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Historical Exclusiv 45

Historical Exclusiv 45

Titel: Historical Exclusiv 45 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Byrne , Claire Delacroix
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auf die Füße, rasend vor Zorn über seine ungerechte Beschuldigung. „Und wenn du der Sohn des Königs wärst, bist und bleibst du ein störrischer Barbar, der die Wahrheit nicht sehen will, selbst wenn du darüber stolperst.“
    „Du irrst. Ich bin nicht blind“, entgegnete er mit einem frostigen Lächeln. „Sei unbesorgt. Betrachte dich als befreit von mir. Ich werde dir nicht mehr zu nahe kommen.“
    Mit einem gewaltigen Knall, der im ganzen Haus zu hören war, fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
    Bei Tagesanbruch bestiegen sie ein kleines Ruderboot und fuhren den Fjord hinauf. In der Stille des Morgens waren nur die klatschenden Ruderschläge zu hören. Als die Sonne höher am Himmel stand, verstummte auch dieses Geräusch, als Rorik die Ruder anlegte, Brot und Käse aus einem Lederbeutel holte und beide schweigend aßen.
    Die kränkenden Worte, die sie einander in der Nacht an den Kopf geworfen hatten, lasteten schwer auf Yvaine, die düster die Landschaft betrachtete. Der Fjord war schmal geworden, zu beiden Seiten ragten hohe Felswände in den Himmel. Hinter jeder Biegung türmte sich ein weiterer schneebedeckter Berggipfel auf. Yvaine kam sich vor wie ein winziges Insekt in einer Nussschale, überwältigt von der wilden, eisigen Schönheit der unberührten Bergwelt.
    Fröstelnd zog sie den Umhang enger um die Schultern. Wie unbedeutend waren die menschlichen Sorgen und Querelen im Vergleich zu dieser Ehrfurcht gebietenden göttlichen Schöpfung, die vor Jahrmillionen entstanden war.
    Ein entferntes dumpfes Grollen ließ sie aufhorchen. Angstvoll suchte sie Roriks Blick.
    „Eine Lawine“, erklärte er knapp und reichte ihr ein Stück Ziegenkäse.
    Es war das erste Wort, das zwischen ihnen seit gestern Nacht fiel. Irgendwann war er in die Schlafkammer zurückgekommen. Sie hatte gehört, wie er halblaut mit Thorolf im Flur gesprochen hatte, bevor er die Tür leise geschlossen hatte, um den Tag in ihrer Kammer abzuwarten.
    Yvaine hatte kein Auge zugetan, um nicht zu riskieren, dass er ohne sie aufbrach. Dass er sich schließlich doch bereit erklärt hatte, Thorkill aufzusuchen, hatte sie verwundert. Die ganze Nacht schwankte sie zwischen der Hoffnung, Rorik möge seine Meinung ändern, sie nach England zu bringen, und dem beunruhigenden Verdacht, er zögere die Reise nur hinaus, um ihre Schuldgefühle wegen Ingerds Tod zu beschwichtigen.
    Im frostigen Schweigen der Morgenstunden drohte ihre Hoffnung unter einer Lawine der Verzweiflung begraben zu werden, todbringender als die Schneemassen, die von den hohen Berggipfeln donnernd zu Tal stürzten.
    Aber die Stunden des Schweigens hatten ihr auch Zeit gegeben, nachzudenken, sich Fragen zu stellen. Rorik hatte zwar behauptet, er würde niemals eine Frau benutzen, um Vergeltung zu üben. Würde er aber eine Frau dazu benutzen, um Gewinn für sich herauszuschlagen?
    „Ist die Lawine gefährlich?“, fragte sie zaghaft, um sich von ihren Gedanken abzulenken.
    Rorik schüttelte den Kopf. „Zu weit entfernt.“ Er nahm die Ruder wieder auf und warf ihr zum ersten Mal einen langen, forschenden Blick zu.
    Yvaine wollte ihn nicht zu tief in ihre Seele blicken lassen und wich seinen Augen aus. „Dies muss das Land sein, von dem der Skalde mir erzählt hat“, sagte sie und wies auf die hohen Berge. „Das Land der Eisriesen.“
    „Die Eisriesen leben in einer der drei Welten unserer Sagas.“
    Ihr Blick streifte ihn, als das Boot sich wieder in Bewegung setzte. „Drei Welten?“
    „Ja.“ Wieder spürte sie seinen prüfenden Blick. „In unseren Mythen gibt es die Legende vom Weltenbaum, der Esche Yggdrasils. Ihr Wipfel stützt den Himmel und unter ihren Zweigen liegt Asgarth, die Wohnstätte der Götter. Die Wurzeln bedecken die drei Welten der Mythologie. Midgarth, die Welt der Menschen, die Welt der Eisriesen, der sterblichen Feinde der Götter, und Hel, das Totenreich.“
    „Wir Christen glauben auch an die Hölle.“
    „Eure christlichen Priester drohen den Menschen mit ewig währender Strafe und Höllenqualen, damit sie sich den Gesetzen der Kirche unterwerfen. Bei uns ist Hel lediglich das Reich der Toten, die Unterwelt.“
    „So habe ich das nie gedeutet“, murmelte Yvaine und dachte an den feisten, habgierigen Priester auf Selsey, der all jenen ewige Verdammnis predigte, die sich Ceawlin widersetzten, obgleich er seine Untertanen grausam und ungerecht behandelte. „Manche Priester machen sich die Unwissenheit des einfachen Volkes zu Nutze, aber

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