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Historical Exclusiv 45

Historical Exclusiv 45

Titel: Historical Exclusiv 45 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Byrne , Claire Delacroix
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behalten, um Rache zu üben, nachdem er erfahren hatte, wer sie war? Dass er sie geheiratet hatte, zählte nun nicht mehr. In Edwards Augen war sie trotzdem geschändet, aber Edward wusste nicht, wer sie entführt hatte.
    Eine winzige Hoffnung keimte in ihr auf wie ein erstes zartes Frühlingsblatt, das zaghaft aus der kalten Erde sprießt, um seine Chance zu blühen wahrzunehmen.
    Sie straffte die Schultern, löste die Arme, die sie krampfhaft um sich geschlungen hatte.
    Denk nach!
    Ingerd. Roriks Mutter. Die Umstände seiner Geburt. Er hatte alles verloren. Wenn Ingerd die Wahrheit gesagt hatte, hatte er seine Heimat, seinen Namen, jede Grundlage seiner Existenz verloren. Und dennoch …
    „Es fehlt etwas“, murmelte sie. „Ich habe es vorhin gespürt, dachte aber, es läge daran, weil Ingerd die Geschichte irgendwie durcheinander gebracht hat.“
    Erneut runzelte Anna die Stirn. „Es fehlt etwas? Was denn?“
    „Ich bin mir nicht sicher. Aber eins weiß ich, Anna. Egil wollte nicht, dass es so kommt. Er war stolz auf Rorik. Ich denke … ich glaube, er hatte ihn wirklich gern. Jedenfalls, soweit diese Nordmänner überhaupt fähig sind, Zuneigung zu empfinden. Wenn er Ingerd die Wahrheit sagte, dann muss es noch mehr geben.“
    „Warum hat sie es dann nicht gesagt? Oder denkt Ihr …“
    „Weil Gunhild sie daran gehindert hat“, sagte Yvaine bedächtig. Und vor ihrem inneren Auge sah sie, wie Gunhild sich über Ingerd beugte, in dieser tröstlichen Fürsorge, die ihr so geheuchelt erschienen war.
    „Anna, ich glaube, wir müssen Ingerd aufsuchen und …“
    Sie hielt inne, lauschte auf ein entferntes Geräusch, das plötzlich lauter wurde.
    Im gleichen Moment hörte auch Anna es.
    Schreie. Wehklagende Frauenstimmen.

12. KAPITEL
    G ütiger Himmel, was ist das?“ Anna riss die Tür auf, Yvaine folgte ihr in die Halle. Der große Raum war menschenleer.
    „Es kommt von draußen.“ Yvaine rannte bereits durch den dunklen Flur ins Freie und blinzelte in die schräge Nachmittagssonne. Die Wehklagen kamen vom Fjord, wo sich eine Menschenmenge versammelt hatte. Thorolf eilte den Wiesenpfad herauf.
    „Was ist?“ Yvaine lief ihm entgegen. „Was ist geschehen?“
    „Ingerd“, antwortete er knapp. „Man fand sie im Fjord.“
    „Tot?“ Die Wiese zu ihren Füßen begann sich zu drehen und sich ihr entgegenzuheben.
    „Ganz ruhig.“ Thorolf stützte die schwankende Yvaine. „Kommt zurück ins Haus. Auch du, Anna.“
    „Nein!“ Yvaine warf suchende Blicke über die Schulter. „Wo ist Rorik? Bitte, Thorolf, sag mir, was passiert ist. Anna und ich wollten gerade nach Ingerd suchen. Um ihr noch ein paar Fragen zu stellen.“
    „Sie wird keine Fragen mehr beantworten.“ Thorolf führte sie in die Halle.
    „Aber wie …?“
    „Ich weiß es nicht.“ Er führte sie zu einer Bank und zwang sie, sich zu setzen. „Bring deiner Herrin etwas zu trinken, Anna. Sie ist kalkweiß.“
    Anna gehorchte eilig. „Es ist noch Bier übrig vom Festmahl. Hier, Mylady.“
    „Es geht schon wieder“, wehrte Yvaine ab, nahm aber einen Schluck, bevor sie den Becher abstellte. Vielleicht würde das Bier den kalten Klumpen in ihrer Magengrube wegspülen. „Thorolf, wo ist Rorik?“
    „Er ist auf den Berg gestiegen.“ Thorolf fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und begann, ruhelos hin und her zu wandern. „Ich habe selbst gesehen, wie er losgegangen ist, sonst wäre Gunhild im Stande, ihn auch noch zu beschuldigen, Ingerd in den Fjord gestoßen zu haben.“
    „Heiliger Herr Jesus!“ Anna bekreuzigte sich. „Wurde sie gestoßen?“
    Thorolf sah die Erleichterung in Yvaines Augen. „Habt Ihr etwa gedacht …?“
    „Nein. Ich weiß, dass er Ingerd nichts antun würde. Aber, Thorolf, er war so wütend … so verletzt. Was hat er Othar angetan?“
    „Nichts. Welchen Sinn hätte das? Trotz aller Streitigkeiten sind sie Halbbrüder. Rorik hat Othar immer aus Schwierigkeiten geholfen, seit der Bursche zum Mann geworden ist. Auch vorher schon. Nein, er hat ihn nur vom Stuhl geworfen und ist gegangen.“ Thorolf lächelte gezwungen. „Gunhild geiferte noch hinter ihm her, aber Rorik ging einfach. Ich kann ihn gut verstehen. Es gibt nichts Schlimmeres als eine zänkische Frau.“
    „Trotzdem gibt es nichts zu lachen“, schalt Anna.
    „Ich gestehe, heute gab es wenig zu lachen, aber wenn du Gunhilds Gesicht gesehen hättest, als Rorik wortlos an ihr vorbeiging … Aber sei’s drum. Wir müssen herausfinden, warum Ingerd

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