HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
Vermögen eingebracht haben, wenn er diese widerspenstige Europäerin auf den Block gebracht und an den Meistbietenden verkauft hätte. Jetzt jedoch war nicht nur sie entkommen, sondern auch ein großer Teil der anderen, die er hatte verkaufen wollen. Er hatte nicht nur viel Geld eingebüßt, sondern auch seinen Ruf als zuverlässiger Sklavenhändler. Da ganz Khartum glaubte, die weiße Frau, welche er in den Sklavenpferch hatte bringen lassen, hätte das Chaos über die Stadt gebracht, hielt man ihn dafür verantwortlich. So mancher lehnte es ab, mit ihm jetzt noch Geschäfte zu machen.
Als der junge Sklave nun auch noch die Bemühungen um seinen Herrn einstellte, öffnete Zobeir zornig die Augen und sah den Besucher, der auf leisen Sohlen hereingekommen war. Ganz in Schwarz gekleidet, stand er wie ein Racheengel vor dem Sklavenhändler, der erstaunlich behände aufsprang und sich vor ihm verneigte.
„Tausendmal willkommen, ehrenwerter Herr“, flüsterte Zobeir und betete darum, dass keine Verbindung hergestellt worden war zwischen der Weißen, die man aus dem Basar befreit hatte, und der reichen Bankierstochter, die der Mann zum Tode bestimmt hatte, welchen der geheimnisvolle Bote repräsentierte. „Allah segne denjenigen, dem du dienst.“
„Möge Allah dein Gebet erhören“, erwiderte der dunkle Besucher. Das schwarze Tuch, das ihm vom Kopf bis über die Schulter reichte, dämpfte seine Stimme ein wenig und gab nur die ebenfalls schwarzen Augen frei.
„Wünschst du einen weiteren Dienst von mir, Herr?“, erkundigte sich Zobeir nervös. „Falls dem so ist, wage ich kaum an das Glück zu glauben, demjenigen wieder helfen zu können, der unser Land von den Ungläubigen befreien wird.“
„Nein, Zobeir. Der Auserwählte hat keine Aufgaben mehr für dich“, sagte der Besucher tonlos.
„Warum … warum werde ich dann mit deiner geschätzten Gegenwart beehrt?“, stammelte Zobeir angstvoll.
„Ich bin gekommen, um dich für das zu bezahlen, was du bereits getan hast“, erklärte die verhüllte Gestalt.
„Bezahlen?“ Zobeirs kleine Augen glitzerten, obwohl er noch Sekunden zuvor angstvoll gebebt hatte.
„Ja, bezahlen.“ Der Verhüllte bewegte seine Hand zu dem Geldbeutel, der unter seinem Dolch baumelte. „Ich bezweifle zwar nicht, dass ein so ergebener Diener wie du keine Belohnung begehrt, dennoch ist es nur gerecht, wenn du erhältst, was du verdienst.“
„Das ist äußerst großzügig, Herr. Ich habe heute gewaltige Verluste erlitten, andernfalls würde ich darauf bestehen, dass das mir zugedachte Geld an die Armen verteilt wird“, log Zobeir und streckte die Hände aus, um den Geldbeutel entgegenzunehmen. „Doch wie die Dinge liegen, muss ich dafür sorgen, dass meine Männer für ihren Dienst im Namen des Mahdi entlohnt werden.“
„Für deine Männer wurde bereits gesorgt. Jetzt bist du an der Reihe.“
Der Fremde bewegte seine Hand vom Geldbeutel zu dem Dolch, den er blankzog, ehe Zobeir wusste, wie ihm geschah. „Dies ist die Bezahlung für deinen Ungehorsam, Elender!“, sagte der Verhüllte noch immer tonlos, hob die Waffe hoch in die Luft und stieß sie mit unheimlicher Geschwindigkeit in Zobeirs Brust. Dann wandte er dem sterbenden Verräter den Rücken zu, während der erstarrte Sklave jammernd aus dem Raum floh.
In der Feluke auf dem Nil überlegte Victoria, wie ihre Schreckensreise weitergehen mochte. Kinkaid beabsichtigte doch wohl nicht ernsthaft, Kairo auf dem Landweg zu erreichen? Allerdings hatte er etwas von Pferden gesagt … Sie rätselte noch, als er plötzlich neben ihr auftauchte.
„Ziehen Sie sich die Schuhe aus, und stecken Sie sie in Ihre Taschen“, befahl er und stopfte sich die eigenen Stiefel unter sein Hemd.
„Was? Sie sagten, wir wollten an Land gehen …“
„Das tun wir auch. Nur ist das Ufer dort drüben, und wir sind hier.“
„Na und? Segeln Sie das Boot zum Ufer.“
„Falls ich es noch weiter heranbringe, läuft es womöglich auf Grund, und dann nimmt niemand mehr an, dass wir noch flussabwärts reisen. Das sollen unsere Verfolger jedoch glauben.“
„Muss das denn unbedingt sein?“
„Ja, wenn Sie Kairo lebend erreichen wollen“, erklärte Jed. „Falls Sie nicht an Bord sitzen bleiben und auf Zobeirs Männer warten möchten, wird es jetzt Zeit für Ihre Schwimmübung.“ Er kniete sich neben Ali. „Wenn Sie im Wasser sind, lasse ich Ali über die Bordwand gleiten. Sie brauchen ihn nur so lange zu halten, bis ich zu Ihnen
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