HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
würde.
Abgesehen davon, dass er sich nun um sie kümmern musste, galt es, über die nächste Zeit nachzudenken. Der Zug war fort und würde erst drei Tage später zurückkehren. Cameron war überzeugt, dass Mary, sobald sie sich erholt hatte, ihm das Leben zur Hölle machen würde. Mehr denn je grauste ihm vor der Vorstellung, die Fassade des glücklichen Ehemannes noch eine Weile wahren zu müssen. Er seufzte. In einem Punkt hatte die Gattin recht behalten. Es wäre einfacher gewesen, dem Chefingenieur die Wahrheit zu gestehen und ihm zu sagen, dass Mary die Scheidung wollte. Es jetzt zu tun, widerstrebte Cameron jedoch zutiefst, denn es ging gegen seinen Stolz, eine derart persönliche Angelegenheit fremden Ohren preiszugeben. Mary war ihm nicht viel schuldig, doch eines wollte er von ihr verlangen – kein Wort über diese elende Sache zu verlieren.
Der Hügel war erklommen und das Camp zu sehen. Unwillkürlich fragte Cameron sich, wie die Tochter sein mochte, die er nun nie kennenlernen würde. Seine Mutter hatte ihm zwar mitgeteilt, dass Jennifer blaue Augen und blondes Haar hatte, aber mit eigenen Augen konnte er sich jetzt nicht mehr davon überzeugen. Die Freude, das Kind aufwachsen zu sehen, hatten in Zukunft nur Mary und ihr vornehmer Freund. Doch für Gewissensbisse war es inzwischen zu spät. Cameron war sich bewusst, dass er nichts Besseres verdient hatte, als für immer von der Tochter getrennt zu sein, da er allein die Schuld an der Scheidung trug.
Er bemerkte, dass die Lider seiner Frau zuckten und sie langsam die Augen aufschlug.
„Was … ist … geschehen?“, flüsterte sie verwirrt. „Ich … ich fühle mich … nicht … wohl, Cameron.“
„Du warst zu lange in der Sonne“, erwiderte er schroff und verbarg seine Gefühle hinter diesem barschen Ton. „Mach dir keine Sorgen. Wir sind gleich im Lager, und dann kommt alles in Ordnung.“
Beruhigt lehnte sie sich im Arm des Gatten zurück.
Getrieben von innerer Erregung, beschleunigte er den Schritt. Er hatte behauptet, alles würde in Ordnung kommen, doch die Worte hatten schal geklungen. Nichts war so, wie es sein sollte, und Cameron befürchtete, dass sein Leben in Zukunft restlos aus den Fugen geraten könne.
8. KAPITEL
Mary lag in dem stickigen Zelt und war sich nur schwach der sie durch das Moskitonetz anstarrenden Gesichter bewusst. Sie nahm den höflichen Mr. Bowman wahr, der wahrscheinlich bedauerte, dass er seine Behausung zur Verfügung gestellt hatte, und eine junge Hindufrau, die Mary Memsahib nannte und die vermutlich für ein kleines Salär angeheuert worden war, sie mit Tee und Reis zu versorgen. Und dann war da noch der Gatte, der in den ersten Stunden ständig bei ihr ausgeharrt und sie genötigt hatte, Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Schweigend, die Lippen zusammengepresst, drückte er ihr feuchte Tücher auf die glühende Stirn und sah sie bekümmert an. Wahrscheinlich war er es gewesen, der sie entkleidet und ihr das Nachthemd angezogen hatte. Sobald sie außer Gefahr gewesen war, hatte er das Zelt verlassen und nur noch hin und wieder nach ihr geschaut.
Zu erhitzt, um schlafen zu können, hatte sie sich den Nachmittag hindurch auf der Pritsche gewälzt und war von der Erinnerung an das Pfeifen des längst abgefahrenen Zuges heimgesucht worden. Sie war sicher, dass es Tage dauern würde, bis er wiederkam und sie nach Mombasa zurückkehren konnte, um endlich wieder die Tochter in die Arme zu schließen. Bei Anbruch der Nacht musste sie in der einsetzenden Kühle eingeschlafen sein. Beim Erwachen am nächsten Morgen entsann sie sich schrecklicher Träume, in denen sie dem entschwindenden Zug nachgerannt war, dicht verfolgt von einer Herde wild gewordener, laut trompetender Elefanten.
Sie stand auf, schwankte auf unsicheren Beinen zum Waschstand und reinigte sich. Dann wankte sie durch das Zelt, hob ihre verstreut herumliegenden Sachen auf und kleidete sich an. Mit einem Blick in den Rucksack vergewisserte sie sich, dass, wie der Gatte behauptet hatte, die Scheidungsdokumente tatsächlich vorhanden waren. Sie starrte seine Unterschrift an und hatte jäh das Gefühl, es sei ihr etwas verloren gegangen. Sie nahm die Haarbürste, kehrte zur Pritsche zurück und setzte sich. Nachdem sie die Papiere neben sich gelegt hatte, begann sie mit heftigen Bewegungen, das strähnige, schweißverklebte Haar zu bürsten.
Bestimmt würde sie abends den Gatten wiedersehen. Vermutlich kam er spät, war abweisend, mürrisch und nicht
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