Sie hatte keinen Plan. Er hatte ihr nicht genügend Zeit gegeben, einen Plan zu fassen.
„Wenn du bei mir so scheu bist“, sagte er mit einem wehmütigen Lächeln, „wie warst du dann bei Selsey, bevor du die Wahrheit über ihn kanntest?“
„Wer?“
Er lachte, trat einen Schritt näher und lehnte die Schulter gegen einen geschnitzten Bettpfosten.
„Du erstaunst mich, kleine Wildkatze. Ist das die Frau, die versuchte zu fliehen, obwohl sie sich kaum auf den Beinen halten konnte? Die das Risiko auf sich nahm, lieber den Dänen in die Hände zu fallen, als unter meinem Schutz zu bleiben?“
„Ein schöner Schutz“, stieß sie hervor. „Ihr seid es doch gewesen, der mich entführt hat.“
„Richtig.“ Er schwieg nachdenklich. „Aber das ist Vergangenheit. Können wir nicht einen Neubeginn machen? Es ist ja nicht so, als hätte ich dich einem liebevollen Gatten weggenommen.“
„Das ist keine Entschuldigung.“
„Nein. Aber sag mir, was hättest du getan, wenn ich Selsey nicht getötet und dich zurückgelassen hätte? Du sagst, er habe dich bis zu diesem Tag nicht misshandelt. Warum wolltest du ihn verlassen?“
Sie beäugte ihn argwöhnisch. Wieso stellte er diese Fragen? Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. Seine atemberaubende Männlichkeit brachte jeden Nerv in ihr zum Beben. Seine sanfte Stimme bildete einen so krassen Gegensatz zur Bedrohung, die von ihm ausging. Sie fühlte sich schwindelig, ihr war, als würde sie innerlich zerrissen.
Plötzlich fiel es ihr schwer, ihm Trotz zu bieten. Der seltsam ernsthafte Ton verwirrte sie noch mehr, aber war es nicht das, was sie sich gewünscht hatte? Zu reden, um Zeit zu gewinnen, damit sie einen Plan fassen konnte?
„Ceawlin hat mich nicht geschlagen“, sagte sie schließlich. „Aber es grenzt an ein Wunder, dass ich die Wintermonate überlebt habe. Er zwang mich, dünne Kleider zu tragen. In meinem Söller durfte kein Feuer gemacht werden. Zu essen bekam ich Küchenabfälle, die auch den Schweinen vorgeworfen wurden. Im letzten Jahr war ich mehrfach ernsthaft krank, ich musste nach dem Essen erbrechen, bis ich darauf bestand, nur das zu essen, was im großen Kessel für das Gesinde gekocht wurde.“ Sie machte eine müde Handbewegung. „Ist das nicht Grund genug?“
Er nickte. „Du warst sehr unglücklich in deiner Ehe, das weiß ich. Aber nicht alle Männer sind wie Ceawlin.“
„Tatsächlich?“, entgegnete sie höhnisch. „Sehen Männer in Frauen nicht nur einen Gegenstand, mit dem sie nach ihrem Gutdünken tun und lassen? So erging es mir, meinen Cousinen …“, die Stimme drohte ihr zu versagen, als unglückliche Kindheitserinnerungen in ihr aufstiegen, „… und meiner Mutter.“
Roriks Augen wurden schmal. „Deine Mutter? Was war mit ihr?“
„Sie wurde von einem Nachbarn
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