HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
der Ebene war, und sie vor Schaden bewahren zu können.
Stöhnend schlug Mary die Lider auf. Sie lag auf der Seite, und das ausgedörrte Gras pikte ihr in die Wange. Vorsichtig regte sie sich und merkte, dass sie keine Schmerzen hatte. Offenbar hatte sie sich nicht verletzt oder etwas gebrochen. Der Schock nach dem Sturz war indes noch so groß, dass sie sich nicht zum Aufstehen zwingen konnte. Sie starrte ins Leere und dachte an das durchgegangene Muli, an den Gatten, die Scheidungspapiere und die Tochter. Eine dicke schwarze Fliege summte ihr um den Kopf und setzte sich ihr, da sie sich nicht bewegte, auf das Ohr. Sie zuckte zusammen, und die Fliege flog fort. Die Sonne brannte Mary ins Gesicht. Sie wusste, sie durfte nicht liegen bleiben. Es war unbedingt notwendig, Cameron zu finden, seine Unterschrift zu bekommen und dann mit dem Güterzug nach Mombasa zu Jennifer zurückzukehren.
Mary stützte sich auf einen Ellbogen, und sogleich wurde ihr schwindlig. Verwirrt versuchte sie, sich zu orientieren, irgendwo den Weg zu sehen oder den Hügel, hinter dem das Camp lag. Jäh erstarrte sie, als ihr Blick auf eine riesige graue Gestalt fiel, die in einigem Abstand durch ein Dornengebüsch kam. Eine andere, noch gewaltigere, folgte, dann erschien eine dritte, und alle trotteten gemächlich auf Mary zu. Sekundenlang war sie wie gelähmt, ehe sie begriff, dass Elefanten sich ihr näherten. Von Panik erfasst, starrte sie die kaum hundert Schritte entfernten Dickhäuter, eine Kuh mit zwei jungen Bullen, an. Die langen Rüssel schwangen zwischen kräftigen Stoßzähnen hin und her. Da die Tiere mit dem Wind gingen, hatten sie Mary bislang nicht bemerkt, aber die Gefahr bestand, dass er plötzlich doch noch umschlug.
Entsetzt beobachtete Mary, dass weitere Elefanten, noch mehr Kühe mit ihren Jungen, kleinere Bullen und halbwüchsige Jungtiere, den ersten nachstapften, eine ganze Herde, die sich langsam, aber unaufhörlich, auf Mary zubewegte. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und hätte die Flucht ergriffen, doch sie hatte einmal gelesen, dass es den Tod bedeuten könne, wenn man vor einem noch säugenden Muttertier davonliefe. Die Kuh würde den Menschen als Bedrohung für ihr Junges empfinden, und außerdem war niemand imstande, so schnell zu rennen, um sich vor einem wild gewordenen Elefanten in Sicherheit bringen zu können.
Der Schweiß rann Mary von der Stirn, und sie wagte kaum zu atmen. Sie hörte die Herde jetzt in ihrer Nähe, das leise Murren und ein behaglich klingendes Knurren, und befürchtete, die Tiere würden sie bald wittern. Eine Fliege setzte sich ihr auf die Wange, und eine andere lief ihr über die Nase zum Mund. Obwohl es unangenehm kitzelte, wagte sie nicht, die lästigen Plagegeister zu verscheuchen. Sie war sich darüber im Klaren, dass sie sich nicht regen durfte, still ausharren musste und nur hoffen konnte, der Wind möge nicht umschlagen.
Fast eine Meile hatten Cameron und der somalische Proviantjäger die Spur des Muli zurückverfolgt.
„Elefanten!“, sagte Juma plötzlich und blieb wie angewurzelt stehen.
Cameron bekam einen trockenen Mund und schaute angestrengt zum Horizont, sah jedoch keine Elefanten. Auf Juma war indes Verlass. Wenn er behauptete, sie seien irgendwo in der Nähe, dann stimmte es. „Wo?“, fragte Cameron leise.
Schweigend wies Juma in die Richtung, in der die Spur des Muli sich in der flirrenden Hitze verlor.
Cameron verengte die Augen, blinzelte gegen die blendende Sonne an und entdeckte plötzlich im Osten die dunklen Silhouetten der Elefanten. Und dort war vermutlich auch die Gattin, allein und hilflos. Mit knapper Geste deutete er dem Fährtensucher, mit ihm weiterzugehen, und machte sich im Stillen die schwersten Vorwürfe. Es war seine Schuld, dass die Gemahlin sich jetzt in höchster Gefahr befand. Hätte er sie geweckt, ehe er sich zur Baustelle begeben hatte, und die unterschriebenen Scheidungspapiere so hingelegt, dass Mary sie sofort sehen konnte, wäre das alles nicht passiert. Es hatte jedoch keinen Sinn, den Fehler jetzt zu bedauern. Nun kam es darauf an, einen klaren Kopf zu bewahren und eine Möglichkeit zu finden, Mary zu retten, ohne die Elefanten zu vertreiben.
Cameron sah zu Juma hinüber, der den Zeigefinger angefeuchtet und hochgehalten hatte. „Der Wind steht günstig für uns, Bwana“, sagte er leise. „Aber er könnte umschlagen.“
„Komm weiter“, drängte Cameron und rannte geduckt, den Schutz eines jeden Gebüsches
Weitere Kostenlose Bücher