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Historical Exclusiv 45

Historical Exclusiv 45

Titel: Historical Exclusiv 45 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Byrne , Claire Delacroix
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alte Frau drohte ihm mit einem gichtigen Finger. „Wehe dem Mann, der sich an der Frau seines Bruders vergreift“, krächzte sie.
    „Geh mir aus dem Weg, altes Gerippe“, knurrte Othar und stieß sie beiseite.
    Ingerd taumelte zum Rand des Podiums und kreischte gellend beim Anblick des Feuers unter ihr. Sie streckte Halt suchend die Hände nach Othar aus, doch der war bereits an ihr vorbeigestürmt. Die Sklaven fuhren aufgescheucht auseinander wie die Hühner. Ingerds Fuß rutschte ab, mit wild fuchtelnden Armen taumelte sie den glühenden Herdsteinen entgegen.
    Yvaine sprang ihr zu Hilfe, bekam Ingerds Röcke zu fassen, riss sie mit aller Kraft zurück, und beide Frauen landeten auf dem Boden, in sicherem Abstand zum Feuer.
    Yvaine richtete sich auf, befahl den zu Hilfe eilenden Frauen, wieder an ihre Arbeit zu gehen. „Schon gut. Uns ist nichts passiert …“, sie klopfte Ingerds Röcke ab, aus Furcht, sie könnten Feuer gefangen haben. „… oder bist du verletzt?“
    Die Alte ächzte und stöhnte. „Ich habe mir den Fuß verbrannt“, wimmerte sie. „Das tut weh.“
    „Lass mal sehen.“ Sie schob Ingerds Röcke hoch und zog ihr den weichen Lederschuh aus. „Halb so schlimm. Der Schuh hat den Fuß geschützt. Sieh nur, er ist nur ein wenig gerötet.“
    Sie half Ingerd auf die Füße und setzte sie auf die Bank. „Bleib sitzen und erhole dich von dem Schreck.“ Sie zögerte. „Othar wollte dir gewiss nicht ernstlich …“
    „Pah!“
    Der verächtliche Ausruf kam mit solcher Lautstärke, dass Yvaine verblüfft blinzelte. Ingerd warf einen unsteten Blick durch die Halle und dämpfte ihre Stimme. „Du bist gütig, Roriks Frau. Aber ich warne dich. Wieso soll alles nach dem Kopf dieses jungen Taugenichts gehen?“
    Sie rutschte näher, ihre knochigen Finger krallten sich in Yvaines Unterarm. „Hast du seine Augen gesehen?“, zischte sie. „Nimm dich in Acht, Mädchen. Egil sprach von Wahnsinn, aber ich dachte, er redet im Delirium. Der Rest stimmt. Ich wusste damals, dass an jenem Morgen etwas nicht in Ordnung war, obwohl wir Sklaven hinaus auf die Felder geschickt wurden. Wir sollten die Ernte rasch einbringen, aber das war ein Vorwand. Dieser Wahnsinn … Auf Egil lastet ein Fluch, nicht auf seinem Vater oder seinem Großvater.“
    „So lange bist du schon hier, Ingerd?“ Yvaine unterdrückte den Wunsch, die Finger der Greisin von ihrem Arm zu lösen.
    „Ja, sehr lange. Ich bin alt, Mädchen, steinalt. Und ich war immer eine Sklavin. Immer hat es geheißen, ‚Ingerd tu dies, tu jenes‘. Aber das hat bald ein Ende.“
    Sie sah Yvaine plötzlich gehässig an und beugte sich näher. „Warum sollst ausgerechnet du frei sein, Engländerin, nur weil Rorik dich haben will? Er ist nicht wie sein Großvater. Er wurde Eirik der Gerechte genannt. Aber wo blieb sein Sinn für Gerechtigkeit, nachdem er sich mit mir vergnügt hatte?“
    Die Frage machte Yvaine stutzig. Was wäre wohl aus ihr geworden, wenn Rorik sie nicht geheiratet hätte? „Männer begreifen manchmal nicht, was uns Frauen wichtig ist“, versuchte sie die Alte zu beschwichtigen. „Ich spreche mit Rorik, Ingerd. Er hat gewiss ein Einsehen, nach all den Jahren, in denen du der Familie treu gedient hast …“
    „Nein! Du begreifst nicht.“ Ingerd zerrte ungeduldig an Yvaines Arm. „Gunhild sagt, ich werde frei sein. Ich habe ihr gestern Nacht alles erzählt. Ich habe lange überlegt, aber sie musste es erfahren. Aber der Junge … ich habe nicht an den Jungen gedacht …“
    Die Greisin warf wieder ängstliche Blicke über die Schulter, als Stimmen im Flur laut wurden. Dann beugte sie sich vor und zischte Yvaine ins Ohr: „Hör mir gut zu, Roriks Frau. Ich traue Othar nicht, und Gunhild ist seine Mutter. Wenn mir etwas zustößt, wende dich an Thorkill. Er war an jenem Tag hier. Er kennt die Wahrheit.“
    „Zustoßen … Wahrheit?“ Yvaine fuhr zurück. „Ingerd, wovon sprichst du?“
    Aber Ingerd zuckte zusammen, als sie sah, wie Gunhild sich näherte. Sie ließ Yvaines Arm los und entfernte sich schlurfend wie ein geprügelter Hund.
    Gunhilds Augen wurden schmal. „Sollst du nicht aufpassen, wann die Männer zurückkommen, Ingerd?“
    „Ich dachte, sie sind längst zurück, Gunhild.“ Ingerd schlurfte zur Tür. „Aber ich passe auf. Ja, ja … ich passe gut auf.“
    Gackernd huschte sie aus der Halle.
    Gunhild zog die Brauen hoch. „Bilde ich mir das nur ein?“, fragte sie in Yvaines Richtung. „Oder ist Ingerd heute

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