HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
seiner Stimme wider. „Ja, das sollten Sie. Eine Einladung.“
Es war angenehm, einmal in der Lage zu sein, ein wenig mit ihm zu spielen. „Eine Einladung? Wofür?“
Etwas in ihrem Tonfall musste sie verraten haben, denn Deegan legte kurz seinen Arm um ihre Taille. „Aha, Sie kokettieren mit mir. Sie haben sie schon erhalten.“
Noch nie zuvor war Lilly der Koketterie bezichtigt worden. Sie bezweifelte, dass ihre ehrliche Art es ihr ermöglichen würde, mit einem Mann zu flirten. Doch es gefiel ihr, als kokett bezeichnet zu werden, auch wenn sie es gar nicht war. Es gab ihr das Gefühl, als ob noch unentdeckte Möglichkeiten in ihr verborgen lägen, die Deegan mit nur wenig Anstrengung an die Oberfläche zu bringen vermochte.
„Sie kam nicht mit der Post“, gestand sie. „Ihr Freund hat sie persönlich gebracht. Er behauptete, Sie hätten ihn neugierig gemacht. Was haben Sie ihm denn von mir erzählt?“
„Nur, dass Sie ein Heldin sind.“
„Aber das bin ich doch gar nicht, Mr. Galloway.“
Er legte einen Finger auf ihre Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen. „Ich glaube, Sie können ohne schlechtes Gewissen meinen Vornamen benutzen. Ich spreche Sie schließlich auch mit Lilly an.“
Wenn er nur wüsste, wie sie sich fühlte, wenn er sie so nannte! Schon bald würde ihm klar werden, dass ihre angeblich heroische Natur nur zufällig gewesen war. In Wahrheit war sie eine gesetzte, langweilige Frau, die nichts mit der Person zu tun hatte, die Deegan sich auszumalen schien.
„Also gut, Deegan “, sagte sie leise mit gesenktem Blick. Außer ihrem Bruder hatte sie noch nie einen Mann mit dem Vornamen angesprochen. Schon bald würden sich jedoch ihre und Deegans Wege trennen, deshalb musste sie auch nicht so sehr auf die Etikette achten. Warum aber hatte er seinen Freund dazu veranlasst, sie einzuladen?
„Sie hätten sich nicht die Mühe machen müssen, die Mutter Ihres Freundes um eine Einladung zu bitten. Diese Leute kennen mich doch gar nicht“, sagte sie.
Er lachte leise. „Die Abbots würden wahrscheinlich behaupten, dass sie mich dafür umso besser kennen. Viel zu gut. Trotzdem bin ich noch immer bei ihnen willkommen. Diesmal wurden Sie noch eingeladen, weil ich darum gebeten habe. Das nächste Mal jedoch wird man Sie persönlich bitten, den Abend mit Ihrer reizenden Anwesenheit zu versüßen.“
„Sie erwarten zu viel von mir“, meinte Lilly. „Ich werde den ganzen Abend über wie versteinert dasitzen und wahrscheinlich sogar meinen Namen vergessen, weil ich so nervös bin.“
„Dann überlassen Sie mir die Vorstellungen. Ich kann mich recht gut an Ihren Namen erinnern, meine Liebe“, schlug er vor. „Wenigstens kommen Sie. Ich hatte nämlich schon befürchtet, Sie würden absagen.“
„Das hatte ich ursprünglich auch vor. Aber meine Mutter fühlte sich durch die Einladung so … so elektrisiert, dass ich mich gezwungen sah, doch anzunehmen. Sie wäre sonst furchtbar enttäuscht gewesen.“
„Das wäre ich ebenfalls“, sagte Deegan leise. „Ich hoffe, es wird Ihnen Freude machen – von den musikalischen Leckerbissen einmal abgesehen.“
„Mit zwei so vehementen Verfechtern meines Glücks wird es bestimmt ein vergnüglicher Abend“, meinte Lilly, wenn sie auch noch immer skeptisch war.
„Das glaube ich auch.“ Deegan nahm den Arm von ihrer Taille und lenkte das Pferd bis zum Metzger. „Ich werde hier auf Sie warten“, versicherte er fröhlich, als sie vom Kutschbock stieg.
Wie es so häufig mit ausgezeichneten Plänen geschah, wurde Lilly sowohl davon abgehalten, Edmund aufzusuchen, als auch davon, ihre Fotografien nach Belles Mörder durchzusehen. Ihre Eltern fühlten sich nach dem Mittagessen nicht wohl, sodass ihr keine Zeit für sich selbst blieb. Dann eben nach dem Abendessen, versprach sie sich. Edmund wäre dann zwar bereits zu sich nach Hause zurückgekehrt, aber ihr blieb immer noch die Möglichkeit, das Bild ihres Verfolgers zu finden. Das wollte sie noch vor dem Abwasch tun, und bis dahin würde sie versuchen, nicht mehr an Belle zu denken. Sie bemühte sich auch darum, ihre ständige gedankliche Beschäftigung mit Deegan in Grenzen zu halten, wenngleich es sehr schwierig war.
Besonders schwer fiel es ihr, als Mrs. Garvey am späten Nachmittag mit heimlichtuerischem Gebaren zu ihr in die Küche kam. Lilly, die gerade mit Nudelmachen beschäftigt war, hielt inne.
„Ich hoffe, ich habe Sie nicht erschreckt, Miss Renfrew“, flüsterte die Nachbarin
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