HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
sich handelt“, beteuerte er. „Aber ich glaube auch, dass es diesem Burschen ganz egal ist, ob sie es dir erzählt hat oder nicht. Er wird so oder so kein Risiko eingehen, Liebling.“
Lillys Gesicht war blass und sie schluckte. „Aber du hast doch gesagt, dass dieser Severn Belle umgebracht habe.“
„Ich bin mir sicher, dass er es im Auftrag erledigt hat. Im Auftrag eines Unbekannten.“
„Dann befinde ich mich also in Gefahr“, stellte sie fest.
Sie klang plötzlich wie eine Fremde, die sich selbst nicht kannte. Wie konnte man ihr nur irgendetwas Böses antun wollen?
„Ja, Mädchen, das tust du“, erwiderte Deegan leise. Aber er wusste nicht, wie er ihr helfen sollte.
Lillys Abschied war noch gefühlvoller, als ihre Begrüßung es gewesen war. Deegan vermutete, dass sie nun wirklich Angst hatte. Sie klammerte sich an ihn und versuchte, ihre Furcht durch ihre Leidenschaft zu verdrängen.
Dann ging er und ließ sie allein zurück.
Lilly würde eine Zukunft haben. Er wollte sich schon darum bemühen, auch wenn er noch keine Ahnung hatte, wie.
Ihr Duft hing in seiner Kleidung und umnebelte seinen Verstand. Es war schon eine Weile her, seitdem er sich das letzte Mal so sehr hatte zurückhalten müssen. Fast zehn Monate. Damals hatte er sich dazu entschlossen, eine reiche Frau zu finden, die er aus finanziellen und nicht aus emotionalen Gründen heiraten wollte.
Obgleich er sich einmal geschworen hatte, nie mehr nach San Francisco zurückzukehren, solange seine Taschen nur einigermaßen gefüllt waren, hatte er doch einsehen müssen, dass er nur hier gutes Geld verdienen konnte. Jahrelang war er von einer Stadt zur nächsten gezogen, mit einem Kartenspiel in der einen Tasche und einer Pistole in der anderen. Diese Art des unsteten Lebens hatte in ihm die Sehnsucht nach etwas Beständigerem geweckt. Sein markantes Aussehen und seine Fähigkeit, in jede Rolle zu schlüpfen, die er gerade brauchen konnte, schienen ihn für die oberen Ränge der Gesellschaft prädestiniert zu haben. Doch das Einzige, was ihm noch dazu gefehlt hatte, tatsächlich mit der Oberschicht zu verkehren, war das Prestige.
Dann hatte er Garrett Blackhawk getroffen.
Ihre Begegnung war so merkwürdig verlaufen wie die mit Lilly. Und sie war mit genauso viel Gefahr verbunden gewesen. Deegan hatte damals natürlich noch nicht gewusst, dass dieser Mann eines Tages sein bester Freund werden würde. Er hatte allerdings bald herausgefunden, dass Garrett wohlhabend und abenteuerlustig war – zwei Eigenschaften, die ihn zu einem perfekten Begleiter für ihn machten. Vor allem da sich der Engländer auch noch vertrauenswürdig und großzügig zeigte.
Während Deegan zu Hannah zurückkehrte, um ihr von Lillys Geständnis zu berichten, hätte er am liebsten laut aufgelacht. Es war einfach unvorstellbar, dass ein reicher Mann einem Ganoven wie ihm vertraute. Doch gerade weil Garrett ihm vertraute, war Deegan auf die Idee gekommen, ein Mitglied der Oberschicht zu werden. Er wollte kein Gauner mehr sein, der die Reichen ausnahm, wo er nur konnte, sondern er wünschte sich, Teil ihrer Gesellschaft zu werden, indem er eine reiche Frau heiratete.
Hoffentlich würde Lilly niemals von dieser Eskapade erfahren. Er war sicher gewesen, eine der weniger hübschen Erbinnen mit seinem guten Aussehen, seinem Benehmen und seinem Charme bestechen zu können, sodass es sie nicht kümmern würde, woher er kam oder was er besaß. Schon lange bevor er Winona Abbot traf, hatte er Leonore Cronin als geeignetes Opfer auserkoren. Als er jedoch Miss Abbot sah, wollte er plötzlich alles – Schönheit und Geld. Es war ein großer Fehler gewesen, beiden Frauen gleichzeitig den Hof zu machen. Einerseits hatte er sich so sicher gefühlt, andererseits war er im tiefsten Inneren sehr unsicher gewesen. Wenn er wirklich Winona begehrte, hätte er Leonore keine Hoffnungen machen dürfen. Doch so viel Miss Abbot ihm auch bedeuten mochte – Geld war damals noch immer ein stärkerer Magnet für ihn gewesen. Sein Freund Garrett konnte das nicht verstehen. Für ihn war Winona die vollkommene Frau, die perfekte Partnerin fürs Leben. Wenn sie Deegan geheiratet hätte, wäre sie niemals so glücklich geworden, wie sie es jetzt war.
Das bedeutete, dass er für keine Frau geeignet war – ob sie nun Geld hatte oder jeden Cent zwei Mal umdrehen musste.
Er war nicht mehr der draufgängerische Schurke, der in den oberen Zehntausend Feinde sah, die es zu stürzen galt. Sein Aufstieg
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