HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
können, die sich um ihn rankten? Oder würde sie ihn, um überleben zu können, einfach aus ihrer Welt verbannen, bis sich die Dinge auf die eine oder andere Weise geklärt hatten?
Diese Vorstellung zerriss ihm das Herz. Er hatte sich nie darum gekümmert, was die Leute von ihm dachten, doch nun wurde er sich seines Rufs sehr bewusst. Jed wollte alles aus dem Weg räumen, das ihn daran hinderte, seine Achtbarkeit unter Beweis zu stellen, denn wie durfte er einer Frau seinen Namen anbieten, wenn dieser mit einem Makel behaftet war?
Jed durchsuchte noch die letzte Schublade. Dort fand er Listen über Anforderungen und Bestellungen von Artikeln wie Papier, Tinte, Farbe, Holz, Tauwerk, verschiedene Lebensmittel sowie Wein. Offenbar war Hayden nicht nur für den Einkauf, sondern auch für die Bezahlung zuständig. Die Güter schienen laufend von England und dem Kontinent hereinzukommen, wurden dann hier für einige Tage gelagert und anschließend ausgeliefert. Alles geschah unter Haydens Leitung.
An sich war nichts Verdächtiges an solchen Pflichten, trotzdem las Jed die Unterlagen noch einmal ganz genau durch, und dann fiel ihm etwas auf: Das Lagerhaus, wo alle diese Waren aufbewahrt wurden, bevor man sie weiterversandte, war dasselbe, in dem Yosef Ahmed ermordet worden war. Reeds Pflichten als Konsulatsangestellter ermöglichten es ihm, Waffen hereinzuschmuggeln und sie auf den Weg in den Sudan zu bringen!
Da der Wachmann nun nicht mehr als Zeuge in Frage kam, würde es schwierig sein, dies zu beweisen. Der Einzige, der diese Theorie bestätigen konnte, war Reed selbst, und Jed war entschlossen, das hierzu Notwendige sofort zu unternehmen. Wenn das erledigt war, würde Reed ihm seinen guten Namen zurückgegeben haben, den Namen, den Jed mit Vicky teilen durfte.
„Sie kommt wieder zu sich.“
Die Stimme klang, als käme sie aus weiter Ferne. Victoria hatte es nicht eilig, die Dunkelheit hinter sich zu lassen und dem Licht zu begegnen, wo unangenehme Probleme auf sie warteten. Schließlich vermochte sie den drängenden Stimmen jedoch nicht länger auszuweichen.
„Ach, meine liebste Tochter!“ Die sanfte Stimme ihrer Mutter erinnerte Victoria an ihre Kindheit.
„Siehst du, Grace“, hörte sie nun ihren Vater reden. „Ich habe dir ja gesagt, dass es Victoria gleich wieder besser gehen würde, nicht wahr? Wir haben doch eine starke und mutige junge Dame großgezogen.“
Blinzelnd blickte Victoria von ihrer Mutter zu ihrem Vater. Die Worte hatte sie deutlich gehört, doch sie fühlte sich weder stark noch mutig. Vielmehr war sie von unerklärlicher Trauer und von Schmerz erfüllt. Tränen stiegen ihr in die Augen, ohne dass sie wusste, weshalb.
„Jed, ach Jed …“, schluchzte sie leise.
„Da, mein Liebling. Nimm etwas von dem Laudanum, das Lady Trentons Arzt für dich hiergelassen hat.“ Grace hielt ihrer Tochter den Löffel mit der bitter schmeckenden Medizin an die Lippen.
„Also wirklich, Grace!“ Cameron hielt das Handgelenk seiner Gattin fest. „Du warst außer dir, als Victoria nicht gleich zu sich kam, und nachdem sie jetzt wach ist, willst du sie sofort wieder betäuben. Das ist doch unlogisch.“
„Du hast sie doch gehört“, verteidigte sich Grace, selbst den Tränen nahe. „Sie weint um diesen skandalösen Amerikaner. Lass sie doch wieder schlafen, bis sie in der Lage ist, der Wahrheit ins Auge zu sehen.“
„Der Wahrheit? Jed einen Mörder zu nennen, ist eine Lüge, ich weiß es! Er ist unschuldig, gleichgültig, was Hayden sagt.“ Victoria versuchte sich aufzusetzen, doch ihr Vater drückte sie sanft aufs Kissen zurück.
„Das wird sich ja herausstellen“, sagte er mitfühlend.
„Mich kümmert nicht, was Hayden denkt oder ihr oder wer auch immer! Der Jed Kinkaid, den ich kenne, ist ein ehrenwerter Mann“, beharrte Victoria trotzig. „Ihr kennt ihn nicht so gut wie ich. Jed würde sich nie in ein so schmutziges Geschäft verstricken lassen.“
„Warum ist er denn dann fortgelaufen?“, fragte Lady Trenton. Sie war ins Boudoir zurückgekehrt und hatte die letzte Bemerkung gehört. „Trotz des Charmes, den dieser Amerikaner verströmte, sah ich immer die Gefahr in seinen Augen lauern.“
„Sie haben sich in ihm getäuscht“, stellte Victoria leise fest. Schwach und matt, wie sie war, musste sie Jed dennoch verteidigen, obwohl sie sich um ihn sorgte. Weshalb warf man ihm solche üblen Verbrechen vor? Wo befand er sich jetzt, und war er in Sicherheit?
„Nun, nun, meine
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