HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
Jetzt konnte er die Fackeln ganz deutlich sehen. Die beiden Swahili schlichen auf getrennten Wegen zwischen den Felsen die Halde hinauf. Cameron musste schnell handeln, ehe einer der beiden Jenny entdeckte.
Er hoffte, dass seine Kleine sich verborgen halten würde, bis er sie fand, hob einen faustgroßen Stein auf und schleuderte ihn, sorgfältig zielend, mitten zwischen die von Gebüsch umgebenen Felsbrocken. Der aufprallende Stein löste eine kleine Gerölllawine aus. Die beiden Verfolger rissen jäh die Fackeln herum und bewegten sich zu der Stelle, von wo das Geräusch gekommen war. Behutsam näherte Cameron sich ihnen noch mehr, hob einen zweiten Stein auf und schleuderte ihn ein großes Stück von der ersten Stelle entfernt auf die Halde. Wieder drehten die Swahili sich zu dem polternden Geräusch um. Cameron brach der Schweiß aus. Seine Absicht war, die Eingeborenen zu verwirren und möglichst aus der Gegend fortzulocken, wo er die Tochter vermutete. Da er jedoch nicht wusste, wo sie sich befand, konnte es sein, dass er die Verfolger in ihre Richtung lenkte. Er hoffte, es möge nicht der Fall sein, biss die Zähne zusammen und schlich in der Dunkelheit weiter.
Ein Blitz zuckte vom Himmel, gefolgt von leisem Donnergrollen und den ersten Regentropfen. Cameron hatte die Passwand erreicht und schlich in großen Windungen auf die beiden Fackelträger zu. Irgendwo dort in der Dunkelheit unter ihm war ein kleines Mädchen, das sich zu Tode ängstigen musste. Er meinte, die Furcht der Tochter ebenso zu spüren wie die eigene, und glaubte, den aufgeregten Schlag von Jennys Herzens zu hören. Wieder hoffte er, sie möge sich nicht regen, bis er, ihr Vater, sie erreicht hatte. Ein neuer Blitz fuhr zur Erde, und der stärker werdende Regen ließ langsam die Fackeln erlöschen. Schon sehr nahe bei den beiden Eingeborenen, warf Cameron ein drittes Mal einen Stein, diesmal auf eine tief am Hang gelegene Stelle, ein Stück hinter Jennifers Verfolgern. Gleich darauf vernahm Cameron Stimmen. Er sah, dass die beiden Swahili sich trennten. Einer ging zu der Stelle zurück, wo der Stein aufgeprallt war, der andere setzte den Weg die Halde hinauf fort.
Cameron hatte den Berghang gut zu einem Drittel hinter sich, sah das rot glühende Licht der Fackel auf sich zukommen und duckte sich hinter einem Dornengebüsch, die Hand fest um das Heft des Buschmessers geschlossen. Trotz des herabrauschenden Regens konnte er den keuchenden Atem des Swahili und das Knirschen des Gerölls hören. Wieder zuckte ein Blitz über den dunklen Himmel, im Nu gefolgt von einem ohrenbetäubenden Knall. Im gleißenden Licht hatte Cameron im Schutz eines großen Felsbrockens eine zusammengekauerte zierliche Gestalt erblickt und huschte behutsam auf sie zu.
Auch der Neger hatte sie entdeckt und die Fackel fallen gelassen. Gebückt pirschte er sich von hinten an Jennifer heran, schnellte plötzlich vor und sprang sie mit ausgebreiteten Armen an. Der durchnässte Kansu klebte ihm am Rücken. Cameron verengte die Augen, zielte auf die Herzgegend und schleuderte das Panga mit voller Kraft. Der Schwarze zuckte hoch, und ein halb erstickter Aufschrei entrang sich seiner Kehle, ehe er zusammenbrach und die Halde hinunterrutschte.
Cameron schaute auf die aufgerichtet im Regen stehende Tochter, und die aufwallende Zärtlichkeit raubte ihm die Sprache. Das Wasser rann Jennifer über die strähnigen Haare und hing ihr in schimmernden Tropfen auf den langen Wimpern.
Ruhig und furchtlos erwiderte sie seinen liebevollen Blick und fragte mit silberheller, glockenklarer Stimme: „Bist du mein Vater?“
Er rang nach Worten, war fast sprachlos und antwortete schließlich: „Ja, mein tapferes kleines Mädchen. Ich bin dein Vater.“
„Ich wusste, dass du kommen würdest“, flüsterte sie, warf sich ihm in die ausgebreiteten Arme und schmiegte sich aufschluchzend an seine Brust. Ganz plötzlich hatte er das Gefühl zu träumen.
18. KAPITEL
Mary schlug die Augen auf, hörte Regen herunterprasseln und sah Licht über eine Zeltwand zucken. Dann fiel ihr Blick auf den früheren Leibwächter des Emirs. Er saß, einige Schritte von ihr entfernt, mit untergeschlagenen Beinen auf einer Matte und hatte sie offenbar bewacht. Inzwischen war er jedoch eingeschlafen. Der Kopf war ihm auf die Brust gesunken, und er schnarchte laut. Mary schaute auf den Krummdolch, den er in einer perlenbesetzten Scheide am Gürtel hängen hatte, und überlegte, ob es ihr gelingen könne, die
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