HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
bitterschmeckenden Kraut verfeinert worden, das er in der Nähe des Camps gefunden hatte. Aber Mary zwang sich, Bissen für Bissen hinunterzuschlucken. Sie müsste sich stärken. Das war eine Frage des Überlebens.
Mary blickte zum Gatten hinüber und sah, dass auch er nur widerstrebend aß. Er sah nicht gut aus. Sein im flackernden Licht aschgrau wirkendes Gesicht hatte einen eigenartig verwirrten, bestürzten Ausdruck, als habe er soeben einen Schock erlebt. Unwillkürlich überlegte Mary, wie lange er nicht mehr richtig geschlafen hatte. Es musste Tage her sein. Wenn er nicht bald Ruhe fand, würde er vor Erschöpfung zusammenbrechen.
Seufzend stellte sie den Napf ins Gras, dehnte die verspannten Glieder und stand auf. Langsam schritt sie um das Feuer, entschlossen, ein ernstes Wort mit dem Gatten reden, auch wenn er ihr im Allgemeinen aus dem Weg ging, und setzte sich eine Armeslänge von ihm entfernt auf einen Stein.
Cameron schaute zu ihr hinüber und wandte dann rasch den Blick ab.
Sie beugte sich zu ihm, und ein Knistern in der Hemdtasche erinnerte sie daran, dass sie noch die Karte bei sich hatte. Sie zog sie hervor und war erleichtert, nun einen Vorwand für das Gespräch mit ihrem Mann zu haben. „Das hier habe ich gefunden“, sagte sie leise. „Es war aus deiner Hemdtasche gefallen.“
Hastig wandte er ihr das Gesicht zu.
Seine Miene war so gierig, dass Mary unwillkürlich erschrak, zurückzuckte und die Hand mit der Zeichnung sinken ließ.
Er griff in die Luft und sagte unwirsch: „Gib mir die Karte, Mary Margaret! Ich bin nicht in der Stimmung für Scherze.“
Betroffen schaute sie ihn an. „Nein!“, entgegnete sie kühl. „Erst will ich wissen, warum du mich so erbost ansiehst und was es mit dieser Skizze auf sich hat.“
Er zögerte.
Sie merkte ihm an, dass er mit sich rang, und plötzlich hatte sie Angst. Ihr kam es vor, als sei unversehens ein Dämon in ihn gefahren und habe von ihm Besitz ergriffen. Impulsiv streckte sie die Hand aus und legte sie auf seine.
Er atmete tief durch, ließ die Schultern hängen und schaute müde die Gattin an. „Also gut, Mary“, erwiderte er seufzend. „Ich werde dir alles erzählen. Aber hier gibt es zu viele neugierige Augen und Ohren, und einige Swahili verstehen uns besser, als man denkt. Gehen wir ins Zelt.“
Matt erhob er sich, und sie folgte ihm.
Im Zelt ließ er die Eingangsplanen herunter, zündete die Laterne an und hängte sie an den Haken am mittleren Zeltpflock.
Mary setzte sich auf ihren Schlafsack, und Cameron nahm neben ihr Platz. Wortlos händigte sie ihm die zusammengefaltete Zeichnung aus.
„Hast du sie dir angeschaut?“, fragte er.
Sie nickte. „Ja. Ich habe sie als Landkarte erkannt, begreife jedoch nicht, was sie zu bedeuten hat und warum du vor mir ein Geheimnis daraus gemacht hast.“
„Das ist … ach, verdammt, Mary!“ Er krümmte die Finger um das Papier. „Du würdest mich nicht verstehen.“
„Du hast versprochen, mir alles zu berichten“, erwiderte Mary ruhig, doch das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie fürchtete sich vor dem Gatten, denn er zitterte wie ein Besessener.
„Also gut.“ Er holte tief Luft und gestand dann: „Es geht um Elfenbein, Mary Margaret, um ein Vermögen, das, wenn man der Karte trauen kann, irgendwo versteckt ist und nur darauf wartet, entdeckt zu werden. Ich habe sie einem toten Elefantenjäger abgenommen, der auf dem Weg zur Eisenbahnbaustelle war. Der arme Teufel hat es nicht mehr dorthin geschafft.“
Mary sank das Herz. Cameron hing wieder den alten Träumen vom weißen Gold nach. Diesmal jedoch bestand nicht mehr die ihm verhasste Notwendigkeit, die Tiere erst zu erlegen, um an die Stoßzähne zu gelangen. Oh, Cameron!
Er sah die Bestürzung in ihrer Miene, doch das trug nur dazu bei, seinen Eifer zu verstärken. Mit brennendem Blick beugte er sich zu ihr. „Du weißt nicht, wie das Leben für mich gewesen ist, Mary. Ich habe nie richtig irgendwo hingehört, war nie gut genug, weder für meine Verwandten noch deinen Vater, nicht einmal für dich! Verdammt, ich hatte nie etwas, das wirklich mir gehörte. Aber wenn die Zeichnung stimmt und ich das Elfenbein aufspüren kann, werde ich allen, die früher auf mich herabgesehen haben, sagen, dass sie sich zum Teufel scheren sollen. Dann schaffe ich mir meine eigene Welt!“
Leeren Blickes schaute Mary den Gemahl an. Die Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf und trieben auf eine erschreckende Schlussfolgerung zu, die
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