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Historical Exclusiv 45

Historical Exclusiv 45

Titel: Historical Exclusiv 45 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Byrne , Claire Delacroix
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noch wirrer im Kopf als sonst?“
    „Die arme Alte hat einen tüchtigen Schreck bekommen. Sie wäre beinahe ins Feuer gefallen.“
    „Pah. Die alte Närrin ist zu nichts mehr zu gebrauchen.“ Sie wandte sich an ihre Sklavinnen.
    Yvaine beschloss, sich in die Schlafkammer zurückzuziehen und dort auf Rorik zu warten. Nach Gunhilds gefühlskalter Bemerkung und Ingerds wirrem Gefasel war ihr ganz unbehaglich zu Mute. Sie hatte zunächst gedacht, Ingerds Warnung habe ihr gegolten, aber offenbar fürchtete die alte Frau, selbst Opfer einer Untat zu werden. Wenn ja, was konnte dieser unbekannte Thorkill daran ändern? Ingerd hatte gesagt: „Wende dich an Thorkill, wenn mir etwas zustößt.“ Was hatte das nur zu bedeuten?
    Das Leichenmahl war fast beendet, bevor Yvaine bemerkte, dass Ingerd nicht an ihrem Platz auf der Frauenbank saß. Die Entdeckung riss sie aus ihren sinnenden Betrachtungen.
    Das war ein Vorzug, auf die Frauenbank verbannt zu sein in dieser ausschließlich männlichen Versammlung. Sie hatte Rorik nach Herzenslust beobachten können, hatte zugehört, wie einer nach dem anderen der geladenen Herren lauthals Geschichten über Egils Heldentaten – oder auch Untaten – zum Besten gegeben hatte, worauf alle johlend gelacht hatten und das Trinkhorn kreisen ließen.
    Doch nun, als das Gesinde die Reste der Mahlzeit abräumte, ein Gast nach dem anderen sich erhob und Ausschau nach Umhang und Mütze hielt, versuchte Yvaine sich zu entsinnen, ob sie Ingerd während des Mahls gesehen hatte.
    Sie warf Gunhild einen Seitenblick zu, die anscheinend keinerlei Notiz davon genommen hatte, dass die Gäste Yvaine ausgesprochen freundlich begrüßt, ihr aber kaum Aufmerksamkeit geschenkt hatten. Sie saß kerzengerade da mit einem starren Lächeln auf den Lippen.
    Yvaine fröstelte. Seltsam, wie bedrohlich ein Lächeln wirken konnte. Aber welche Bedrohung? Ingerd war der Schreck nach dem Sturz vermutlich so sehr in die Glieder gefahren, dass sie sich an ihre Schlafstelle auf dem Dachboden zurückgezogen hatte. Yvaine nahm sich vor, später nach der Alten zu sehen und ihr etwas zu essen zu bringen. Einige Gäste verabschiedeten sich bereits. Der Jarl, der neben Rorik saß, schlug ihm auf die Schulter, erhob sich und redete laut mit ihm.
    „Nun wirst du deinen Platz in unseren Reihen im Althing einnehmen, Rorik, da du Egils Nachfolge antrittst. Deine sommerlichen Plünderfahrten nach England gehören nun wohl der Vergangenheit an.“
    Es entstand ein verlegenes Schweigen, alle Anwesenden mieden geflissentlich, in Yvaines Richtung zu schauen.
    Nur Gunhild warf ihr einen verächtlichen Seitenblick zu, als wolle sie ihr zu verstehen geben, dass Roriks letzte Plünderfahrt der Sippe keinen nennenswerten Gewinn gebracht habe.
    „Du solltest keine voreiligen Einladungen aussprechen, Hingvar“, ergriff sie nun das Wort, „und zurückhaltender mit deinen Mutmaßungen sein. Rorik würde besser daran tun, wieder auf Plünderfahrt zu gehen, statt darauf zu hoffen, Jarl in Einervik zu werden.“
    Verdutzt drehten die Männer sich nach ihr um.
    Auch Rorik wandte sich seiner Stiefmutter zu. Er schien ihre Einmischung in das Gespräch mit einigem Erstaunen zu registrieren, während Othar sich gespannt vorbeugte und seine Mutter erwartungsvoll beobachtete.
    Das Essen, das Yvaine zu sich genommen hatte, lag ihr plötzlich wie ein Stein im Magen. Ohne den Grund dafür zu ahnen, baute sich eine unheilvolle Spannung in ihr auf, als drohe eine tödliche Gefahr. Als Roriks Stimme das lastende Schweigen brach, zuckte sie zusammen.
    „Warum sollte ich das tun, Gunhild?“
    Gunhild legte ihr Tranchiermesser mit großer Sorgfalt auf das leer gegessene Holzbrett und faltete die Hände. „Weil nur ein ehelich geborener Sohn den Stuhl seines Vaters erben kann, Rorik.“
    Diesmal senkte das Schweigen sich wie ein schweres Tuch über die Halle, das erst gebrochen wurde, als Thorolf aufstand.
    „Was soll dieses unsinnige Gerede, Gunhild? Du …“
    Rorik brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen, beugte sich vor und suchte den Blick seiner Stiefmutter. „Erkläre deine Worte, Gunhild, wenn du kannst.“
    „Das kann ich, Rorik. Aber bist du sicher, dass deine Gäste eine Geschichte von Verrat hören sollen, die ich zu berichten habe?“
    Ein grauhaariger älterer Mann, dessen reich bestickte, pelzverbrämte Tunika ihn als Jarl von großem Ansehen auswies, beugte sich gleichfalls vor und sprach mit gemessenem Nachdruck. „Gunhild,

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