HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
sagte sie kalt. „Und es stört mich, dass du mich so lüstern ansiehst. Entweder drehst du dich um, Cameron, und bleibst so stehen, oder ich harre in der Wanne aus, bis du verschwunden bist.“
Er wandte ihr den Rücken zu, starrte ein Loch in die braune Zeltwand und gab einen langen Seufzer von sich. In Wirklichkeit war er viel ärgerlicher auf sich als auf die Gattin. Sie konnte natürlich nicht wissen, dass ihm genau in dem Moment, da er sich weigerte, sich umzudrehen, aufgefallen war, wie unverschämt er sich benehmen würde, hätte er ihr beim Verlassen der Badewanne zugeschaut. Nun hielt sie ihn bestimmt für einen Wüstling. Nun, sie konnte denken, was sie wollte. Morgen würde sie, die von ihm unterschriebenen Scheidungsdokumente in der Tasche, mit dem Zug nach Mombasa zurückfahren, und war dann nie mehr genötigt, ihn je wiederzusehen.
Er bemerkte auf dem Tisch eine Whiskyflasche und zwei saubere Gläser. Auch das war gewiss Bowmans Werk. Wein gab es hier nicht, denn er verschlug in der Hitze. Zumindest hatte der Chefingenieur sich bemüht, ein guter Gastgeber zu sein. Bis jetzt hatte die Gattin nichts getrunken und würde es vermutlich auch später nicht tun, doch Cameron empfand das Bedürfnis, einen kräftigen Schluck zu nehmen. Im Allgemeinen machte er sich nicht viel aus Alkohol, aber jetzt brauchte er mehr denn je einen Drink.
Sorgfältig den Blick von ihr abgewandt haltend, schlenderte er zum Tisch und hörte hinter sich das Plätschern des Wassers. Offenbar war sie aus der Badewanne gestiegen. Unwillkürlich malte er sich aus, wie ihr die Tropfen über die Brüste und den Leib auf die Schenkel rannen und um die Füße kleine Pfützen bildeten. Jäh erwachte sein Verlangen, und flüchtig überlegte er, ob er sich umdrehen solle. Er unterließ es, griff mit bebenden Händen nach der Flasche und einem Glas und schenkte sich ein. Er leerte es mit einem Zug und spürte die Tränen in die Augen treten, als der scharfe Alkohol ihm brennend durch die Kehle rann. Sofort kam er zur Vernunft und sagte sich, er müsse sich einen klaren Kopf bewahren, wenn er die kommende Nacht hinter sich bringen wollte, ohne die Gattin zu berühren. Er musste es zumindest versuchen, und mit eisernem Willen würde er es gewiss schaffen. Sollte er schwach werden, würde er sich nur erniedrigen.
Er hörte, dass sie sich anzog, stellte entschlossen das leere Glas zurück und drückte den Korken in die Flasche. Es wäre zwar der richtige Anlass gewesen, sich sinnlos zu betrinken, aber Cameron wollte es der Gemahlin ersparen, ihn in diesem Zustand erleben zu müssen, selbst wenn auch das keinen Unterschied mehr gemacht hätte. Ob nüchtern oder betrunken, die kommende Nacht würde eine der längsten seines Lebens sein.
Das Dinner versprach, eine willkommene Erholung von der nervlichen Anspannung des Abends zu sein. Eingedenk der kühlen Nachtluft hatte Anthony Bowman in der Nähe eines wärmenden Feuers zwischen den Zelten vier Faltstühle und einen Tisch aufstellen lassen, auf dem eine Platte mit geröstetem Topiantilopenfleisch, Schalen mit Reis und gedünsteten Dosenbohnen und ein Körbchen mit Chapati standen. Der dem Essen entströmende Duft war äußerst appetitanregend.
Mary aß so viel, wie das eng geschnürte Korsett ihr möglich machte. Auch die drei Männer waren hungrig und sprachen nur wenig beim Essen. Am Ende des Mahles räumten die Küchenjungen das Geschirr ab, und Cameron, Mr. Bowman und sein Assistent tranken warmes Bier aus verbeulten Zinnbechern. Mary hatte um Tee gebeten und ihn bekommen. Bedächtig nahm sie einen Schluck nach dem anderen. Er war nicht heiß, aber sie hoffte, das Wasser sei vor der Zubereitung gereinigt und abgekocht worden.
Im Lager trat langsam Ruhe ein. Mr. Bowmans Muli döste innerhalb des Boma, das höher aufgeschichtet war, als ein Mann greifen konnte. Der Chefingenieur hatte erwähnt, dass am unteren Verlauf des Galana auch die Streckenarbeiter in solchen Umfriedungen genächtigt hatten, es dennoch den Löwen gelungen war, das schützende Dornengestrüpp zu durchdringen und einige der schlafenden Männer zu töten. In der wildreichen Ebene schien sich jedoch niemand um Raubkatzen Sorgen zu machen. Die Kulis rauchten, saßen schwatzend um die Lagerfeuer oder spielten Karten. Irgendwo hinter einem Zelt lachte eine Frau auf. Mary entsann sich der Weiber mit den kholumrandeten Augen und den klingelnden Armreifen und fragte sich, ob der Gatte je mit einer dieser Schlampen zusammen
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