HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
draußen, und er konnte den Ägypter wieder zusammennähen. Völlig erschöpft ließ er sich zurücksinken und wollte sich den Schweiß von der Stirn wischen, als Victoria ganz leicht seine Hand festhielt.
„Sie sind voller Blut“, sagte sie leise. „Nehmen Sie dies hier zum Abwischen.“ Sie drückte ihm den Stoff in die Hand. Unwillkürlich lächelte Jed ihr dankend zu. Möglicherweise war sie ja doch nicht so verwöhnt und gedankenlos.
„Hatten Sie vorhin nicht etwas von Essen gesagt?“
„Was?“
„Für Ali können Sie im Moment nichts weiter tun, und ich habe Hunger. Sie nicht?“
„Kochen oder Kaffee aufbrühen können Sie wohl nicht?“
„Natürlich nicht. Für so etwas haben wir daheim Personal.“
„Dann werden Sie sich jetzt mit dem Dörrfleisch und dem Fladenbrot aus der großen Satteltasche begnügen müssen. Das muss langen, bis wir eine Oase oder die Karawanenstraße erreichen.“
„Sie wollen Ali doch wohl nicht transportieren?“
„Wir müssen uns auf den Weg machen, Vicky.“
„ Vic-toria!“
„Zweifellos suchen Zobeirs Männer nach Ihnen, und wir sind noch zu nahe beim Nil.“
„Ich bin doch so erschöpft …“
„Wollen Sie lieber auf dem Sklavenblock stehen? Glauben Sie mir, Ich würde auch furchtbar gern zehn oder zwölf Stunden schlafen – besonders, wenn Sie neben mir liegen“, fügte er hinzu in der Hoffnung, sie so zu verärgern, dass sie Ruhe gab.
„Kinkaid!“
„Keine Angst. Auf das Vergnügen verzichte ich heute Nacht. Hier, essen Sie, und dann schlafen Sie ein wenig.“
Victoria fand es sinnlos zu streiten. Ohne weitere Diskussion aß sie die ihr zugeteilte Ration, legte sich dann hin und hoffte, trotz der kalten Nacht rasch einzuschlafen. Freilich war sie viel zu übermüdet, um innerlich zur Ruhe zu kommen. Immer sah sie Kinkaid vor sich, der zuerst ihr Leben und dann Alis gerettet hatte …
Schließlich zwang sie sich dazu, nicht mehr an ihn, sondern an ihr Leben mit Hayden zu denken. Hayden, das war ihr wirklicher Held, adrett, elegant und mit blendenden Zukunftsaussichten. Hayden war das perfekte Bild eines soliden, verantwortungsbewussten Regierungsbeamten. Kinkaid dagegen kümmerte es nicht, welches Bild er bot. Vielleicht war er für sie ebenso gefährlich wie Zobeir, wenn auch in anderer Beziehung.
Während Hayden, der sie doch so tief liebte, in Kairo wartete, handelte Kinkaid; er zertrat sogar eine Schlange mit bloßen Füßen. Obwohl allein der Gedanke Victoria schon entsetzen sollte, fragte sie sich, wie er sich wohl verhalten würde, wenn er sexuell erregt war. Sie stellte sich vor, wie er sie in die Arme riss und an seine breite Brust drückte. Obwohl sie ihn natürlich zurückstoßen würde, neigte er sich in ihrer Fantasie noch dichter zu ihr, hob sanft ihr Kinn an und küsste sie rau, bevor sie dagegen protestieren konnte. Sie würde sich heftig, wenn auch vergeblich gegen die Berührung mit seiner harten Männlichkeit wehren, doch ihr verräterischer Körper würde nachgeben … Bei diesem Gedankenbild schlug ihr Herz schneller, und ihr Atem wurde flacher.
„Hören Sie auf, von mir zu träumen, Schatz. Es ist Zeit aufzustehen.“
Als die raue Hand ihre Schulter berührte, sprang Victoria sofort hoch. Seine spöttischen Worte waren noch beleidigender als die Berührung, besonders weil sie zutrafen. „Was? Ich habe nicht …“
„Leugnen Sie es nicht, Vicky. Frauen, die mich kennen, können das gar nicht verhindern. Jedenfalls haben das alle behauptet.“ Jed bezweifelte nicht, dass jeder Traum, der sich um ihn drehte, für Miss Shaw ein Albtraum war.
„Dann haben eben alle gelogen. Oder sie träumten davon, Sie umzubringen.“
„Schon möglich, doch ich hoffe, sie wollten mich mit Liebe umbringen. Nun, lassen wir das. Packen Sie die Ausrüstung zusammen, während ich Ali reisefertig mache.“
„Ich bin nicht Ihre Sklavin, Kinkaid.“
„Wenn Sie hier noch lange herumtrödeln, werden Sie Zobeirs Sklavin sein“, warnte der Amerikaner und ging zu den wartenden Pferden.
Victoria merkte, dass sie errötete. Verdammt, was war nur mit ihr los? Sie hatte davon gehört, dass Frauen infolge eines schrecklichen Schocks den Verstand verloren … Gottlob war sie nicht wirklich in diesen Mann verliebt.
„Sie haben noch kein Stück eingepackt!“, schimpfte Jed plötzlich hinter ihr. „Es wird schon hart genug, mit einem hilflosen Mann durch die Wüste zu ziehen – von einer hilflosen Frau ganz zu schweigen. Entweder Sie gewöhnen
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